Der Frauenhandball soll attraktiver werden. Deshalb wurde zur Spielzeit 2024/2025 die Liga verkleinert, ihr zudem ein neuer Modus verpasst. Es geht zurück zu den Play-offs, die eine Renaissance erleben, wurden doch schon 21 Titelträger mittels des KO-Systems ermittelt. Wir haben Manager Ferenc Rott zu diesem Aspekt befragt – und allem, was mit seiner TuS Metzingen zu tun hat.
Herr Rott, in der Handball-Bundesliga der Frauen geht es zurück zu einem System, das schon früher umstritten war. Wie stehen Sie zu der Einführung der Play-offs?
Ferenc Rott: Ich würde mich nicht als Freund der Play-offs bezeichnen. Handball ist ein traditioneller Sport. Meister sollte die Mannschaft werden, die über die ganze Saison die beste Leistung bringt. Nicht jene, die in den Playoffs von etwaigen Verletzungen beim Gegner oder einer Leistungsdelle zur Unzeit profitiert. Paradebeispiel ist für mich die deutsche Meisterschaft der Ulmer Basketballer vor zwei Jahren, mit der nun wirklich niemand gerechnet hat. Für Überraschungen ist der Pokal da, wie man an unserem Erfolg in diesem Jahr sehen kann.
Der Ulmer Meistertitel hatte aber etwas Magisches, die Donau kochte über. Genau das ist doch das Salz in der Suppe – solche Sensationen.
Keine Frage. Marketingtechnisch ist es einen Versuch wert. Der Frauenhandball wird sicher davon profitieren, wenn es die eine oder andere Überraschung in den Playoffs gibt, eine höher gewettete Mannschaft gegen einen vermeintlichen Underdog auf der Strecke bleibt. Man muss zugeben, dass in den vergangenen Jahren das Titelrennen oft eintönig und langweilig war.
Wenn wir schon bei den Favoriten sind. Welche haben Sie auf dem Zettel?
Natürlich immer noch Ludwigsburg. Der neue Modus kann aber eventuell dazu führen, dass dem Thüringer HC, Bensheim und Dortmund eher eine Überraschung gelingen kann.
Jetzt haben Sie doch glatt die eigene Mannschaft vergessen.
Da setzte ich die Erwartungen nicht zu hoch an. Die Liga ist ausgeglichen wie noch nie, das haben schon die ersten Ergebnisse gezeigt. Natürlich sind die Play-offs unser Ziel. Wenn es am Ende Platz fünf wird, hätten wir zumindest ein Heimspiel im Viertelfinale des DHB-Pokals sicher, stünden eine Runde vor dem Final4. Das ist doch auch nicht schlecht. Die Play-Downs gilt es indes zu vermeiden. Da muss man höllisch aufpassen, weil es am Ende den Tabellenneunten noch erwischen kann, der vielleicht nur einen Punkt von den Play-offs entfernt war.
Es hat sich einiges geändert bei den TusSies. Unter anderem gibt es einen neuen Trainer. Peter Woth kam für Werner Bösch. Der ehemalige Co wird Chef.
Neue Chancen – neue Risiken. Das gilt bei jedem Trainerwechsel. Peter Woth muss den Druck aushalten, der nun auf ihm lastet. Es ist eine gänzlich andere Rolle, ein Co-Trainer wirkt ja immer eher im Hintergrund. Ich kenne Peter ein bisschen, er kennt mich und meine Denkweise. Wenn ich nicht überzeugt wäre, dass es passt, hätte ich ihn ja nicht verpflichtet. Mit Tobias Renz hat er zudem einen loyalen Co-Trainer, der zuvor bei der HSG Stuttgart-Metzingen hervorragende Arbeit geleistet hat.
Unter anderem trainiert Peter Woth die eigene Tochter. Aber Viktoria ist ja eine liebe, da gibt es sicher keine Probleme.
Ob lieb oder nicht, ist nicht entscheidend. Ich hoffe, dass sie es hinbekommen. Im Spiel und im Training darf er sie nicht als seine Tochter sehen. Punkt. Das konnten sie in diversen Stationen ja schon üben, als Peter und Viki in Jugendmannschaften miteinander zu tun hatten. Kommen wir zu den Veränderungen im TuS-Kader. Da hat sich ja einiges getan. Finde ich gar nicht. Klar sind mit Maren Weigel und Dagmara Nocun zwei Spielerinnen gegangen, die in puncto Persönlichkeit und Leistung erst einmal ersetzt werden müssen.
Kann man Nele Franz als den Königstransfer bezeichnen und sehe ich es richtig, dass sie schon weiter ist als man erwarten konnte? Sie hat wie selbstverständlich sofort die Chefrolle übernommen.
In der Tat. Sie macht nach den zwei Kreuzbandrissen einen super Weg. Wir müssen aber geduldig bleiben. Es war zudem nicht leicht, da der Wechsel sehr spät zustande kam, sie schon bei einem anderen Klub unterschrieben hatte. Doch auch de anderen Neuen passen, zum Beispiel die beiden Linksaußen. Selina Kalmbach ist die Zuverlässigkeit in Person. Und Lois van Vliet ist ein Riesen-Talent. Das gilt auch für Katharina Goldammer, die mit ihren 16 Jahren behutsam herangeführt wird. Elinore Johansson muss nach einem verlorenen Jahr in Ungarn wieder Selbstvertrauen aufbauen.
Die junge Mutter Sandra Erlingsdottir hat angekündigt, so schnell wie möglich aufs Feld zurückzukehren, hat via Hallenmikro schon nach Babysittern gesucht. Wie ist da der Stand?
Anfang Oktober will Sandra wieder ins Teamtraining einsteigen. Das ist ihr Plan und mit dem Mutterschutz vereinbar. Da wird aber auch die medizinische Abteilung noch ein Wörtchen mitreden. Dass es ihr nicht schnell genug gehen kann, ist jedem klar, der sie auch nur ein bisschen kennt.
Kürzlich hat Bundestrainer Markus Gaugisch sein Aufgebot für einen Nationalmannschafts-Lehrgang im September nominiert. Mit Ida Petzold, Sabrina Tröster, Marie Weiß und Jana Scheib sind vier TusSies dabei, drei von ihnen Eigengewächse. Das freut doch den Manager der Pink Ladies.
Klar. Sie wissen aber ganz genau, dass es nur eine Sichtung ist, ein Lehrgang für Perspektivspielerinnen, die noch viel trainieren müssen. Für die ganz jungen Spielerinnen ist es eine Bestätigung dafür, dass sie eine bärenstarke Saison gespielt haben. Und Jana Scheib hat es längst verdient, wäre schon zu ihrer Zeit in Bad Wildungen dran gewesen.
Jetzt sind die TusSies, wir erinnern uns, sensationell Pokalsieger geworden, haben in einer epischen Schlacht Bietigheim niedergerungen. Da müssen doch die Sponsoren Schlange stehen.
Es ist nicht ganz so. Corona, Krieg und Energiekrise sind nach wie vor Themen, die die Wirtschaft beschäftigen. Es ist für Unternehmen nicht die allerbeste Zeit, sich in einer Randsportart zu engagieren. Neue Sponsoren sind in der Tat gekommen, einen großen werden wir demnächst noch vorstellen, andere mussten aber reduzieren oder ganz aussteigen. Unter dem Strich steht mehr als zuletzt, wir sind bei einer guten Million Etat. Wenn wir die Gruppenphase in der European League erreichen, kann es noch einen Schub geben. Man darf aber Umsatz nicht mit Gewinn verwechseln. Wir sind, um es auf den Punkt zu bringen, ein Non-Profit-Unternehmen.
Diese Saison noch in der Öschhalle, dann folgt der Umzug nach Tübingen in die Paul-Horn-Arena. Oder gibt es da etwas Neues?
Gibt es. Die Vorgaben wurden ein Jahr ausgesetzt, bis 2026. Januar 2025 wird man wohl endgültig wissen, was Sache ist. Der rigorose Plan hat zunächst Tribünen auf zwei Seiten samt einer Kapazität von 1500 vorgeschrieben. Es gibt allerdings neue Bedingungen. So muss Richtung Tribüne gefilmt werden, was mit ferngesteuerten Kameras möglich sein wird. Eine LED-Bande anzubringen ist schon schwieriger, würde eine Sitzreihe wegnehmen. Wir sind im Austausch mit der Stadt, was da gemacht werden kann. Plan ist, dass wir für große Spiele nach Tübingen gehen, wie auch schon in dieser Spielzeit kurz vor dem Jahreswechsel zwei Mal. Da mussten wir Gespräche mit den Tigers Tübingen führen, die sehr angenehm waren. Wolfgang Seitz