Alexey Will
Kaufmann im Einzelhandel, 3. Lehrjahr
Ein Blick in den Spiegel – was der potenzielle Käufer sieht, scheint ihm zu gefallen. Die Jacke sitzt, die Farbe steht ihm – der Stammkunde zeigt sich rundum zufrieden. Gut beraten wurde er von Alexey Will, einem Azubi, der „schon immer in den Verkauf wollte“. Auf seinen Abschluss an der Hieberschule Uhingen folgten die Fachhochschulreife an der Öde sowie unterschiedliche Praktika: Als Koch im Blumhardt-Haus, an der Pressmaschine bei der EWS-Weigele-GmbH sowie im Herrenmodegeschäft Frey. Bei seinem Favoriten lernte er recht schnell, dass der Beruf nicht nur aus verbindlichen Kundengesprächen besteht.
„Das Praktikum war körperlich anstrengend. Ständig stehen, schwere Ware tragen, Hosen ordentlich zusammenlegen und die Königs-Disziplin: Hemden falten“, erzählt der 22-jährige Uhinger und verrät: „Ich war früher faul und bin nicht modeaffin, aber mein Ziel war eine Ausbildung als Kaufmann im Einzelhandel.“ Einige Wochen später war laut Geschäftsführer Simon Frey klar: „Dich nehmen wir, du hast uns überzeugt“. Mittlerweile ist Will im dritten Lehrjahr, besucht zweimal die Woche die Kaufmännische Berufsschule an der Öde und lernt Buchführung, Kalkulation, Kassensysteme, Organisation sowie Warenmanagement. „Für mich ist es die beste Entscheidung, es macht Spaß, in diesem tollen Team zu sein“, betont Alexey Will. In seiner Freizeit liest er Biographien und Sachbücher zum Thema Persönlichkeitsentwicklung, tobt sich am PC bei Action-Spielen sowie im Fitness-Studio aus. Am Stand 34 der Uhinger Bildungsmesse freut er sich auf viele Gespräche.
Annemarie Razafimahatratra
Pflegerin, 2. Lehrjahr

Wie praktisch. Die ursprünglich aus Madagaskar stammende Sprachstudentin arbeitet nicht nur in der Christophsbad Klinikgruppe, sie wohnt auch dort – zusammen mit Kolleginnen. Vor sechs Jahren kam die 26-Jährige von Morondava als Au-pair zu einer deutschen Familie nach Frankfurt, von dort ging es als Bufdi (Bundesfreiwilligendienst) direkt zur neurologischen Notaufnahme der bekannten Göppinger Fachklinik – inzwischen arbeitet Annemarie Razafimahatratra als ausgebildete Pflegefachfrau in der neurologischen Frührehabilitation. Ihr Abiturabschluss wird hier als Realschule anerkannt, sie erklärt: „Ich habe an der Uni zwei Semester Kommunikation studiert, leider gibt es bei uns keine Ausbildung.“ Den älteren, kranken, behinderten und hilfsbedürftigen Patienten zu helfen, mache ihr Spaß. „Die Menschen sind dankbar. Manche warten darauf, dass ihnen jemand hilft oder bei Redebedarf einfach nur zuhört. Ich geh da hin, weil man gebraucht wird“. Egal ob Früh-, Spät- oder Nachtschicht, sie sei da flexibel. „Auf der Frühreha muss man bei der Versorgung aufpassen und sehr sensibel sein“, betont Annemarie Razafimahatratra, die anfangs überrascht war, dass die bettlägerigen Patienten täglich gewaschen werden. Das kenne sie aus ihrer Heimat nicht. Sie hilft ihnen beim Aufstehen, Laufen, lagert sie um, damit keine Druckstellen entstehen und redet mit ihnen und den Angehörigen. Die generalistische dreijährige Pflegeausbildung hat sie in Kooperation des Diakonischen Instituts für Soziale Berufe und der Schule für Pflegeberufe des Alb-Fils-Klinikums GmbH absolviert. „Auch nach der Ausbildung lerne ich jeden Tag etwas Neues dazu, zum Beispiel in der Gerontopsychiatrie das Wissen über bestimmte psychische Erkrankungen“, erzählt sie und man spürt, mit wie viel Leidenschaft sie diesen Beruf ausübt. Nähere Infos am Stand 51.
Jan-Michael Müller
Zimmermann, 3. Lehrjahr

Jan-Michael Müller hat auf der Baustelle in Schlierbach nicht das beste Wetter erwischt. Dunkle Wolken ziehen über ihm und seinen Arbeitskollegen, Max Bauer, der kürzlich bei der Lossprechung seinen Gesellenbrief erhalten hat, hinweg. Darauf muss der 22-jährige Waldorfschüler noch ein knappes Jahr warten. In Kiel geboren und in Mecklenburg-Vorpommern aufgewachsen wohnt er seit 2023 in Wangen, wo sich auch sein Arbeitgeber Holzbau Straub befindet. „Das kriegen wir noch hin“, meinte seinerzeit sein Chef Martin Straub, der den Späteinsteiger erst Ende Oktober einstellen konnte. Das Dachdecker-Gen hat Jan-Michael Müller von seinem Vater geerbt, auch sein Bruder, der noch im Norden lebt, hat sich für diesen Beruf entschieden. Präzises Arbeiten mit Holz ist entscheidend, doch neben dem handwerklichen Geschick ist nicht zuletzt technisches Verständnis für Baupläne und Zeichnungen gefragt. Ebenso hilfreich sei ein „räumliches Vorstellungsvermögen“ verrät der Azubi und meint damit die „Maße und Anordnungen diverser Bauteile“.
Das erste Lehrjahr ist eher ein Schuljahr, je zwei Tage Werkstattunterricht und Theorie, der fünfte Tag sei dann praxisorientiert. Im zweiten Lehrjahr absolvierte er eine hochgesteckte überbetriebliche Ausbildung in Biberach, wo es auch um Restauration und Denkmalschutz geht, dort lernte er unter anderem Andy Beck kennen, der Notre Dame mit aufgebaut hat. Generell sind die Arbeitsbedingungen für Zimmerer häufig anspruchsvoll, weil sie trotz Enge und schwieriger Wetterlage zuverlässig arbeiten müssen. Das bedeutet: Sie sollten in dieser Hinsicht belastbar und robust sein. Am Stand 14 freut sich Jan-Michael Müller auf viele Gespräche.
Julian Eleuther
Industriemechaniker, 3. Lehrjahr

Ende der 10. Klasse im Donzdorfer Rechberg-Gymnasium gab es für den Schüler nur drei Möglichkeiten: „Schulwechsel, wiederholen oder raus und eine Ausbildung machen.“ Bereits davor suchte sich der 19-Jährige aus Nenningen zwei total unterschiedliche Praktika aus, mit dem Ergebnis: „Beides war nix für mich – weder das Compassion-Sozialpraktikum in einem Göppinger Pflegeheim, noch das Reinschnuppern im Forstamt Graf von Rechberg.“ Auch ein Bürojob kam für Julian Eleuther nicht in Frage. Im Netz stieß er auf ein Video, in dem der Betreiber von Abfallverwertungsanlagen EEW Energy from Waste (EEW) einen Industriemechaniker für ihre Instandhaltungswerkstatt suchte. Nach seiner Bewerbung kam prompt die Zusage. Weil die EEW selbst nicht ausbildet, absolvierte er sein erstes Lehrjahr als Mechatroniker extern bei der WMF, in Geislingen besucht er zudem alle zwei Wochen von Montag bis Mittwoch die gewerbliche Berufsschule. „Die 20 Kilometer habe ich je nach Wetterlage mit dem Bulldog oder Rad zurücklegt“, verrät Julian Eleuther, der „viel Wert auf Zuverlässig- und Pünktlichkeit legt“. Bis zu seinem Führerschein im Juli 2024 benötigte er zur Arbeit über eine Stunde. „Das war dreimal umsteigen und 20 Minuten laufen. Bei meiner Frühschicht um 6 Uhr bin ich schon am Vortag losgezogen und habe im Geschäft übernachtet“, erzählt der Azubi und schiebt nach: „Jetzt sind es mit meinem Allrad-Caddy 400 Kilometer pro Woche“. Für ihn habe sich all das gelohnt. „Eine Fließbandproduktion wäre nichts für mich. Ob Kontrollen, Reparaturen, Wartungen oder am Computer, ich mag die Abwechslung bei der Arbeit – Instandhaltung ist genau mein Ding“, betont der Bulldog-Fan, der sich „als Macher sieht“ und nicht vor dem „Zeitvernichtungsofen“ (TV, Handy und Co) hockt. Richtig gut findet Julian Eleuther nicht zuletzt das „Gleitzeitsystem, das offene Ohr sowie das Miteinander auf Augenhöhe und die Kameradschaft im Team, bei der jeder jedem zur Seite steht.“ Aktuell hat die EEW neun Azubis. Die EEW ist nicht auf der Bildungsmesse.
Sabrina Ritzler
Orthopädie-Schuhmacherin, 2. Lehrjahr

Von der Erzieherin zur Orthopädie-Technikerin und kurz danach aus gesundheitlichen Gründen zur Orthopädie-Schuhmacherin – der Werdegang der 28-Jährigen aus Laichingen spricht für sich. Allein schon die einfache Strecke von 35 Kilometern zur Arbeit, wenn es gut läuft braucht sie bis Göppingen 40 Minuten. Sabrina Ritzler wechselte von der Realschule nach Ulm aufs Gymnasium, blieb dort bis zur 12. Klasse und war danach ein Jahr lang im Bufdi in einer Kindertagesstätte, wo sie schließlich ihre Ausbildung als Erzieherin absolvierte. Dort blieb sie fast fünf Jahre lang als 100-Prozent-Kraft in der Gruppenleitung, bis sie kündigte. „Der Beruf an sich gefällt mir noch immer, was mir gegen den Strich ging, ist das Drumherum mit Verboten und Vorschriften“, erzählt sie und entschied sich für ein Handwerk mit einem sozialen Aspekt. „Ich liebe es mit Menschen zu arbeiten.“ Auf der IHK-Ausbildungsmesse in Reutlingen interessierte sie der Stand eines Orthopädie-Technikers, der unter anderem Prothesen und Orthesen herstellte. Und das war es: Handwerk für und mit Menschen. Dank Google stieß sie auf das Sanitätshaus Weinmann in Göppingen. Nach dreitägigem „Reinschnuppern“ habe ihr die Arbeit so gefallen, dass sie im September 2024 ihre Ausbildung begann. Im Laufe der Zeit stellten sich Symptome ein, die sie vorher nicht hatte: Atemnot und Ausschlag. Ein Allergietest brachte Gewissheit – sie ist allergisch gegen Bauschaum und Kunststoffharze, die sich in den Orthesen und Prothesen befinden. „Von heute auf morgen war ich raus“, betont Sabrina Ritzler, der das sehr, sehr nahe ging. Doch ihr Meister Florian Weinmann hat sich Gedanken gemacht, die taffe Schwäbin konnte und wollte er nicht gehen lassen – was wäre eine Alternative? Ein ihm bekannter Chemiker hat alle Stoffe überprüft und herausgefunden, dass sie in der anspruchsvolleren Orthopädie-Schuhmacherei mit Schutzausrüstung, Maske und Brille durchaus arbeiten könnte. „Dafür war und bin ich sehr dankbar. Ich musste nur die Klasse wechseln und das erste Lehrjahr wurde mir angerechnet“, freut sich Sabrina Ritzler und betont: „Orthopädie-Schuhmacherin ist ein Zukunftsberuf – im Nachhinein hat das so sein müssen.“ Am Stand 43 der Bildungsmesse gibt sie im Gespräch gerne Auskunft über ihren Berufsalltag. Sabine Ackermann