Wie wäre eine Lehre in der Gastro?
Sonderveröffentlichung

Berufswahl & Zukunft Wie wäre eine Lehre in der Gastro?

Wendepunkt für die Ausbildung: Die Gastronomiebranche versucht einen Neuanfang für die Ausbildung. Was müssen angehende Azubis jetzt beachten?

Von den Folgen der Pandemie hat sich die Hotelbranche nicht weiter beeindrucken lassen.

17.09.2022

„Der Ausbildungsmarkt war schon vor der Pandemie wirklich, wirklich schwierig“, sagt Christoph Schink, der in der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) das Referat Gastgewerbe leitet. Seit 2011 habe sich die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Gastgewerbe halbiert. „Und die, die schon da waren, sind zum Teil auch gegangen.“

Gastgewerbe braucht qualifizierte Fachkräfte

Hannah Lehnert steht kurz vor ihrem zweiten Lehrjahr als Hotelkauffrau. Foto: Laura Ludwig/dpa-mag

Nichtsdestotrotz bleibt die Zuversicht: Die Angst, dass gar nicht mehr ausgebildet wird, habe sich nicht bestätigt. Vielmehr habe sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass es im Gastgewerbe qualifizierte Fachkräfte braucht.

Das zeigt auch das Beispiel von Hannah Lehnert. Die 20-Jährige hat im vergangenen Jahr eine Ausbildung zur Hotelkauffrau im Hilton Hotel Berlin begonnen. Ihren Berufswunsch hat sie sich durch die Auswirkungen der Pandemie auf die Branche nicht vermiesen lassen. „Für mich war schon lange klar, dass ich diesen beruflichen Weg einschlagen möchte.“ Daran konnten dann auch erste Zweifel ihrer Familie nichts ändern. Vielmehr war Lehnert froh, dass sie die Möglichkeit hatte, ihre Ausbildung zu starten. Womöglich steht die Branche in Sachen Ausbildung nun auch an einem Wendepunkt. Zumindest für potenzielle Nachwuchskräfte lassen sich positive Entwicklungen erkennen. „Unternehmen müssen sich mittlerweile sehr strecken, wenn sie Azubis bekommen wollen“, sagt Schink.

Die Gewinnung von Fachkräften sei für die Betriebe deutschlandweit eine Herausforderung, so Sandra Warden, Geschäftsführerin des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Gesucht würden Mitarbeitende sowohl in Metropolen als auch auf dem Land, in Städten ebenso wie in den Urlaubsregionen. Und diese „Enge des Arbeitsmarkts“, wie Schink es nennt, kann attraktiv sein. Für Auszubildende heißt das nicht nur, dass sie sich den Arbeitgeber in der Regel aussuchen können. Auch nach der Ausbildung steht ihnen die volle Bandbreite an Jobmöglichkeiten offen.

Welche Art von Ausbildung möchte ich machen?

Dehoga-Geschäftsführerin Sandra Warden rät angehenden Azubis, sich zu überlegen, was für sie bei der Wahl des Ausbildungsbetriebs persönlich besonders wichtig ist: Ist es die Möglichkeit einer internationalen Karriere? Oder passt ein Familienbetrieb in der Heimatregion, wo ich verwurzelt bin, besser zu mir? Auch die Abwägung zwischen einem Schwerpunkt auf den soliden handwerklichen Grundlagen oder auf innovativen, durchdigitalisierten Betrieben kann bei der Entscheidung weiterhelfen.

Ein Aspekt, der den Neustart der Ausbildung im Hotel- und Gastgewerbe weiter ankurbeln soll, ist die Neuordnung der Ausbildungsberufe. Zum 1. August 2022 gelten für die Berufe in Gastronomie, Hotellerie und Küche aufgefrischte Ausbildungsordnungen. Das soll die Ausbildungsqualität verbessern. Das scheint dringend nötig. Aus Sicht von Gisela Münchgesang etwa trägt auch das Bild, das die Öffentlichkeit zu Berufen im Hotel- und Gastgewerbe hat, zu den Rekrutierungsproblemen der Branche bei. Hier sieht sie Nachholbedarf, das geradezurücken.

"Es geht darum, dass der Gast eine schöne Zeit hat."
Hannah Lehnert, Auszubildende

Auch Azubine Hannah Lehnert hat vor ihrer Ausbildung zur Hotelkauffrau im Internet recherchiert – und viel davon gelesen, dass Azubis den ganzen Tag Zimmer sauber machen. Ihr Ausbildungsalltag sieht nun ganz anders aus. Die angehende Hotelkauffrau mag besonders, dass sie viel Eigenverantwortung hat und zahlreiche Abteilungen des Hotels kennenlernen kann: von der Buchhaltung über den Roomservice bis hin zur Warenannahme. Hannah Lehnert zufolge sollte, wer sich für die Ausbildung im Hotel interessiert, unter anderem Flexibilität, Wissbegierde und Teamfähigkeit mitbringen. Sie ist überzeugt: „Eine gewisse Affinität für Dienstleistungen gehört natürlich dazu. Es geht darum, dass der Gast eine schöne Zeit hat.“ dpa