Als sich Friseurmeisterin Helene Schnötzinger im Juni 1984 entschied, im 400 Einwohner starken Schnittlingen einen Friseursalon zu eröffnen, wurde ihre Entscheidung eher kritisch gesehen. Mit drei Plätzen für ihre Kundschaft startete sie dennoch, gab Vollgas und übt bis heute ihren Beruf mit Leidenschaft aus. Weil sich Menschen im Kindes-, Schul- und Teenageralter, oder als junge Paare, für den Beruf oder im Alter für immer neue Haarschnitte entscheiden, dachte Helene Schnötzinger auch an das erforderliche Rundumpaket: Wallende Mähnen, Lockenprachten, Dauerwellen, praktische Kurzhaarfrisuren oder ein Bobschnitt wurden mehr als nur äußerliche Veränderung. 1986 ließ sie sich zwei Jahre lang zur Kosmetikerin ausbilden und 1987 zur Visagistin, denn Haare sind mehr als nur Fasern auf der Kopfhaut: „Ein gelungener Haarschnitt spiegelt die Identität der Kundschaft, ein schönes Make-up rundet alles ab.“
Für Schnötzinger ist ihre Tätigkeit eine Berufung – und nicht nur das: Neun Lehrlinge hat sie selbst in ihrem Betrieb ausgebildet, davon einen Kammersieger und eine zweite Landessiegerin. Tatsächlich kam sogar eine Auszubildende mit dem landesweit besten Berichtsheft hinzu. Einmal wurde sie zum Salon des Jahres gekürt und einmal für das beste Brautstyling in der Fachzeitschrift „Frisurwelt“ ausgezeichnet.
Als ihr Salon im Jahr 2017 einen Wasserschaden erlitt, war sie „kurz vor dem Ende“, wie sie erzählt. „Ich hätte aufgehört, wenn ich nicht meine Schwiegertochter gehabt hätte.“ Drei Wochen arbeitete sie mit dieser in einem angemieteten Friseur-Lkw mit vier Plätzen für die Kundschaft, dann stieg Erika Schnötzinger ins Geschäft mit ein. Ihre Schwiegermutter übergab ihr 2022 das Geschäft und „Helene“ arbeitet weiterhin, wenngleich mit etwas mehr Abstand, mit.
Erika Schnötzinger hat dafür ihren eigenen Laden in Laichingen aufgegeben, den sie von 2007 bis 2017 selbstständig mit sechs Angestellten geführt hat. Zwei Lehrlinge hat sie zudem ausgebildet, seit 2007 engagiert sie sich im Prüfungsausschuss Ulm und als Teilnehmerin bei Landesmeisterschaften erreichte sie den zweiten und dritten Platz.
Erika Schnötzinger hat mittlerweile auch eine herausragende Spezialisierung im Calligraphy Cut. Dabei handelt es sich um eine Technik mit besonderem Schneidemesser, die in der Fernsehsendung „Die Höhle der Löwen“ vorgestellt wurde. Die Friseurmeisterin besuchte die notwendigen Kurse und erhielt im Anschluss daran als „Calligraph“ eine eingetragene Nummerierung mit Gebietsschutz für diese Kunst des Schneidens. Sie schneidet Haare im 21-Grad-Winkel an, mit dem Ergebnis, dass sie beweglicher und voluminöser werden. „Es gibt Kunden, die nur noch das wollen und von unbeschreiblichem Haargefühl sprechen“, berichtet sie mit dem Supermesser in der Hand als ihrer Trophäe.
Was im Salon von „Helene“ eine ebenso wichtige Rolle spielt, sind Perücken und Haarteile für Kunden, die sich zum Beispiel einer Chemotherapie unterziehen müssen. Dafür sind beide Friseurinnen ausgebildet und es steht ein eigener Raum für diese Kundschaft zur Verfügung.
Aber auch Hochzeitsvorbereitungen werden leidenschaftlich zelebriert – mit einem Verwöhnservice, der die Zeit beim Friseur zum Erlebnis macht. Was die beiden auszeichnet? Sie arbeiten gerne, sind aufgeschlossen und befinden sich beruflich am Puls der Zeit. Allerdings gibt es nicht alles, was die Kundschaft will, denn Schwiegermutter und Schwiegertochter beraten ehrlich: „Wenn etwas die Haare schädigt oder überhaupt nicht passt, wird das gesagt“, sind sie sich einig, was ebenso für ihre langjährigen treuen Angestellten gilt, die schon 25 Jahre und acht Jahre bei ihnen arbeiten.
Am Wochenende wird das 40-jährige Jubiläum gefeiert, bei dem die Kundschaft am Freitag zu einem kleinen Umtrunk ab 19 Uhr eingeladen ist und am Samstag ab 14 Uhr zu Kaffee und Kuchen mit Musik.