IHK Reutlingen: Über 60 000 Beschäftigte werden fehlen
Sonderveröffentlichung

Chance! IHK Reutlingen: Über 60 000 Beschäftigte werden fehlen

Es herrscht ein großer Fachkräftemangel in den regionalen Betrieben. Das neue Projekt der IHK ,,Goldcard" positioniert attraktive Ausbildungsbetriebe und stellt diese sichtbar nach außen

Der Hallenplan für die Ausbildungs- und Studienmesse ,,Chance!"

30.03.2023
Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK.
Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK.

Aktuelle IHK-Umfragen zeigen: Für 61 Prozent der heimischen Betriebe ist der Fachkräftemangel das aktuell größte wirtschaftliche Risiko- und das schon seit Jahren. Die Situation wird sich weiter verschärfen: Bis 2035, so die Prognose für die drei Landkreise der Region Neckar-Alb, werden 61 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf dem Arbeitsmarkt fehlen. ,,Diese Zeitachse ist wirklich überschaubar. Es geht hier nicht um ein Problem in einer weiter entfernten Zukunft. Wir haben akuten Handlungsbedarf, den wir dringend angehen müssen", warnt Wolfgang Epp, der Hauptgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer (IHK) Reutlingen.

Gesucht werden vor allem Fachkräfte mit einer dualen Berufsausbildung, 2035 werden etwa 50 000 fehlen. Zum Mangel kommt noch die absehbare Demografie: Das aktuelle Durchschnittsalter der Region Neckar-Alb liegt bei 43,6 Jahren. „Es gibt mehr Menschen über 40 als unter 40 Jahren", ordnet Antonia Hettinger, Leiterin Volkswirtschaft und regionale Wirtschaftspolitik bei der IHK, ein.

Die IHK will ihre regionalen Projekte für die Fachkräfteentwicklung im neuen Jahr noch einmal ausbauen. Schon bisher kümmert sie sich über die Initiative ,,Wirtschaft macht Schule" darum, Schülerinnen und Schüler sowie regionale Betriebe in Kontakt zu bringen.

Über solche Kooperationen können junge Leute in Betriebe hineinschauen und Praktika absolvieren, Ausbildungsbotschafter kommen in Schulklassen, um Ausbildungsberufe vorzustellen, mit Messen wie den IHK-Berufsinfotagen sorgt die Industrie- und Handelskammer für direkte Vermittlung und über soziale Medien werden Berufe vorgestellt und offene Lehrstellen geteilt.

Neues Projekt Goldcard

Das neueste Projekt der IHK Reutlingen in diesem Feld ist die IHK-Goldcard. Sie gibt Unternehmen die Möglichkeit, sich als attraktive Ausbildungsbetriebe zu positionieren und dieses Engagement nach außen sichtbar darzustellen. ,,Damit bieten wir auch einen Beitrag zur Ausbildungsqualität, weil wir die Wahrnehmung stärken“, erklärt Céline Brunet, Projektmanagerin Ausbildungsmarketing und verantwortlich für das neue Projekt. Weitere Vorteile für die teilnehmenden Unternehmen: Sie bekommen im Paket vergünstigte Leistungen der IHK in Form von Weiterbildungen für Ausbilderinnen und Ausbilder, Netzwerk-Teilnahmen oder Vermarktungsunterstützung.

Die Goldcard hilft Unternehmen, weiter an ihrer Arbeitgebermarke zu arbeiten. „Die Bedeutung des eigenen Rufs auf dem Arbeitsmarkt wird immer wichtiger", betont Brunet. Wolfgang Epp ergänzt: ,,Die Betriebe erkennen in der Breite erst nach und nach, dass sie selber mehr tun müssen, um wahrgenommen zu werden. Spätestens, wenn keine Bewerbungen mehr kommen, muss etwas passieren."

Mit Blick auf den Fachkräftemangel spricht sich die IHK dafür aus, das Potenzial von Frauen noch stärker zu heben. Wegen fehlender Kinderbetreuungsmöglichkeiten sind es weiter nach wie vor Frauen, die ihre Arbeit reduzieren. ,,Angesichts der exzellenten Ausbildung der allermeisten Frauen ist das auch ein enormer volkswirtschaftlicher Schaden", kritisiert Epp.

Daneben sollte vor allem die Fachkräftezuwanderung forciert werden. Eine Reform des Fachkräfte einwanderungsgesetzes, wie vom Bundesgesetzgeber zuletzt angekündigt, ist aus Sicht der regionalen Wirtschaft richtig. Dabei sollte vor allem die Einwanderung zur Ausbildungsplatzsuche vereinfacht werden und die bestehende Vorrangprüfung für einheimische Bewerbungen wegfallen. Nach einer Ausbildung stehen nach deutschen Standards ausgebildete Fachkräfte zur Verfügung. Die Integration in Arbeitsmarkt und Gesellschaft findet dabei bereits während der Ausbildung statt. ,,Die jungen Leute, die für die Ausbildung zu uns kommen, sind über Betrieb und Berufsschule vom ersten Tag an eingebunden, bekommen automatisch Kontakte und finden sich besser zurecht", so Wolfgang Epp. Zeitlich flexible Sprachkurse müssen den Berufseinstieg ergänzen und auch auf die Anforderungen der Arbeitswelt angepasst sein.

Info
Céline Brunet, Projektmanagerin Ausbildungsberatung bei der IHK Reutlingen, wird bei der Hechinger Ausbildungs- und Studienmesse ,,Chance!" in der Stadthalle ,,Museum" um 10 Uhr und um 11 Uhr Kurzvorträge zum Thema Bewerbung geben.