Von der Ausrichtung des Gebäudes kann man nur erahnen, welchem Zweck es bis zum Jahr 1995 diente. Aber dass das Outletcenter Urach alias die Gebr. Götz GmbH & Co. KG einst zu den größten Arbeitgebern der Stadt Urach zählte wissen doch noch zahlreiche Einwohner der Grafenstadt.
Und auch die Kunden, die sich regelmäßig zum verkaufsoffenen Sonntag am Outletcenter einfinden, haben höchst interessante und auch amüsante Anekdoten zu berichten, weiß Philipp Götz, Urenkel des Firmengründers Andreas Götz.
Exakt im Jahr 1920 startete der Unternehmer seine Fabrikation für Korsetts in Hülben. Mit tatkräftiger Unterstützung seines Sohnes Richard, der Ende der 20er Jahre mit Ideen aus den USA in das Unternehmen eintrat, wurde in den Folgejahren das Sortiment um Arbeits- und Sportbekleidung erweitert.
In diesen Zeitraum fällt auch der Umzug der Firma in die Neue Straße 22 in Urach. Die eingesetzte positive Entwicklung wurde jäh durch den Zweiten Weltkrieg gestoppt, und die Produktion musste auf kriegswichtige Artikel, wie zum Beispiel Feldblusen, umgestellt werden. Im weiteren Verlauf kam die Fabrikation jedoch ganz zum Erliegen.
Glücklicherweise konnte ein Teil des Maschinenparks gerettet werden, sodass nach Kriegsende das Firmen-Kapitel neu aufgeschlagen werden konnte. Aufgrund der rasch einsetzenden positiven Entwicklung wurde 1951 der Standort Im Unterwässer 5 aufgebaut. Auf der Obstwiese des ehemaligen "Ochsenwirts" errichtete Richard Götz das heute bekannte Gebäude. Unter der Firmierung Gebr. Götz GmbH spezialisierte sich das Unternehmen auf Damenoberbekleidung und legte ein starkes Wachstum hin. Mäntel, Jacken und Kostüme wurden in den 50er und 60er Jahren stark nachgefragt, das ursprüngliche Gebäude wurde kontinuierlich erweitert und um Logistikhallen ergänzt. Neben Design und Produktion wurde auch der Vertrieb aus Urach heraus gesteuert. Eine eigene Produktionsstätte im österreichischen Krems sicherte den geforderten hohen Qualitätsstandard.
Zusammen waren Mitte der 70er Jahre bis zu 400 Mitarbeiter "beim Götz" beschäftigt, die vor allem die europäischen Märkte bedient haben. Versuche in den 80er Jahren, auch in den USA Fuß zu fassen, waren jedoch nicht von Erfolg gekrönt. Ohnehin veränderten sich die Rahmenbedingungen für für die deutsche Textilwirtschaft in dieser Zeit rasant. Bekleidungsproduktion "made in Germany" verlor an Bedeutung, der stetige Niedergang der bundesdeutschen Textilwirtschaft wurde durch billige Produktionsstätten im Ausland, vor allem in Fernost, befördert.
Hinzu kamen veränderte Verbrauchergewohnheiten. Die Entwicklung zur "fast fashion" leistete ihren Beitrag dazu, dass hochwertige, aber eben auch hochpreisige Mäntel oder Jacken immer schwieriger ihren Weg in die Kleiderschränke der Verbraucherinnen fanden. Somit musste 1995 der damalige Geschäftsführer und Enkel des Gründers, Walter Götz, die Pforten des Traditionsunternehmens nach 75 Jahren schließen.
Geblieben ist das "Götz-Areal" mit dem Fabrikationsgebäude und den Logistik-Hallen, das heute als Outletcenter Urach zahlreichen Firmen eine feste Adresse bietet. Trotz der erfreulichen Auslastung sei es eine Daueraufgabe, das Gebäude funktionstüchtig zu erhalten, sagt Philipp Götz. Aber unabhängig davon gibt es nicht allzu viele Firmen, die sich über ein 100-jähriges Jubiläum freuen können.
Auch wenn der heutige Firmenzweck nichts mehr mit der ursprünglichen Bekleidungshistorie zu tun hat, so wird dennoch der am 9. Oktober 2022 stattfindende verkaufsoffene Sonntag zum Anlass genommen, mit den Gästen ein wenig zu feiern: so werden für Kinder (und Junggebliebene) kleine Erlebnisse wie Hüpfburg, Kinderschminken und Bungee-Trampolin angeboten.
Erstmals sorgt auch eine Dixie-Band für schwungvolle Unterhaltung. Damit soll den Gästen und Kunden des Hauses die Zeit bis zur rösch gebratenen Bratwurst verkürzt werden. Im Gebäude selber werden die Firmen K-L Menswear, Betten Reich und Sassa Mode wie immer ihr Bestes geben, damit sich die Kundinnen und Kunden wohl fühlen. Dass sich die treuen Kunden des Hauses auf die außergewöhnliche Freundlichkeit und hohe Qualität der Beratung verlassen können, ist überregional bekannt. Manche Traditionen überdauern eben die Zeit! pm
Gemeinsam feiern
Den verkaufsoffenen Sonntag am 9. Oktober in Bad Urach nimmt man bei Götz als Anlass, das 100+2-jährige Jubiläum des Unternehmens mit den Bad Urachern zu feiern. Diese sowie Gäste von außerhalb sind eingeladen, das Götz-Areal und somit das Outlet im Unterwässer zu besuchen. Eine Dixie-Band sorgt für musikalische Unterhaltung, auch Speisen und Getränke werden angeboten. Und für Kinder gibt es mit einer Hüpfburg und Kinderschmink-Aktion jede Menge Spaß an diesem Tag.