Architekt wie der Papa, Tischlerin wie die Mama. Sich bei der Berufswahl von der Karriere der eigenen Eltern inspirieren zu lassen, scheint in manchen Fällen naheliegend. Schließlich hat man das Zeichentalent oder handwerkliche Geschick doch ohnehin in die Wiege gelegt bekommen. Aber kann es wirklich so einfach sein?
Ganz so simpel sollten sich Schulabsolventinnen und -absolventen die Entscheidung für einen Karriereweg nicht machen. Johannes Wilbert, Berufsberater und Gründer des Instituts zur Berufswahl in Wetter an der Ruhr, gibt zu bedenken, dass vor der Berufssuche zunächst eine Reflexion stattfinden müsse: „Wenn Sie einen Job suchen und haben gar nicht reflektiert, was ihre Interessen sind, macht die Jobsuche wenig Sinn.“
Wer noch gar keinen Plan hat, wo es hingehen soll, kann sich bereits in der Schulzeit während eines Praktikums erste Eindrücke verschaffen. Aber auch der Besuch einer Messe, wie etwa der Berufswahl- und Studienmesse im Haller Schulzentrum West am 18. Oktober, kann für viel Inspiration sorgen. Denn: Vielen jungen Erwachsenen ist gar nicht bewusst, welche Möglichkeiten es auf dem regionalen Arbeitsmarkt überhaupt gibt.
Schwierig wird die Entscheidung für einen beruflichen Weg leider meist dann, wenn Eltern und Nachwuchs unterschiedliche Vorstellungen und Erwartungen haben. Junge Erwachsene sollten aber auch dann für sich entscheiden können, ob der Elternberuf tatsächlich zu ihnen passt oder nicht. Wie Berufsberater Wilbert sagt, wünschten sich Eltern für ihre Kinder vorwiegend sichere Jobs. „Ich bin Lehrer, das ist ein sicherer Beruf, also sollen meine Kinder auch Lehrer werden.“ Diese Gedankenschritte seien an sich nicht falsch, aber auch nicht unbedingt hilfreich. Wilbert rät, vor allem auf Ermutigung zu setzen, aber auch auf Austausch. „Viele Kinder wissen gar nicht genau, was ihre Eltern arbeiten. Die kennen den Betrieb, aber nicht ihre Tätigkeiten.“ Empathische Gespräche würden dafür sorgen, dass den Kindern verschiedene Möglichkeiten für die Zukunft aufgezeigt werden.
Wichtig: Eltern sollten keinesfalls Druck ausüben, wenn sie selbst unbedingt wollen, dass der Nachwuchs vielleicht das Architekturbüro oder den Handwerksbetrieb weiterführt. „Wenn Menschen den Eindruck gewinnen, dass ihre Wahlfreiheit eingeschränkt wird, kommt es dazu, dass Menschen das Gegenteil machen“, sagt die Diplom-Psychologin und Coachin Madeleine Leitner. In der Psychologie werde dieses Phänomen als Reaktanz beschrieben.

Nicht zu viel Druck machen
Und selbst wenn die Arbeit und das berufliche Umfeld der Eltern den Kindern in gewissem Maße vertraut ist und Netzwerke der Eltern Türöffner sein können: Jugendliche, die den Karriereweg ihrer Eltern einschlagen, stellen oftmals hohe Ansprüche an sich selbst, heißt es auf dem Portal „abi.de“. Das kann Druck machen und im schlimmsten Fall die Angst zu scheitern verstärken. Auch das sollte man also in die Abwägung pro oder kontra Elternberuf mit einfließen lassen.
Eltern nehmen dem Beitrag zufolge auch hinsichtlich Lebensstil, sozialem Status oder finanziellem Erfolg eine Vorbildrolle für ihre Kinder ein. Wer den Beruf der Eltern wählt, steht dann häufig zusätzlich unter Druck, mindestens so erfolgreich wie Mama oder Papa zu werden oder sich mit der vorherigen Generation vergleichen lassen zu müssen.
Herrscht eine gesunde Kommunikation in der Familie, können Eltern aber ihren Kindern helfen, sich in verschiedene Richtungen zu orientieren – und zum Beispiel auch den Besuch einer Berufswahl- und Studienmesse vorschlagen. Auf diese Art seien die Jugendlichen in der Berufsfindung am besten aufgehoben. „Ich bin für dich da, aber du entscheidest“, sollte das Motto den Experten zufolge lauten. dpa


Einen Plan zurechtlegen
Der Besuch einer Job-Messe ist für Jugendliche meist sehr aufregend. Diese Tipps helfen zur Vorbereitung.
Der Besuch einer Berufswahl- und Studienmesse ist immer auch etwas mit Aufregung verbunden – kommen die Jugendlichen doch oftmals das erste Mal in Kontakt mit potenziellen Ausbildungsbetrieben. Dagegen hilft es meist am besten, sich gut auf den Tag vorzubereiten.
„Es macht Sinn, sich aus der Liste der teilnehmenden Betriebe diejenigen herauszusuchen, die für einen besonders interessant sind. So hat man schon einen Plan, welche Betriebe man auf der Messe besuchen möchte“, sagt Nicole Taubald, Berufsberaterin bei der Agentur für Arbeit in Schwäbisch Hall. Außerdem könne man sich bereits vorab Fragen zur Ausbildung überlegen, beispielsweise welche Fähigkeiten für die Ausbildung besonders wichtig sind, was der Betrieb für Anforderungen hat und welche Unterlagen für die Bewerbung wichtig sind. „So ist man für die Gespräche gut vorbereitet.“
Wer sich dennoch schwer damit tut, bei der Messe direkt auf die Unternehmensvertreter zuzugehen, dem rät die Expertin folgendes: „Wer unsicher ist, kann zunächst das Gespräch mit den Azubis am Stand suchen. Sie sind oft nicht viel älter als die Schülerinnen und Schüler.“ Nicole Taubald macht aber auch nochmal Mut: „Die Gespräche an den Ständen laufen grundsätzlich locker ab. Es handelt sich schließlich nicht um ein Vorstellungsgespräch.“ dia/gra
