Wenig Eigenaufwand dank Künstlicher Intelligenz - Uni-Hausarbeiten mit KI zu schreiben, klingt verlockend. Doch so einfach geht das nicht. „Nur eine natürliche Person kann Urheberin eines Werkes sein“, stellt Malte Persike, Wissenschaftlicher Leiter des Centers für Lehr- und Lernservices (CLS) an der RWTH Aachen, klar. Ähnlich sieht es Reinhard Karger vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Saarbrücken.„Eine Studienarbeit ist eine eigene Leistung, die dazu dient, das wissenschaftliche Arbeiten praktisch zu üben“, sagt er. Das Ergebnis soll den Dozentinnen und Dozenten die Möglichkeit geben, bei Studierenden den erreichten wissenschaftlichen Kenntnisstand einschätzen zu können.
Solche Studienleistungen sind persönlich zu erbringen. Zitate sind zu kennzeichnen, verwendete Quellen und eingesetzte Hilfsmittel anzugeben. Wobei durchaus vorstellbar ist, dass Studierende KI als Hilfsmittel einsetzen. Das Problem:„Teilweise gibt es an den Hochschulen in Deutschland schon jetzt Regeln für KI-geschriebene Texte, teilweise nicht“, erklärt Persike. Dort, wo solche Regeln existieren, lassen sie mitunter Interpretationsspielraum.
Grauzone ohne Vorgaben
In einem vom NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten fordern Experten klare Vorgaben. Hochschulen sollten unmissverständlich festlegen, unter welchen Voraussetzungen Studierende KI-Programme einsetzen dürfen. Solange solche eindeutigen Regeln nicht vorliegen, bewegen sich Studierende, die KI bei ihrer Hausarbeit verwenden, in einer Grauzone. Und das ist nicht ohne Risiken. Zum einen gibt es das intellektuelle Risiko für einen selbst, sagt Karger: „Denn die in einer Hausarbeit verwendeten Aussagen hat man oft erst dann wirklich verstanden, wenn man sie auch selber geschrieben hat.“ Zum anderen laufen Studierende, die heimlich KI-Programme wie etwa ChatGPT verwenden, natürlich Gefahr, dass sie auffliegen. Die Konsequenz: „Wegen eines Täuschungsversuchs würde die Arbeit für ungültig erklärt, sie müsste dann wiederholt werden“, erklärt Persike.
Allerdings ist das Risiko, entdeckt zu werden, derzeit gering, so Karger. Je nach Aufwand, den man in die Beschreibung der Aufgabenstellung investiert, kann der von einer KI erzeugte Text so individualisiert sein, dass mithilfe von Software nicht zuverlässig festzustellen ist, ob ein KI-Programm eine Hausarbeit verfasst hat oder nicht. Aber das dürfte nicht so bleiben.
KI kann an vielen Stellen unterstützen
„Die Arbeiten zur Authentizitätssicherung von Autorschaft laufen auf Hochtouren, Fortschritte sind zu erwarten“, erklärt Karger. Sollten dann Studierende, die heimlich KI verwendet haben, auffliegen, müssten sie möglicherweise mit einer Abmahnung oder gar mit der Exmatrikulation rechnen. Auch wenn Urheberin oder Urheber der Hausarbeit immer eine natürliche Person sein sollten: Es gibt durchaus sinnvolle Einsatzmöglichkeiten von KI im Studium. „Arbeiten Mensch und Maschine zusammen, kann das durchaus etwas Gutes ergeben“, sagt Persike. Etwa wenn Studierende mit nicht perfekten Sprachkenntnissen ein KI-Programm dazu nutzen, mögliche Fehler aufzuspüren und zu beheben. Generell kann KI die Studierenden bei der fachlichen Durchdringung eines Lernstoffs unterstützen und so die wissenschaftliche Entwicklung fördern.„Bei jeder Form einer maschinell erbrachten sogenannten Leistung benötigen die Studierenden allerdings ein ausreichendes Maß an Skepsis und Urteilsfähigkeit“, betont Karger. Schließlich kann man sich aktuell nicht auf die fachliche und faktische Korrektheit der maschinell erzeugten Texte verlassen.
Nutzung von Kl muss angegeben werden
„KI kann beispielsweise auch dabei helfen, eine Arbeit zu gliedern oder eine Hausarbeit prägnanter zu formulieren“, sagt Persike. Ebenfalls denkbar: KI kommt zum Einsatz, um eine Schreibblockade zu lösen beziehungsweise das Leere-Blatt-Syndrom zu überwinden. Dabei formulieren Studierende die Aufgabenstellung spontan und in eigenen Worten. „Das maschinell erzeugte Ergebnis dient dann lediglich als Inspirationsquelle“, so Karger. Den finalen Text verfassen die Studierenden selbst.
Völlig unverfänglich ist es, KI dafür zu nutzen, relevante Studien und Artikel zu finden oder zusammenzufassen, die einen bei der eigenen Hausarbeit weiterbringen können. Dafür reicht es oft, in dem jeweiligen Programm ein bestimmtes Thema oder ein Schlagwort einzugeben - und schon bekommen Studierende Quellen genannt. „Wichtig ist, KI-Tools als Werkzeuge und nicht als Gegner zu betrachten“, so Persike. Aber ohne eindeutige Vorgaben der Hochschulen geht es nicht. Ist KI erlaubt, stehen Studierende in der Pflicht, unter einer Hausarbeit klar anzugeben, ob und welche Tools sie benutzt haben. Was aus Sicht von Karger auch vorstellbar ist: „Generative KI könnte langfristig einen ähnlichen Status erhalten wie zum Beispiel der Taschenrechner, dessen Verwendung bei der Erbringung einer Studienleistung vollkommen akzeptabel ist.“
dpa