Den Grundstein für ein florierendes Familienunternehmen legte Kaufmann Friedrich Frey mit seinem Tauschgeschäft. Johann Michael Kielkopf, Bauer und gleichfalls Kaufmann, tauschte dereinst sein zweistöckiges Wohnhaus mit Scheuer und Gewölbekeller an der Staatstraße Stuttgart-Ulm mit dem Besitz von Friedrich Frey. Auch aus heutiger Sicht eine weitreichende und kluge Transaktion, die 130 Jahre später bereits die 5. Generation ernährt. Im Gemischtwarenladen wurden auf knapp 40 Quadratmetern neben einfachen Textilien auch Lebensmittel sowie Haushalts-, Kurz- und Eisenwaren angeboten. Sogar eine Drogerie war angegliedert. Nach dem Tod des Firmengründers Friedrich Frey übernahm 1931 dessen Sohn Wilhelm den Laden. Das 50-jährige Firmenjubiläum 1945 fiel mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs zusammen. Doch die Regale waren leer, das Konsumgut war knapp und Wilhelm Frey befand sich noch in Gefangenschaft - gefeiert wurde zehn Jahre später. Damit die stark rationierten Nahrungsmittel wieder nachgekauft werden konnten, mussten die Lehrlinge unter anderem die Lebensmittelmarken aufkleben. „Die Lehrlinge durften sich einen Apfel mit Druckstelle, der sich nicht mehr verkaufen lies, mit nach Hause nehmen“, verrät Rainer Frey und sein Sohn Simon ergänzt: „Der Monatslohn eines Lehrlings betrug damals 39 Mark (19,94 Euro).“
Das Familienunternehmen profitierte vom Wirtschaftswunder
„1957 eröffnete mein Urgroßvater den ersten Lebensmittel-Selbstbedienungsladen“, berichtet sein Urenkel Simon und sein Vater fügt hinzu: „Allerdings, haben die Kunden ihre Waren längst nicht selbst rausgenommen. Da hätte es schon noch der Überredungskunst des Personals bedurft.“ 1967 konzentrierte man sich auf die bedeutsamere „ready-to-wear-Mode“, was das Aus für die Lebensmittelabteilung bedeutete. In den vergangenen Jahrzehnten wurde kontinuierlich umgebaut, erneuert und vergrößert - aber auch manches aufgegeben, wie beispielsweise 1973 die Spiel- und Schreibwarenabteilung. Drei Jahre später schafften sich die Freys - die dritte Generation - eine Bettfederreinigungsanlage an. Lange Zeit führte Gertrud Frey den Betrieb, in den 1985 schließlich ihr Sohn Rainer Frey einstieg.
Tradition, Innovation sowie erneuter Generationenwechsel
Bereits 1992 eröffnete der heute 65-Jährige neben dem Stammhaus eine Boutique für junge Mode, doch das ehemalige „Kakadu“ ist gewachsen und am 6. März 2025 als vergrößerte Damenmode unter dem Namen „Frey Stil“ in die Ulmer Straße 6 umgezogen. Leerstehende Räume? Nicht bei Frey. Profitiert vom Umzug hat die Herrenmode – die sich jetzt aufgrund des Durchbruchs der Wand, auf insgesamt 360 Quadratmetern (vormals 290m²) befindet. Bereits 1995 schloss der Bereich der Kinderbekleidung, im Folgejahr kam die Wäschegalerie und seit 1997 werden aktionsbezogen wieder Lebensmittel im Rahmen der italienischen und Südtiroler Wochen angeboten. Ein Alleinstellungsmerkmal - auch nach der Euroeinführung kann man in den Modewelten Frey noch mit D-Mark, Schilling oder Schweizer Franken bezahlen.



2012 ging mit dem ältesten Sohn Simon Frey die 5. Generation an den Start, drei Jahre später als weiterer Geschäftsführer. Heute leitet der 40-Jährige gemeinsam mit seinen Eltern Beate und Rainer das Unternehmen – das übrigens jede Woche 58 Stunden geöffnet hat. „Ich bin stolz auf meine Familie. Durch deren unermüdlichen Einsatz haben sie immer ein bisschen mehr möglich gemacht, als gedacht war. Und ich bin stolz auf unsere treuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ohne deren Verbundenheit zu Frey der Erfolg nicht möglich wäre“, bekräftigt Simon Frey. Beim großen Umbau 2017 wurde die Fläche des Haupthauses in der Stuttgarter Straße 1 erweitert und ein separates Haus für Herrenmode eröffnet. Begonnen vor 130 Jahren auf 40 m² sind es nun insgesamt 1100 Quadratmeter und 30 Mitarbeiterinnen, darunter zwei Auszubildende, einer davon männlich. Sabine Ackermann
Info
Modewelten Frey Uhingen
Montag bis Freitag: 9 bis 18.30 Uhr
Samstag: 9 bis 17 Uhr
Kostenlose Parkplätze am Haus
www.frey-uhingen.de
1915 bis 1925 - Geschäftsbriefe des Uhinger Kaufmanns Friedrich Frey im Ersten Weltkrieg


„Ersuche Sie, mir senden zu wollen ...“ – mit dieser geschraubten Formulierung, die ohne das Wort „Bitte“ auskam, wandte sich Friedrich Frey an seine Großhändler. Er wusste seinen Wünschen Nachdruck zu verleihen, ohne den gebotenen Respekt fallenzulassen, indem er in seine geschriebenen Forderungen ein unmissverständliches „sofort“ einflocht oder ein Satzungetüm schuf: „Wiederholt ersuche ich Sie, mir die schon längst bestellten Brustkaramellen vollends senden zu wollen“. Auch der Schwabe in ihm ließ sich in seinen Briefen nicht verleugnen: „Pressiere aber sehr darauf“, schloss er kurzerhand eine dringliche Bestellung. Das Wort „Besuch“ vermied er hartnäckig, er meldete stattdessen sein „Dortsein“ beim Lieferanten an.
Lebensmittel standen auf seinen Bestelllisten; darunter: Zichorie, bekannt als koffeinfreier Kaffeeersatz „Muckefuck“, Kopfsalat als „Trotzkopf“ notiert, „Rapünzchen“ (Ackersalat), „Nestles Kindermehl“ (Säuglingsnahrungsmittel) oder „Pfeffermünzbonbons“ mit „ü“. Den Rauchern bot Frey als Kolonialwarenhändler auch Virginia-Cigarren, lässige „Sport-Cigaretten“ sowie Tabak der Marke „Hellauf Schwabenland“. Und: Gebrauchtwaren hatte er auch im Angebot. Unter anderem: Buttermaschinen, Bügelkohle, Putzsteine, Glaubersalz oder blaues Vitriol – letzteres zum Fruchteinbeizen. Ein Verkaufsschlager musste seinerzeit der „Fliegenfänger Aeroxon“ gewesen sein – den gibt es heute noch. Friedrich Frey orderte damals gleich 500 Stück.
Landwirte sowie Handwerker belieferte er mit Viehketten, Wagenfett oder Dengelhämmer, die Jägerschaft mit „Ladpatronen“. Schon bald musste die Bevölkerung mit Stärke-Ersatz, Kriegskornfanck, Zimt-Ersatz und Bindfaden-Ersatz vorliebnehmen.