Ein Aufsteiger, gut bekannte Gegner und zwei Kontrahenten, die Probleme haben
Sonderveröffentlichung

Die Unicorns - Saison 2021 Ein Aufsteiger, gut bekannte Gegner und zwei Kontrahenten, die Probleme haben

GFL: Süd Sieben Mannschaften treten mit den Schwäbisch Hall Unicorns in der Süd-Division an. In Ravensburg freut man sich auf die verspätete Erstliga-Premiere. Marburg, Kempten und München haben gute Aussichten auf eine Playoff-Platzierung. Die Saarland Hurricanes rücken für die Ingolstadt Dukes nach. Sorgenfalten gibt es bei den Stuttgart Scorpions und bei Frankfurt Universe.

Das Bild soll es wieder geben: Die Teamcaptains der Schwäbisch Hall Unicorns auf dem Weg zum Coin Toss beim German Bowl 2019. Foto: Manfred Löffler

04.06.2021

Es ist egal, gegen wen wir spielen. Unsere Gegner werden immer voll motiviert sein und versuchen, mehr als 100 Prozent zu geben.“ Halls Headcoach Jordan Neuman weiß um den Status der Schwäbisch Hall Unicorns. Auch wenn es 2019 nicht zum Titel gereicht hat, sind die Unicorns dennoch das große Zugpferd. Im Süden gibt es nur einen Titelfavoriten – und das sind die Haller.

Coronabedingt ist die GFL Süd in zwei Gruppen mit je vier Teams geteilt worden. So haben im Süden die Teams nur zehn statt 14 reguläre Saisonspiele. Gegen die Gegner der eigenen Gruppe spielt man je zweimal, gegen die Gegner der anderen Gruppe nur einmal. Im Vorfeld will Jordan Neuman diesen Modus nicht bewerten. „Wir werden sehen, wie es läuft.“ Prinzipiell aber spricht er sich für Interconference-Spiele aus, also für Begegnungen gegen Teams aus der GFL Nord schon während der regulären Saison. Diese gab es früher, bevor die beiden Divisionen von je sechs auf acht Teams aufgestockt wurden.

In dieser Saison aber gibt es den oben beschriebenen Sondermodus. Die Haller werden je zweimal gegen die Saarland Hurricanes, gegen die Ravensburg Razorbacks und gegen die Stuttgart Scorpions spielen. Je einmal heißt der Gegner Frankfurt Universe, Munich Cowboys, Allgäu Comets und Marburg Mercenaries. Zwar können von den jeweiligen Vierer-Gruppen auch Tabellen gebildet werden, entscheidend für die Playoff-Teilnahme ist aber die Gesamttabelle der GFL Süd.

Die Unicorns haben den Anspruch, die GFL Süd als Erster abzuschließen. Damit würden sie sich das Heimrecht sowohl im Viertelals auch in einem möglichen Halbfinale sichern. Dahinter fünf Mannschaften um die weiteren drei Playoff-Plätze. Den Stuttgart Scorpions und Frankfurt Universe wird nur wenig zugetraut, da diese Teams einen Großteil ihrer Mannschaft an die in der jeweils gleichen Stadt neu gegründete ELF-Mannschaft verloren hat.

• Ravensburg Razorbacks
Normalerweise sichten die Unicorns-Coaches im Vorfeld einer Begegnung jede Menge Videomaterial des Gegners. Beim Saison-Auftaktgegner sparen sich das Jordan Neuman & Co. „Im Prinzip müssen wir blind in die erste Begegnung gehen“, drückt es der Headcoach aus. Die Gründe liegen auf der Hand. Die Razorbacks – Razorback ist ein US-Begriff für ein verwildertes Hausschwein – haben im Sommer 2019 ihr letztes Spiel bestritten. Damals feierten sie in der Relegation gegen Kirchdorf den Aufstieg in die GFL. Da es 2020 keine Footballsaison gegeben hat, erfolgt nun ein Jahr später die Premiere in der höchsten deutschen Spielklasse. Mit dem Team von 2019 hat die aktuelle Mannschaft nicht mehr so viel zu tun. Es sind viele neue Spieler und Coaches gekommen. Mit Sebastian Fandert haben die Razorbacks einen jungen Headcoach (er ist noch keine 35), der zuvor in Luzern Headcoach und auch Nationaltrainer Tschechiens war. Zuletzt machten die Razorbacks mit einem Transfer auf sich aufmerksam. Sie holten den Tight End Ryan Smith, der 2018 im Kader der Green Bay Packers war und in diesem Jahr beim ELF-Team der Wroclaw Panthers coachen sollte. An Motivation wird es den Razorbacks sicher nicht mangeln. Sie wollen ihre Chance nutzen, sich in der GFL zu etablieren.

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• Saarland Hurricanes
Und noch ein Neuling beziehungsweise ein Rückkehrer. Die Saarland Hurricanes schlossen die 2019er-Saison in der GFL2 auf dem zweiten Platz hinter den Ravensburg Razorbacks ab. In normalen Zeiten hätte das eine weitere Spielzeit in der Zweitklassigkeit bedeutet. Doch weil die Ingolstadt Dukes ihre Mannschaft aus der GFL abmeldeten und in der ELF starten wollten – was sich dann zerschlug –, war ein Platz in der GFL Süd frei. Die Hurricanes durften nachrücken. Die Saarländer sind gute Bekannte der Unicorns. Nach dem Aufstieg 2010 spielten die Hurricanes einige Jahre in der GFL, 2017 ging es aber wieder runter in die GFL2. Das Gastspiel im Saarland wird für die Unicorns ein besonderes. Denn nach fünf Jahren Exil im Ellenfeld-Stadion in Neunkirchen kehren die Hurricanes nun in den renovierten Ludwigspark nach Saarbrücken zurück. Für den neuen Unicorns-Quarterback Alexander Haupert dürften die beiden Duelle eine emotionale Angelegenheit werden, schließlich hat er bei den Hurricanes mit dem Football begonnen und wurde mit der U19 Deutscher Meister.

• Stuttgart Scorpions
Die Zeiten, in denen die Unicorns mit Ehrfurcht gen Landeshauptstadt blickten, sind schon länger vorbei und haben sich ins Gegenteil verkehrt. Die Stuttgarter waren zuletzt keine große Herausforderung für die Haller und werden es sehr wahrscheinlich auch 2021 nicht sein. Das hat viel mit der ELF zu tun, denn Stuttgart ist ein ELF-Standort geworden. Das Team heißt Stuttgart Surge, viele Coaches und Spieler sind dorthin abgewandert. Auch Headcoach Martin Hanselmann gehört dazu. Die Wechselwelle brachte einige Unruhe in den Traditionsverein, der nun ein neues Präsidium hat. Mit Jeff Scurran haben die Scorpions auch einen neuen Headcoach, der mehr als 45 Jahre Coaching-Erfahrung hat. Für den US-Amerikaner ist es der zweite Versuch in der GFL. Er war 2019 für kurze Zeit bei den Allgäu Comets, doch trennte man sich dort schon nach wenigen Monaten voneinander. Wie stark die Scorpions sein werden, lässt sich schwer abschätzen. Jedoch rechnen viele damit, dass sich die Stuttgarter äußerst schwer tun werden. Es wäre alles andere als eine Überraschung, die Scorpions im Tabellenkeller anzutreffen.

• Frankfurt Universe
Die Universe ist der zweite „Problemfall“ der GFL Süd. Der Grund dafür ist der gleiche wie in Stuttgart. Mit Frankfurt Galaxy gibt es ein ELF-Team, zu dem viele Spieler und auch Headcoach Thomas Kösling überliefen. Nun versucht man in der Mainmetropole einen neuen Weg als Universe zu gehen. In den vergangenen Jahren war Universe immer für eine nicht-sportliche Schlagzeile gut. Finanzielle Probleme, Insolvenz, wenig wurde ausgelassen. Sportlich dagegen waren die Frankfurter im Süden meist die einzige Mannschaft, die den Hallern Paroli bieten konnte. Auch wenn manche meinten, dass dies ein „Erfolg auf Pump“ war. 2018 verlor Universe in einem spektakulären Finale 19:21 gegen die Schwäbisch Hall Unicorns. Kurz vor Schluss ging ein Fieldgoalversuch der Frankfurter knapp an dem Gestänge vorbei, so dass Hall das Spiel gewann. 2019 scheiterte Universe im Halbfinale am späteren Meister Braunschweig. An solche Erfolge wird Universe 2021 wohl nicht anknüpfen können. Die Strukturen müssen erst wieder aufgebaut werden. Headcoach Mele Mosqueda hat eine Menge Arbeit vor sich. Er ist in Schwäbisch Hall gut bekannt, war er doch 2017 Receiver-Coach bei den Unicorns, war auch in Kempten, Ravensburg und München als Coach. „Unser gemeinsames Ziel ist es, eine neue Struktur in den gesamten sportlichen Bereich des Vereins zu bringen“, wird Mosqueda bei seiner Vorstellung auf der Universe-Homepage zitiert. Sportlich dürfte sich Universe mit den Stuttgart Scorpions darum streiten, wer nicht auf dem letzten Platz in der GFl Süd landet.

• Marburg Mercenaries
So wie Jordan Neuman von den Mercenaries spricht, kann man den Eindruck gewinnen, dass diese sein Lieblingsgegner in der GFL Süd sind. „Sie haben jedes Jahr richtig fähige Imports“, meint er. Doch das ist längst nicht alles. Bei den Mercenaries gibt es eine seit Jahren stabil gewachsene Struktur und auch wenn es in den vergangenen Jahren den einen oder anderen sportlichen Hänger gegeben hat, so sind die Mercenaries immer ernst zu nehmen. Nur selten waren die Duelle eine eindeutige Angelegenheit für die Schwäbisch Hall Unicorns. Besonders die Begegnungen im Georg-Gaßmann-Stadion wurden häufiger zu einer Herausforderung. Headcoach der Mercenaries ist seit März 2020 Joe Tricario, der davor Defense Coordinator bei den Potsdam Royals war. Mit einigen neu rekrutierten Coaches gehen die Marburger in die Saison 2021, wollen dabei die Playoffs erreichen. Helfen soll dabei Sonny Weishaupt. Die Marburger setzen also wie die Schwäbisch Hall Unicorns auf einen deutschen Quarterback. Weishaupt kehrte 2020 zu dem Verein zurück, bei dem er seine ersten GFL-Erfahrungen gesammelt hat. Das war 2012, im Anschluss ging er in die USA ans College. Danach war er in Darmstadt, in Mannheim, in Frankfurt und in Braunschweig, zwischendurch auch in Frankreich bei den Grenoble Centaures aktiv. Der 28-Jährige hält die Playoff-Teilnahme für ein realistisches Ziel.

• Allgäu Comets
Seit der 2014 spielen die Allgäu Comets, die in Kempten beheimatet sind, in der höchsten deutschen Spielklasse. Seit zwei Jahren ist Hesham Khalifa Headcoach der Kometen, die sich anschicken, die Lücke zu den Topteams der Liga zu verkleinern. „Ich höre mehr und mehr positive Dinge aus Kempten“, formuliert es Unicorns-Headcoach Jordan Neuman. „Die Comets können eine Überraschung werden.“ Mit McLane Carter kommt ein 24-jähriger Quarterback aus den USA. Die Comets sind dessen erste Station in Europa. Seit Ende März wird in Kempten trainiert, die Vorfreude auf die neue Runde ist groß.

• Munich Cowboys
Das gilt genauso für den Traditionsverein aus der bayerischen Landeshauptstadt. Die Cowboys wollen die Playoffs erreichen. In der Vergangenheit war dies häufig das offiziell formulierte Ziel, auch wenn dies nicht immer realistisch war. Doch die Cowboys haben nicht nur 2019 gezeigt, dass es langsam wieder aufwärts geht. „Sie steigern sich Jahr für Jahr“, meint Jordan Neuman. Nun haben die Cowboys nach Aussagen ihres Präsidenten Werner L. Maier sogar mehr Sponsorenpartner als für 2020 gewinnen können. Und das wiederum spricht dafür, dass mit den Cowboys auch sportlich zu rechnen ist. Hartmut Ruffer