Bei der Berufswahl: keine Chancen vergeben
Dass sie dadurch mitunter Chancen vergeben, ihr Potenzial in unbekannteren Berufen einzusetzen, ist den wenigsten bewusst. „Berufe, unter denen Jugendliche sich nichts vorstellen können oder die unattraktiv klingen, werden oft im Vorfeld ausgeschlossen und nicht weiter beachtet“, sagt Monika Hackel vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das träfe selbst dann zu, wenn deren Tätigkeiten zu ihnen passen würden. Der Berufsname als Aushängeschild sei daher im Berufswahlprozess nicht zu unterschätzen.
Klischeebefreite Berufsorientierung
Das stellt manche Arbeitgeber vor ein Problem. Einige Branchen reagieren darauf inzwischen mit mehr gezielter Kommunikation und großen Nachwuchskampagnen. André John spricht im Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) etwa für die IT-Systemelektroniker – von jeher ein männerdominierter Beruf. John plädiert generell für mehr Berufsorientierung an den Schulen. Die technikorientierten Berufe gerieten bei vielen Frauen gar nicht in das Blickfeld. Wenn Technik aber schon im Unterricht vorkäme, dann könnten sie sich viel eher davon angesprochen fühlen.
Würde es aber nicht helfen, manche Ausbildungen attraktiver oder verständlicher zu benennen? In einigen Berufsverbänden wird darüber nachgedacht. Wie es beim BIBB heißt, habe man beispielsweise schon Ende der 90er-Jahre festgestellt, dass sich auf Stellen der „Mediengestalter/ in Digital und Print“ deutlich mehr Frauen bewarben als auf die Vorgängerberufe „Schriftsetzer/ in“ und „Druckvorlagenhersteller/ in“.
André John warnt allerdings davor, einen Namen nur zu Marketingzwecken zu vergeben. „Das Ganze muss insgesamt in das System passen und aussagekräftig sein.“
Karrierewege im Umfeld hinterfragen
Grundsätzlich geht es also für Jugendliche vor allem darum, herauszufinden, welche Ausbildungen es überhaupt gibt und was sich hinter den Bezeichnungen wirklich verbirgt. Berufsberaterin Sarah Müller empfiehlt Jugendlichen deshalb, auch im Alltag mehr darauf zu achten, was die Menschen im eigenen Umfeld beruflich machen, und aktiv das Gespräch mit Familie, Freunden und Bekannten zu suchen. „Junge Menschen können hinterfragen: Was haben meine Eltern eigentlich gelernt oder studiert, und was arbeiten sie heute? Als was arbeitet meine Tante, mein Cousin oder mein Nachbar?“
Auch aktiv zu beobachten, welche Berufsgruppen einem tagtäglich begegnen – wie die Verkäuferin, die Angestellten in der Bank, die Fahrerin der Straßenbahn – kann die Augen für neue oder unbekannte Berufsfelder öffnen. „Viele junge Menschen können nach genauerer Beobachtung zumindest Berufsbereiche benennen, die sie interessant finden“, so Müller. Dann würden sich etwa Praktika, der Girls’- und Boys’-Day oder Messebesuche auch gut eignen, um diese Berufe und Tätigkeiten einmal näher kennenzulernen. dpa