Bau-Innungsbetriebe im Landkreis Tübingen: "Ohne uns geht nichts“
Sonderveröffentlichung

Bau-Innung Bau-Innungsbetriebe im Landkreis Tübingen: "Ohne uns geht nichts“

Der Beruf des Maurers ist um einiges vielseitiger, als man annimmt. Und das Schönste: man sieht jeden Tag, was man gemacht hat. 

Fotos: Bauwirtschaft BW

25.10.2024

Auch wenn die Gesamtsituation in der Baubranche alles in allem besser sein könnte, so sind sich Sven Laichinger und Alexander Rist doch in einem einig: „Es ist ein toller Beruf.“

„Momentan sind die Auftragsüberhänge noch da, doch auch wir schauen gespannt ins nächste Jahr“, so Innungsobermeister Laichinger. Klar ist: überall wird das Geld knapp, das Leben an sich ist in vielen Bereichen teurer geworden und das trifft natürlich auch die Baubranche. „Umso wertvoller ist es doch, wenn man mit viel Eigenleistung zu Eigentum kommt“, so Laichinger. Im Gespräch betont er, dass zum Beispiel fast alle seine Mitarbeiter Eigentum besäßen – warum? Ganz klar, weil sie einfach an einem Häusle vieles in Eigenleistung machen können.

Man sieht, was man schafft

„In unserer heutigen Zeit ist es leider so, dass man von der Seite angeschaut wird, wenn man irgendwo mit einer Handwerker-Hose, die vielleicht etwas dreckig ist, auftaucht“, so Laichinger. Die Menschen hätten zunehmend weniger Respekt vor der Arbeit mit Händen. „Früher bin ich mit meiner Innungsweste und mit Stolz geschwellter Brust durch den Laden gelaufen“, so der Obermeister. Diese Einstellung hätte sich bedauerlicherweise grundlegend geändert. Dennoch sei es einfach schön, wenn man am Ende des Tages sehe, was man geschaffen habe und dann durch den Ort oder die Stadt fährt und sagen kann: „Das habe ich gemacht“.

Sehr abwechslungsreicher Job

Und dabei ist der Job in der Baubranche so vielseitig: Die Ausbildungsbetriebe im Landkreis haben vier Bauberufe im Portfolio: Maurer, Beton- und Stahlbetonbauer, Straßenbauer und Baumaschinenführer. „Jeden Tag ist man draußen. Klar kommt auch mal der kalte Winter oder ein regnerischer Herbst. Aber alles in allem hat man auch viel Sonne, viel frische Luft und ist sehr naturverbunden“, so Laichinger. Außerdem erstelle man quasi „Prototypen“, denn „maximal ein Prozent von dem, was man schon mal erbaut hat, wird nochmal so gebaut“, ergänzt Rist.

Der Lehrlingswart der Bauinnung Tübingen führt weiter aus: „Der Job des Maurers ist einfach viel mehr als nur ein Haus zu bauen. Es geht los bei der Bodenbeschaffenheit, über die Entsorgung, der Einholung von Genehmigungen und vielem mehr. Darüber hinaus koordinieren wir auf der Baustelle auch die anderen Gewerke, also alles in allem geht ohne uns eigentlich gar nichts“, schmunzelt Rist.

Digitalisierung längst angekommen

Vom Baggerfahrer bis zum Polier: Sie alle arbeiten mittlerweile digital. Ob mit dem digitalisierten Bagger, dem iPad oder dem Laptop. Die Daten werden alle digital aufgearbeitet. Auch das Berichtswesen und das Reporting sind längst digital.

4-Tage-Woche gestaltet sich schwierig

So manche Errungenschaft der Neuzeit und auch beliebt bei GenZ ist im Handwerk nicht so ganz einfach umzusetzen. So bekommen die Herren auf dem Bau mit einer vier-Tage-Woche ein echtes Problem. „Wir bräuchten eher eine sechs-Tage-Woche“, so Laichinger. Da alle Gewerke auf einem Bau Hand-in-Hand arbeiten, ist Teamwork gefragt. Das klappt nur, wenn alle regelmäßig vor Ort sind und sich quasi den Staffelstab übergeben. An eine vier-Tage-Woche sei hier nicht zu denken. Gefragt nach dem Nachwuchs, sind sowohl Laichinger als auch Rist eher verhalten. „Bei der letzten Gesellenprüfung waren es gerade einmal 14 Junggesellen im großen Landkreis Tübingen/Reutlingen. Das sind sehr wenige“, so Rist. Und Laichinger fügt hinzu: „Es gab Zeiten, da waren es 170 Gesellen.“

Auch ein Thema, das der Baubranche zu schaffen macht: Es gibt keine Azubis mehr, obwohl die Aufstiegschancen in der Baubranche sehr gut seien. Zudem würden Spezial-Facharbeiter gut bezahlt werden. Laichinger sieht das Problem in vielen Fällen eher bei den Eltern und nicht bei den Kindern. Er hat ein sehr plastisches Beispiel: an Berufsorientierungstagen an der Schule würden sie ja immer mit Bagger und schwerem Geschütz im Schulhof stehen und die meisten Schülerinnen und Schüler würden sich bei ihnen tummeln. Die Augen würden leuchten, aber die Eltern seien in den meisten Fällen dann nicht begeistert, wenn die Kinder den Wunsch äußern würden, dass sie auf den Bau oder ins Handwerk wollten.

Handwerker und Yoga

Sven Laichinger macht einiges für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möglich. Momentan beschäftigt er rund 35 Leute und hat einige Subunternehmer an der Hand. In seinem Betrieb gibt es ein Fitnessstudio, in dem zweimal in der Woche Sport angeboten wird. Darunter eine Stunde Yoga, die „es echt in sich hat“, wie Laichinger aus eigener Erfahrung weiß. Darüber hinaus kommt ein Physiotherapeut ins Haus, der die geschundenen Arme, Schultern und Rücken der Handwerker wieder versucht, ins Lot zu bringen. Auch ein Jobrad ist möglich und die Führerscheine von den Fahranfängern werden auch bezahlt, wenn der Azubi dann auch im Unternehmen bleibt. Weitere Benefits wie Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld, gemeinsame Ausflüge und einiges mehr haben viele Handwerksbetriebe auch noch zu bieten – ein cooler Job, wenn man von der grünen Wiese bis zum Einzug alles mitbekommt. Simone Maier