Das Internet vergisst nicht: Was passiert mit den Accounts?
Den digitalen Nachlass, also beispielsweise E-Mail-Konten oder Accounts in sozialen Netzwerken wie Facebook oder Instagram, hat die überwiegende Mehrheit noch nicht im Blick. Nur acht Prozent geben an, dass dies für sie zum Thema Erbschaft gehört und es bereits geregelt zu haben. Knapp 60 Prozent haben dahingehend keine Vorsorge getroffen – und finden auch nicht, dass das im Rahmen eines Testaments nötig ist. Zugegeben: Die Sache mit dem Testament und dem Vererben ist keine leichte Sache. „Dass man frei darüber bestimmen kann, wer das eigene Vermögen erbt, ist ein weit verbreiteter Irrtum“, sagt Joachim Mohr, Fachanwalt für Erbrecht. „Denn den nächsten Verwandten steht in jedem Fall ein Pflichtteil zu.“
Wer hat Anspruch?
Der Pflichtteil kommt dann zum Tragen, wenn bestimmte Personen, die einen gesetzlichen Erbanspruch haben, per Testament vom Erbe ausgeschlossen - also „enterbt“ - werden. In diesem Fall können sie immer noch die Hälfte des gesetzlichen Erbes für sich beanspruchen. Beispiel: Wenn eine verwitwete Frau drei Kinder hinterlässt, würden diese nach der gesetzlichen Erbfolge zu gleichen Teilen erben, also je ein Drittel. Schließt die Frau ein Kind vom Erbe aus, steht diesem als Pflichtteil immer noch die Hälfte des gesetzlichen Erbes zu, in diesem Fall ein Sechstel. Pflichtteilsberechtigt sind nur Kinder, sowie jeweils deren Nachkommen, wenn die Kinder selbst schon verstorben sind, Ehemann und Ehefrau, eingetragene Lebenspartner und -partnerinnen sowie die Eltern der verstorbenen Person, falls es keine Nachkommen gibt. Keinen Anspruch auf einen Pflichtteil haben Großeltern, Geschwister, Nichten und Neffen sowie Stief- und Pflegekinder. Der Anspruch auf den Pflichtteil verjährt nach drei Jahren zum Jahresende.
Theoretisch kann man seinen gesamten Nachlass einer gemeinnützigen Organisation zukommen lassen. „Dann stehen den Hinterbliebenen aber oft Pflichtteilsansprüche zu“, erklärt der Fachanwalt für Erbrecht, Eberhard Rott. Denkbar ist auch, dass die gemeinnützige Organisation die Hälfte des Vermögens bekommt und die andere Hälfte geht an die Hinterbliebenen. Eine weitere Möglichkeit: Die gemeinnützige Organisation erhält aus dem Nachlass einen Einmalbetrag. Natürlich kann man auch mehrere Vereine und Initiativen im Testament bedenken.
Frühzeitig das Gespräch mit Angehörigen suchen
Viele Spender fragen sich, ob und wie sie ihr Testament gegenüber ihren Angehörigen kommunizieren – schließlich werden diese eines Tages entweder weniger oder allenfalls einen Pflichtteil erben. Eberhard Rott plädiert für Offenheit. Er rät: „Unbedingt mit den nächsten Angehörigen frühzeitig das Gespräch suchen und sie über den eigenen Wunsch informieren.“ Es ist darüber hinaus sinnvoll, mit der Organisation, die man testamentarisch bedenken möchte, Kontakt aufzunehmen. Denn längst nicht jede Organisation kann mit einem ihr zugedachten Nachlass, zum Beispieleiner Immobilie in einer Kleinstadt, etwas anfangen. ots/ka