Sonderveröffentlichung

Fachleute für alle Fälle Gute Aussichten: Glaser bringen Transparenz ins Haus

Handwerk: Glaser erlernen einen echten Handwerksberuf. Im Umgang mit dem zerbrechlichen Werkstoff braucht es vor allem Geschick und Genauigkeit.

Auch wenn es transparent aussieht – große Glasscheiben sind schwer und müssen mit der Maschine angehoben werden. Foto: Franziska Gabbert/dpa-tmn

26.11.2019

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Berlin/Rheinbach. Vitrinen, Duschwände, Raumteiler im Büro, Schaufenster, Spiegel, Geländer, U-Bahn-Stationen: Die Liste von Orten, an denen Glas zum Einsatz kommt, lässt sich beliebig fortsetzen. Entsprechend wichtig sind Handwerker, die sich mit dem Material auskennen, so wie Dominik Julian Jost. Der 21-Jährige konnte sich nach der Schule keinen Bürojob vorstellen. Über Freunde kam er zur Glaserei und ist mittlerweile im dritten Ausbildungsjahr zum Glaser.

An einem typischen Ausbildungstag treffen sich Azubis und Gesellen morgens am Firmenstandort, dann wird geguckt, welche Aufträge für den Tag anstehen. „Je nachdem, zu welchem Kunden wir fahren, beladen wir das Auto entsprechend, und dann geht’s los“, erzählt Jost.

Zu Beginn der Ausbildung lernen die angehenden Handwerker zum Beispiel unter anderem, wie ein Altbaufenster repariert wird, erklärt Detlev Kasten, Geschäftsführer der Glaserei. Dafür muss der Fensterkitt mit Hammer und Aushaumesser entfernt werden, ohne dass der Fensterflügel Schaden nimmt.

Dann werden schadhafte Stellen ausgebessert, neuer Kitt aufgetragen, das Fenster wieder eingesetzt und befestigt. „Und beim nächsten Mal, kommen die Auszubildenden dann schon mit der Hälfte des Kitts aus“, so Kasten.

Von der Fensterscheibe bis zur Glasvitrine

Als angehender Glaser kümmert sich Jost aber nicht nur um kaputte Fensterscheiben. „Zu den Aufgaben gehört es zum Beispiel auch, aus mehreren Scheiben ein Möbelstück zu bauen, eine Glasvitrine etwa.“

Entscheidend ist vor allem handwerkliches Geschick. „Als Glaser arbeitet man mit den Händen“, sagt Kasten. „Wir haben zwar Hilfsmittel, aber die Hauptleistung geschieht noch per Hand.“ Hauptsächlich lernen Azubis daher, richtig mit ihrem Werkstoff umzugehen. Das ist sehr anspruchsvoll, wie Kasten erklärt. „Es ist ein wunderschöner Werkstoff. Aber er bricht auch leicht.“ Die Verletzungsgefahr sei hoch.

In der Berufsschule wird der theoretische Hintergrund vermittelt. Etwa zu den verschiedenen Glasarten oder zur Glasverarbeitung. „Da geht es um die Kantenbearbeitung, ums Bohren und Sägen oder etwa um die Flächenveredelung für Spiegel“, sagt Berufsschullehrer Peter Backes. „Und natürlich auch um die Backgroundinfos zu Einbau und Montage.“

Hoch hinaus: Glaser schwingen sich auch aufs Dach

Mit diesem Wissen sind Lehrlinge fit für die Baustelle oder den Besuch beim Kunden. Die Arbeit muss akkurat ausgeführt werden. „Das ist zum Beispiel bei Schiebeanlagen aus Glas, wie sie zum Abtrennen von Läden und Shops genutzt wird, eine Herausforderung“, sagt Jost.

Jeder Tag bringt etwas Neues. „Es kann schon mal vorkommen, dass man hoch oben auf einem Dach herumturnen muss“, erzählt Kasten. Muss dort eine Scheibe ersetzt werden, ist Millimeterarbeit gefragt. „Da hat man in etwa fünf Millimeter Luft und wirklich nicht mehr viel Spielraum, das Glas muss genau passen.“ Wer sich für den Beruf interessiert, muss sich darauf einstellen, bei Wind und Wetter im Sommer wie Winter draußen unterwegs zu sein.

Glas ist schwer: Körperlich anstrengende Arbeit

Und der Umgang mit Glas ist anstrengende körperliche Arbeit. „Auch wenn es meist schön transparent aussieht, Glas ist schwer“, sagt Kasten. Deshalb müsse man fast immer zu zweit oder im Team arbeiten. „Etwas größere Scheiben wiegen schnell mal 100 bis 200 Kilo.“ Das kann Berufsschullehrer Backes bestätigen, der selbst eine Glaserausbildung gemacht hat. „Wer aber Bock hat, sich auszupowern, ist in dem Beruf auf jeden Fall richtig.“

Als Experten beraten Glaser ihre Kunden. Sie kennen sich damit aus, welche Abdichtungstechniken Sinn machen, damit Regenwasser kontrolliert abfließen kann. Dominik Julian Jost hat auch schon einiges über Brandschutzglasscheiben gelernt, die unterschiedlich lange Rauch abhalten.

„Die Auszubildenden lernen darüber hinaus, wie sie Glassorten bestimmen“, sagt Kasten. Vor Ort beim Kunden müssen sie etwa wissen, wie stark die Scheiben sind und wie sie das ausmessen können. Anhand von Spiegelungen lässt sich sehen, ob die Scheiben beschichtet sind. Auch Sicherheitsglas müssen Glaser erkennen.

Ausbildungsvergütung im unteren Mittelfeld

Bei der Vergütung kommt es auf den Betrieb und das Bundesland an. „Während der Ausbildung gehört man nicht unbedingt zu den Topverdienern der Baubranche“, sagt Backes. Nach seiner Erfahrung heben Betriebe aber durch den Fachkräftemangel vermehrt die Vergütung an. In tarifgebundenen Unternehmen bewegt sich das Ausbildungsgehalt laut Bundesagentur für Arbeit zwischen 420 und 755 Euro im ersten Lehrjahr und 600 bis 875 Euro im dritten Jahr.

Nach der Ausbildung können sich Glasergesellen weiterbilden, indem sie etwa einen Meister oder Techniker anschließen. Auch ein Studium in Keramikund Glastechnik, im Bauingenieurwesen oder der Architektur ist möglich. „Die Gesellen können sich auch selbstständig machen“, so Kasten.

Momentan sind die Berufsaussichten für angehende Glaser seiner Einschätzung nach sehr gut. Fachkräfte würden händeringend gesucht. „Deshalb sind wir auch sehr aktiv bei der Gruppe von angehenden Auszubildenden mit Fluchthintergrund.“ Drei von insgesamt vier Bewerbungen für das laufende Ausbildungsjahr hat das Unternehmen von Geflüchteten erhalten.

Digitalisierung: Eine Branche im Wandel

Auch die Digitalisierung beeinflusst das Berufsfeld. Denn neue Technologien verstecken sich nicht selten hinter Glas. Peter Backes erklärt das am Beispiel einer Haustüranlage: „Vor fünf Jahren hat der Kunde eine Haustür und fünf Schlüssel dazu geliefert bekommen.“ Heute sei eine Haustür mit Kamera und Iris-Scanner gefragt. Oder ein Badspiegel, der per Touch-Funktion mit der Beleuchtung verknüpft ist.

Glas wandle sich zunehmend zu einem intelligenten Werkstoff, bestätigt Stefan Kieckhöfel, Hauptgeschäftsführer im Bundesinnungsverband des Glaserhandwerks. „Entsprechend schnell entwickeln sich auch die neuen Anforderungen an unsere Berufe, die wir derzeit an die Zukunft anpassen.“ Der Glaser von morgen ist auch auf den Gebieten der Elektrik und Elektronik sowie der Steuerungs- und Regelungstechnik unterwegs, so die Prognose.

Amelie Breitenhuber, dpa