Für jeden eine passende Perspektive in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen
Sonderveröffentlichung

Berufliche Schulen Für jeden eine passende Perspektive in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen

Ausbildung: Berufliche Schulen der Region bieten Schul-Absolventen passende Anschlüsse, Ausbildungen und Aufstiegsmöglichkeiten.

Die Beruflichen Schulen in der Region bieten für jeden passende Perspektiven. Foto: ©Robert Kneschke/adobe.stock.com

31.01.2023

Industrie, Handwerk und der Soziale Bereich suchen händeringend nach Fachkräften. Rechnerisch kommen auf jede Absolventin und jeden Absolventen einer allgemeinbildenden Schule zwei freie Ausbildungsplätze. Das heißt die Chancen auf den gewünschten Ausbildungsplatz waren noch nie so gut. In jüngerer Vergangenheit wurden aber leider immer weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen. Auch für das Jahr 2023 erwartet die Arbeitsagentur für die Landkreise Tübingen und Reutlingen keine Trendwende im Bereich der dualen Berufsausbildung.

Chancengleichheit

Das mag unter anderem daran liegen, dass sich viele Jugendliche nach dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule zunächst für einen höheren Schulabschluss interessieren. Doch manche wollen aber auch beruflich gleich durchstarten. Die Beruflichen Schulen in der Region bieten durch ihre Vielzahl an Ausbildungen und schulischen Vollzeitbildungsgängen sehr gute Möglichkeiten für beide Gruppen: mit Erfolg ins Berufsleben zu starten oder aber einen höheren allgemeinbildenden Abschluss zu erreichen.

Berufliche Schulen ermöglichen den schulischen Aufstieg durch eine Vielzahl von Bildungsangeboten und sorgen damit gleichzeitig auch für Chancengerechtigkeit im Anschluss an das allgemeinbildende Schulwesen. Von der Förder-, Werkreal-, Haupt-, Gemeinschafts-, der Realschule und auch vom Gymnasium aus bietet das Berufliche Schulwesen allen Absolventen vielfältige Möglichkeiten, sich weiter zu qualifizieren. Außerdem bieten sie optimale Chancen für junge Menschen, die erst spät eine ausreichende Motivation haben und genügend Einsatz zeigen, um einen höheren Abschluss zu erreichen. Ebenso bieten sich unter bestimmten Bedingungen Weiterbildungsvarianten im Anschluss an eine beendete Ausbildung oder für junge Menschen, die bereits im Berufsleben stehen.

In den Landkreisen Reutlingen und Tübingen gibt es derzeit insgesamt elf berufliche Schulen mit rund 12 500 Schülern. Berufliche Schulen unterscheiden sich nach Typen: Es gibt gewerbliche, hauswirtschaftliche und kaufmännische Zweige. Bei den öffentlichen Beruflichen Schulen handelt es sich meist um große schulische Einheiten. Über 1000, aber auch über 2000 Schülerinnen und Schüler pro Schule sind keine Seltenheit.

Verschiedene Schularten unter einem Dach

Jede Berufliche Schule ist eine Art ,,Gesamtschule". Das heißt, es werden unterschiedliche Schularten unter einem Dach angeboten, die zu ganz unterschiedlichen Abschlüssen führen. Dazu gehören meist verschiedene Gymnasialprofile und unterschiedliche Ausbildungsberufe und Weiterbildungsmöglichkeiten. Darüber hinaus Berufskollegs, die zur Fachhochschulreife und oft gleichzeitig zu einem Assistentenabschluss führen. Weiterhin gibt es die Berufsfachschulen, auf denen - mit ganz unterschiedlichen beruflichen Vertiefungsfächern - der Mittlere Abschluss erreicht wird.

Der Bildungsauftrag der Beruflichen Schulen ist vielfältig: Zunächst gilt es, als dualer Partner der Unternehmen in der Region in rund 80 verschiedenen Ausbildungsberufen Fachkräfte im Handwerk, in der Industrie, im kaufmännischen Bereich, der Haus- und Landwirtschaft wie auch im Sozial- und Dienstleistungsbereich auszubilden.

330 anerkannte Ausbildungsgsberufe

Bundesweit gibt es in der dualen Ausbildung rund 330 anerkannte Ausbildungsberufe. Im vergangenen September haben deutschlandweit knapp 500 000 Jugendliche einen Ausbildungsvertrag neu abgeschlossen und eine betriebliche Ausbildung im Dualen System (Ausbildungsunternehmen und Berufsschule) begonnen.

Gerade dieses spezifisch deutsche System der beruflichen Ausbildung begründet den hohen Standard der Fachkräftequalifikation in Deutschland und deren internationale Reputation. Nicht zuletzt bildet das Duale System der beruflichen Bildung in Deutschland damit auch die Voraussetzung für die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit.

An den elf Beruflichen Schulen in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen ist aber auch die berufliche Weiterbildung ein wichtiges Thema. Das Angebot der hiesigen Meisterschulen bietet für viele Industrie- und Handwerksberufe die Möglichkeit, nach einem Jahr Schulbesuch die Meisterprüfung abzulegen, und an den Fachschulen in Reutlingen und Tübingen kann man es in zwei Jahren auf diesem Weg bis zum staatlich geprüften Betriebswirt oder Techniker bringen.

Dass es neben der universitären Ausbildung in vielen Studiengängen auch die beruflichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, ist von großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Denn die Wirtschaftskraft Deutschlands beruht im Wesentlichen auf kleineren und größeren Industrie- und Handwerksbetrieben.

Berufsvorbereitung gehört zum Bildungsauftrag

Durch Zusatzunterricht abends und an den Wochenenden besteht für Auszubildende mit einem mittleren Abschluss zudem die Möglichkeit, parallel zur Berufsausbildung die Fachhochschulreife als Zusatzqualifikation in ihrer dreijährigen Ausbildungszeit abzulegen.

Die Berufsvorbereitung für Geringqualifizierte gehört ebenfalls zum Bildungsauftrag der beruflichen Schulen. Rund 50 000 aller Schulabgänger verlassen laut Statistischem Bundesamt jährlich in Deutschland eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss. Insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist die Zahl der Schulabsolventen ohne Abschluss besonders hoch.

Großer Beitrag zur Integration

Die Beruflichen Schulen bieten Jugendlichen, die aus dem Ausland neu hierhergezogen sind, die Möglichkeit, intensiv die deutsche Sprache zu erlernen und entsprechende Zertifikate zu erwerben. Außerdem bieten sie die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzumachen oder einen vorhandenen Abschluss zu verbessern und so die Chancen für eine erfolgreiche Ausbildung zu vergrößern. Berufliche Schulen leisten damit einen zentralen Beitrag zur Integration und befähigen damit zur gesellschaftlichen Teilhabe der schulisch Benachteiligten.

Für Abgänger und Wechsler von allgemeinbildenden Schulen werden ebenfalls interessante Perspektiven geboten. An Beruflichen Schulen sind in ein- bis sechsjährigen Vollzeitbildungsgängen alle allgemeinbildenden Abschlüsse erreichbar: Hauptschulabschluss (VABR und AVdual), Mittlerer Abschluss (zweijährige Berufsfachschule), Fachhochschulreife (Berufskollegs), allgemeines Abitur (Berufliche Gymnasien oder Berufsoberschulen), etwa am Wirtschaftsgymnasium, an einem Technischen Gymnasium oder an einem Sozialwissenschaftlichen Gymnasium. Insgesamt gibt es zehn verschiedene gymnasiale Profile an den Beruflichen Gymnasien der Region.

Modulare Bildungsgänge

Berufliche Schulen bieten somit modulare Bildungsgänge nach dem Motto: ,,Kein Abschluss ohne Anschluss". In beruflichen Vollzeitschulen sind ,,Spätentwickler" oft gut untergebracht. Die meisten dieser Schüler sind Absolventen der Werk- oder Realschule oder der Gemeinschaftsschulen, die einen höheren allgemeinbildenden Bildungsabschluss mit beruflicher Vororientierung anstreben. Durchschnittlich wählen rund 80 Prozent der Realschulabgänger derzeit diesen Weg über ein Berufliches Gymnasium oder ein Berufskolleg, um sich die Option für ein späteres Hochschulstudium offen zu halten.

Durch ihr breites Bildungsangebot gewährleisten die Beruflichen Schulen insbesondere für die Absolventen der Realschulen, der Gemeinschafts- und der Werkrealschulen vielen Jugendlichen soziale Aufstiegschancen. Den Schülern bietet sich dadurch die Möglichkeit, auch Jahre nach der frühen Weichenstellung durch die Grundschulempfehlung mit einem neuen Anlauf höhere allgemeine Bildungsabschlüsse zu erreichen. Norbert Pellens, Schulleiter Laura-Schradin-Schule