Spaß und Freude an der Bewegung - das treibt Angelina Schreiter (23) und Alice Jehle (26) an. Daher haben die beiden sich auch dazu entschieden, an der Sport- und Physioschule in Waldenburg eine Ausbildung zur Physiotherapeutin zu machen. Angelina erinnert sich: „Ich wollte auf jeden Fall etwas beruflich machen, das mit Sport zu tun hat. Daher habe ich mich für die Ausbildung zur Sport- und Gymnastiklehrerin in Waldenburg entschieden. Die Physiotherapie wollte ich mir erst einfach mal nur anschauen. Aber dabei wurde schnell mein Interesse am menschlichen Körper geweckt. Ich musste einfach mehr darüber lernen, wie er funktioniert und wie man ihn gesund und in Bewegung halten kann. Das hat mich nicht mehr losgelassen.“
Bei Alice war der Weg zur Ausbildung ein etwas anderer. „Eigentlich wollte ich schon immer Physiotherapeutin werden. Aber nach dem Realschulabschluss fühlte ich mich dafür noch zu jung. Also habe ich eine Ausbildung zur Hotelkauffrau absolviert und auch eine Zeit lang in diesem Beruf gearbeitet. Aber das war nichts für mich. Mein Physiotherapeut hat mich dann darin bestärkt, doch meinem ersten Berufswunsch zu folgen. Mit dem Entschluss bin ich jetzt super glücklich, auch wenn es natürlich mal anstrengende Phasen gibt“, erklärt die 26-Jährige, die ebenfalls im Vorfeld die Ausbildung zur Sport- und Gymnastiklehrerin absolviert hat.
Zweigeteilte Tage
Angelina und Alice sind aktuell im dritten Semester, sechs gibt es insgesamt. Die ersten beiden Semester haben sie rein an der Schule in Waldenburg gelernt. Vermittelt wurden dabei alle praktischen und theoretischen Grundlagen für die ab dem dritten Semester beginnende klinische Ausbildung. In der ersten Ausbildungsphase üben Schüler mit Schülern.
Mit dem dritten Semester begann für die Auszubildenden dann ein neuer Abschnitt: Vormittags lernen sie nun in Kliniken und Physiopraxen an konkreten Fällen die praktischen Anwendungen und Behandlungen kennen, nachmittags haben sie Unterricht in der Schule.
Erst seit wenigen Wochen sind die Beiden im praktischen Einsatz, aktuell an einer Klinik in Heilbronn. Dabei kam es bereits zu vielen tollen Erfolgserlebnissen. „Es macht Spaß, die Menschen wieder in Bewegung zu bringen und mitzuerleben, wie sie wieder mehr auf sich achten“, so Alice. Und sie nennt ein Beispiel: Begeistert hat sie mitverfolgt, wie ein Patient nach einer Operation am Knie wieder zu neuer Kraft gefunden hat. Dem pflichtet auch Angelina bei: „Es ist schön, die Fortschritte zu sehen. Unser Interesse und unsere Freude am Körper und an Bewegung übertragen sich schnell auf die Patienten. Das motiviert total.“
Beide sind sich einig, dass die enge Arbeit mit den Mitmenschen sehr erfüllend ist. Daher ist es aber auch wichtig, keine Hemmungen und auch keine Berührungsängste zu haben. „Für den Beruf muss man auf jeden Fall offen sein und grundsätzlich Interesse an Menschen haben“, fasst Angelina zusammen. Zudem bedürfe es auch Ausdauer beim Lernen, rät sie allen, die Interesse an der Ausbildung zum Physiotherapeuten haben.
Orthopädie, Gynäkologie, innere Medizin und vieles mehr - alle drei bis vier Wochen sind die Neulinge an einer anderen Klinik oder in einem anderen Fachbereich im Einsatz, um das komplette Feld des möglichen Einsatzbereiches kennenzulernen. Schließlich sind die Verfahren, die in der Physiotherapie eingesetzt werden, so vielfältig wie die verschiedenen Krankheitsbilder und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Patienten. Die Organisation der Klinikeinsätze übernimmt komplett die Schule.
Enges Zusammenspiel
Insgesamt achtet die Sport- und Physioschule in Waldenburg sehr darauf, Theorie und Praxis eng zu verzahnen. Die Lehrkräfte betreuen den Nachwuchs auch bei der klinischen Ausbildung und begleiten ihre Schüler am Vormittag bei der Arbeit am Patienten in den Krankenhäusern. Am Nachmittag geben sie dann genau zu den Fachbereichen Unterricht, die aktuell im Praxisteil wichtig sind. „Das ist ein total stimmiges Konzept“, findet Alice.
Beide jungen Frauen, die mittlerweile gemeinsam in einer WG in Waldenburg wohnen, haben für die Ausbildung ihre Heimat verlassen, Angelina kommt ursprünglich aus der Nähe von Augsburg und Alice aus dem Allgäu. Es war zum einen der gute Ruf des Berufskollegs, zum anderen aber auch die einzigartige Möglichkeit zur Doppelqualifikation von Sport- und Physiotherapie, die beide nach Waldenburg führten.„Natürlich ist es erst einmal schwer, die gewohnte Umgebung zu verlassen, aber ich habe das bisher nie bereut“, so Alice.
Schließlich sei das Umfeld in der Schule toll - es handle sich um einen kleinen, familiären und gemütlicher Lernort. Zudem überzeuge der enge Kontakt zu den Lehrkräften. „Sie sind nicht nur Dozenten, sondern auch Kollegen, mit denen man gemeinsam versucht, den Menschen zu helfen“, bringt es Angelina auf den Punkt.
Kein Gehalt
Eine wichtige Besonderheit im Vergleich zu anderen dualen Ausbildungen gibt es beim Karrierestart als Physiotherapeut: Die Schüler haben keinen Ausbildungsbetrieb und erhalten somit auch kein Gehalt - vielmehr müssen sie Schulgeld bezahlen. Rund 160 Euro pro Monat kostet die Physiotherapeutenschule.„Wir finanzieren unsere Ausbildung, Bafög und die Sportkurse, die wir geben“, erklärt Angelina.
Die Sportfans frönen in ihrer Freizeit nämlich nicht nur ihren Hobbys wie Laufen, Schwimmen, Radfahren oder Wandern- „unser Motto lautet: Hauptsache draußen sein“, geben sie lachend an -, sondern geben auch Sportkurse. Bei Angelina stehen aktuell Aquafitness und Bauchmuskeltraining auf der Angebotsliste, bei Alice Bodyshaping und Tabata, ein Hochintensitäts-Intervalltraining.
Spektrum an Möglichkeiten
Beide Schülerinnen sind überzeugt: Die Investitionen in die Ausbildung lohnen sich. Denn danach warten sehr gute und vielfältige Berufsaussichten auf die Absolventen. Das Aufgabenfeld reicht von der Behandlung von Frischoperierten bis hin zur Betreuung von Spitzensportlern. Physiotherapeuten können zudem in Fitness- und Gesundheitsstudios oder in Kliniken arbeiten, beim Freizeit- und Gesundheitssport aktiv werden sowie Krankenkassen und andere Institutionen im Gesundheitswesen unterstützen. Sie können ihre eigene Praxis aufmachen, in eine Festanstellung gehen oder auch auf Stundenbasis arbeiten. „Der Arbeitsalltag lässt sich dadurch flexibel gestalten. Die Möglichkeiten sind so zahlreich“, freut sich Angelina.
Und Alice führt lachend aus: „Daher wissen wir beide aktuell auch noch gar nicht so genau, in welche Richtung wir nach der Ausbildung einmal gehen möchten. Gefühlt lernen wir alle zwei Wochen einen neuen Teilbereich kennen, der super spannend ist und bei dem wir denken: ,Das ist es jetzt! Das will ich in Zukunft auf jeden Fall machen.“ Adina Bauer