„Der Buchhandel muss politischer werden“, sagt Thomas Mahr. Er selbst hat die Forderung stets eingelöst und betrachtet die derzeitige Stimmung im Land und weltweit mit großer Sorge. Das Erstarken rechtsextremer und antieuropäischer Tendenzen war Auslöser für die Reihe „Europa retten“ in Ulm – mit namhaften Autoren, unterstützt von der SÜDWEST PRESSE und der Volkshochschule (vh) Ulm.
Das Engagement des Buchhändler-Ehepaars macht nicht an den Stadtgrenzen von Langenau Halt. Immer wieder können sie Partner dafür gewinnen, zum Beispiel die Stadtbücherei Langenau, das Theater Ulm, die Theaterei Herrlingen oder Musikerinnen wie „Zydeco Annie“ Anja Baldauf, um nur einige zu nennen.
Vielfalt der Kultur
Mahrs sehen sich in der Verantwortung: „Denn wir spüren es sofort, wenn die Demokratie angegriffen wird.“ Die Vielfalt der Kultur spiegle sich in der Vielfalt der Literatur wider – und sie „braucht einen Ort, wo sie sich zeigen kann“, meint der 66-Jährige. Er legt Wert darauf, Bücher über Geschichte, Zeitgeschehen und Kunst im Sortiment zu haben, darunter auch Werke aus kleinen Verlagen.
Bunt und alles andere als uniform ist der erste Eindruck, wenn man den Laden betritt. Keine Paletten, voll mit ein und demselben Bestseller, versperren den Weg. Nicht selten kämen Touristen und Durchreisende in den Laden und staunten über das breite Sortiment und die häufig wechselnden Thementische, berichtet Angelika Mahr. „Sie wundern sich, dass es hier so etwas gibt.“
Auch viel Stammkundschaft kommt aus dem weiten Umkreis, bis aus Dillingen und dem Raum Heidenheim, weil sie Angebot und Beratung schätzt. Die Krise des Buchhandels und das „Verblassen der Innenstädte“ geht aber auch an Mahrs nicht spurlos vorüber. Der Umsatz sei seit Februar 2024 erneut zurückgegangen. Es fehlten Kunden, die quasi„im Vorbeigehen“ ein Buch mitnehmen. Der Onlinehandel macht sich nicht erst seit Corona, seither aber verstärkt bemerkbar.
„Ein modernes Sklaventum“
Angelika Mahr erinnert sich an eine Anruferin, die ein bestimmtes Sachbuch wünschte, das aber lange vergriffen und inhaltlich überholt ist. Auf die Frage, warum sie nicht herkommen und neuere Bücher zum Thema anschauen wolle, antwortete sie, das Gesuchte sei mit fünf Sternen rezensiert.
„Die Leute vertrauen lieber auf anonyme Internet-Bewertungen als auf Empfehlungen des Fachpersonals“, sagt Mahr und fragt:„Wann wird den Menschen bewusst, dass das ein Irrweg ist?“ Denn es sei ja nicht so, dass „nur“ der Einzelhandel aussterbe. Vielmehr schafften all die Lieferdienste „ein modernes Sklaventum“ und verstopften mit ihren Autos die verödeten Städte. hib