Vielleicht kann man es nicht schöner ausdrücken als Bürgermeisterin Annemarie Mürter-Mayer, wenn es darum geht zu beschreiben, welches große Ereignis in Kreßberg unmittelbar bevorsteht: „Wir feiern sozusagen Goldene Hochzeit“, schreibt die Bürgermeisterin in einer Festschrift, die pünktlich zum 50-Jahr-Jubiläum der Gemeinde erschienen ist. Und fügt hinzu: „Mit dem Zusammenschluss von Mariäkappel, Leukershausen, Marktlustenau und Waldtann zur Gemeinde Kreßberg hat zusammengefunden, was zusammengehört.“
Höhepunkt der Feierlichkeiten wird das Festwochenende an diesem Samstag und Sonntag, 17. und 18. Juni (Infos zum Programm auf der folgenden Seite). Zwei Tage lang werden alle Kreßbergerinnen und Kreßberger gemeinsam in und vor der Kreßberghalle sowie in der Straße „In den Weidengärten“ in Marktlustenau feiern. Nicht müde wird Annemarie Mürter-Mayer, dabei eines besonders zu betonen: „Das wird kein Fest von der Bürgermeisterin und vom Rathauspersonal, sondern von den Gemeindemitgliedern für die Gemeindemitglieder.“
Längst bilden Mariäkappel, Leukershausen, Marktlustenau und Waldtann eine harmonische Einheit. Dass das keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist und dass es seinerzeit durchaus kritische Stimmen zum Zusammenschluss der Gemeinden gab, zeigt ein kurzer Rückblick auf die Fusion und ihre Hintergründe. Vorausgegangen war das am 7. März 1968 vom Landtag Baden-Württemberg verabschiedete Gesetz zur Stärkung der Verwaltungskraft kleinerer Gemeinden. Ziel war es damals, größere Verwaltungseinheiten mit mindestens 8000 Einwohnern zu schaffen. Besonderer Anreiz: die sogenannte Abschlachtprämie in einer Höhe von 750 000 bis einer Million DM, die allen Gemeinden zugesprochen wurde, die den Zusammenschluss bis zum 1. Januar 1973 vollzogen.
Wie war die damalige Situation in den Gemeinden, die heute gemeinsam Kreßberg bilden? Leukershausen und Mariäkappel hatten mit Eugen Strebel bereits einen gemeinsamen Bürgermeister. In Waldtann kümmerte sich Georg Dörr verantwortlich um die Gemeinde, in Marktlustenau versah das Amt Walter Stelzer.
Angesichts der neuesten Nachrichten aus Stuttgart begannen die Gemeindevorsteher nun Sondierungsgespräche mit den umliegenden Orten. Nach und nach kristallisierte sich das heutige Viererbündnis der Altgemeinden als praktikable Lösung heraus, die den jeweiligen Räten zur Abstimmung vorgelegt wurde.
Nachdem diese am 4. September 1972 für den Zusammenschluss gestimmt hatten, ging es an die Details. Dabei sicherte sich jeder Bürgermeister für seine Gemeinde für einen Zeitraum von neun Jahren folgende Zusagen durch die neue Gemeinde Kreßberg ab: Leukershausen den Standort des Freibads in Bergertshofen und den Ausbau der Gemeindeverbindungsstraße Leukerhausen-Selgenstadt, Waldtann den Bau eines Sportplatzes und die Erweiterung der Wasserleitung sowie die Vorbereitung einer Verbindungsstraße zwischen Rötsweiler und Bergbronn, Mariäkappel den Bau einer Turnhalle und eines Kindergartens und Marktlustenau ebenfalls den Bau eines Kindergartens.
So weit, so gut. Jetzt musste nur noch eine wichtige Frage geklärt werden: Welchen Namen sollte die künftige Gemeinde tragen? Einigkeit herrschte darüber, dass der Name einer der Altgemeinden nicht infrage kommen würde. Kunstnamen wie Sonnenbühl oder Tannenau fanden kaum Zustimmung. Also orientierte man sich an der Linie des Innenministeriums, das für Landkreise topografische Namen wie Flüsse oder Berge favorisierte und schlug in Anlehnung an die höchste Erhebung der Gemeinde den Namen Kreßberg vor. Dieser Vorschlag war nun endlich mehrheitsfähig und der offizielle Zusammenschluss der Altgemeinde wurde am 1. Januar 1973 vollzogen.
Erster Bürgermeister der neuen Gemeinde wurde Walter Stelzer, der im März 1973 per Wahl bestätigt wurde. Der vorläufige Gemeinderat rekrutierte sich aus allen vorher in den Altgemeinden gewählten Räten und bestand aus 33 Mitgliedern. Bereits im April 1973 gab es schließlich die erste Kommunalwahl für den Gemeinderat mit 16 Mitgliedern. Im Jahr 1980 konnte mit dem neuen Gemeindewappen die Gründungsphase symbolisch abgeschlossen werden. Da der Kreßberg sich auf die Adligen vom Krebsberg zurückführen lässt, entschied man sich für ein goldenes/gelbes Wappen, in dem ein roter Krebs auf grünem Dreiberg steht.
Soweit also die Geschichte des Zusammenschlusses. Doch wie hat sich die Gemeinde seitdem entwickelt? Um die positive Entwicklung zu unterstreichen, hebt Bürgermeisterin Annemarie Mürter-Mayer gerne die Einwohnerzahl hervor, die von 3303 am 1. Januar 1973 auf heute rund 4000 angewachsen ist.
Sie freut sich darüber, dass sich alle vier Orte ihre Besonderheiten und eigenen Qualitäten erhalten haben - bekanntlich eine gute Voraussetzung für eine lange, glückliche und gut funktionierende Partnerschaft. Gleichzeitig konnten durch den Zusammenschluss aber Synergien geschaffen werden: beispielsweise der Schulstandort Marktlustenau, „den es so mangels Schülerzahlen längst nicht mehr gäbe, wären wir nicht ein Kreßberg geworden“. Oder das tolle Waldfreibad bei Bergertshofen, dessen Erhalt die ehemals selbstständige Gemeinde Leukershausen wohl kaum alleine hätte stemmen können. Und auch die übrigen Teilorte konnten auf diese Weise ihre besonderen Charakteristika bewahren oder aufbauen: Mariäkappel als größter Kindergarten- und Kinderkrippenstandort der Gemeinde mit der jüngst sanierten Sporthalle im Herzen des Ortes. Und der heute größte Teilort Waldtann als Standort des Rathauses und des Geschäfts- und Ärztehauses für alle Kreßbergerinnen und Kreßberger.
Dass die Gemeinde inzwischen gut zusammengewachsen ist, unterstreiche noch ein weiteres Detail: Die unechte Teilortswahl wurde per Gemeinderatsbeschluss bereits im Dezember 2017 abgeschafft. pm/flu