Der verletzte Kapitän der Schwäbisch Hall Unicorns geht doch mit aufs Spielfeld und bekommt den Pokal
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DIE UNICORNS - SAISON RÜCKBLICK Der verletzte Kapitän der Schwäbisch Hall Unicorns geht doch mit aufs Spielfeld und bekommt den Pokal

Endspiel - Der German Bowl hat mal wieder für viele Emotionen und Randgeschichten gesorgt. Aufseiten der Schwäbisch Haller überwiegt nach Spielschluss natürlich die Freude – was in den vergangenen zwei Finals nicht der Fall war. Hier sind die Splitter zum Triumph der Schwäbisch Hall Unicorns gegen die Potsdam Royals.

Na, wie haben wir das gemacht? Assistent-Coach Gerry Jäger (links) und Cody Pastorino freuen sich über den Finalsieg. Fotos: Manfred Löffler

11.10.2022

Abseits des Trubels nach der Siegerehrung steht ein alter Bekannter in der Unicorns-Teamzone. Er trägt ein grünes Trikot, so wie er es auch genau vor einem Jahr getan hat. Aber diesmal stand Alexander Haupert nicht auf dem Feld. Der letztjährige Unicorns-Quarterback hatte sich 2021 im Finale gegen Dresden das Schlüsselbein gebrochen, nachdem er schon angeschlagen ins Spiel gegangen war. „Ich habe heute als Physiotherapeut die Mannschaft unterstützt“, erklärt Haupert nach Spielschluss. So war er beim Titelgewinn seiner alten Mannschaft hautnah dabei. Ein bisschen schmerze es schon, dass es im vergangenen Jahr nicht geklappt habe, „aber ich freue mich jetzt natürlich für meine ehemaligen Mitspieler“, sagt Haupert mit ein bisschen Wehmut in der Stimme. Seine Karriere musste er auch wegen Knieproblemen im vergangenen Jahr beenden.

Schon auf dem Waldparkplatz gegenüber des Frankfurter Deutsche Bank Parks war das „Übergewicht“ an Haller Fans zu erkennen. Viele Autos mit SHA-Nummernschildern oder benachbarten Städten säumten das weitläufige Schottergelände. Dazu standen die vier Fanbusse aus Hall unübersehbar in der Mitte des Parkplatzes, unweit der Brücke, die über die Hauptstraße zum Stadion führt. Fahrzeuge mit Potsdamer Kennzeichen suchte man indes vergebens.

Wie steht‘s gerade? Wie lang ist noch zu spielen? Welcher Versuch ist das jetzt? Es fällt nicht immer einfach, die Übersicht während eines Footballspiels zu behalten. Da hilft es natürlich sehr, wenn es wie im Frankfurter Stadion einen großen Videowürfel unter dem Dach gibt, auf dem das Spiel live gezeigt wird. Deswegen reckten sich die Hälse des Öfteren mal in der Haller Teamzone, um einen besseren Blick auf das Geschehen erhaschen zu können, wenn zum Beispiel die Sicht durch die anderen Mitspieler direkt an der Seitenlinie versperrt ist. Den Videowürfel sieht man dann nämlich auch, wenn man auf den Gitterdrahtsitzbänken in der Teamzone Platz nimmt, um mal durchzuschnaufen.

Eine Stunde vor Spielbeginn tummeln sich noch die Mehrzahl der Zuschauer auf dem Gelände vor dem Stadion, genauer gesagt am Trainingsplatz. Denn die Zaungäste wollen das Aufwärmen der beiden Teams sehen. Insbesondere bei den Unicorns erhaschen die Fans nochmal einen Blick auf die Spieler, bevor es dann gleich losgeht. Da wird auch schon mal das Handy durch das Gitter gesteckt, damit nicht der Zaun das Bild des Videos stört.

Der Weg zum Spielfeld führt für die akkreditierten Fotografen über die Tiefgarage des Stadions. Ohne die Hilfe des Security-Dienstes würde sich wahrscheinlich der ein oder andere verlaufen. Da die Fußball-Profis von Eintracht Frankfurt an diesem Tag ein Auswärtsspiel in Bochum haben, gehört ihre Heimstätte mal für einen Tag den Footballern. Aber der Eintracht-Adler als Wappen ist trotzdem überall zu sehen, auch die Schriftzüge der Fußball-Bundesliga und der Champions League deuten darauf hin, dass dieses Stadion normalerweise von den Fußballern genutzt wird. Rund 50 000 Besucher passen in die imposante Betonschüssel, die knapp 9600 beim German Bowl füllen es daher kaum aus. In dieser Form ist der Deutsche Bank Park für dieses Ereignis überdimensioniert, auch wenn trotzdem ordentlich Stimmung aufkommt, weil das geschlossene Hallendach die Atmosphäre verbessert.

Einer der Unglücksraben des Abends heißt Simon Butsch. Der Haller Verteidiger mit der Nummer 92 muss noch in der ersten Halbzeit verletzt vom Feld. Den Rest des Spiels muss er mit Krücken vom Spielfeldrand aus anschauen. Auch beim Jubeln nach Spielschluss ist er gehandicapt, auf den Krücken kann man sich eben nicht so schnell um den Hals fallen als ohne.

Die Betreuer des Teams leisten während der drei Stunden Spielzeit auch Schwerstarbeit. Quasi im Akkord werden die Trinkbecher mit Wasser gefüllt. Wenn die Spieler was essen wollen, zwei Schüsseln mit Gurken- oder Apfelscheiben stehen auf dem Tisch parat. Mannschaftsarzt Klaus Böhme und Physio sind sowieso gefragt, denn ein Footballspiel fordert seinen Tribut in Form von Verletzungen.

Beim „Coin Toss“, also dem Münzwurf vor dem Spiel, wird entschieden, welche Mannschaft zuerst den Ball kickt. Dazu kommen die Teamkapitäne beider Mannschaften und die Schiedsrichter in der Mitte des Feldes zusammen. Auch Cody Pastorino trat den Weg in die Mitte als einer der Haller Teamcaptains an. Das waren aber auch seine einzigen Schritte auf dem Feld, denn Pastorino fällt aufgrund einer Brustmuskelverletzung schon seit längerem aus. Trotzdem ließ er sich es nicht nehmen, umgezogen im Teamtrikot mit seiner Nummer 6, den Münzwurf zu begleiten. Und er ist es dann auch, der den Pokal als Erster aus den Händen des Präsidenten des American Football Verbands Deutschland, Robert Huber, entgegennimmt. Dazwischen fungiert Pastorino als Motivator und Tippgeber für seine Mitspieler in der Defense, quasi als weiterer Assistent Coach für Defense Coordinator Jonny Brenner.

Huber übrigens, der umstrittene Präsident, ist an diesem Abend kaum wahrnehmbar. Als Pflichtprogramm übergibt er lediglich die Medaillen und den Pokal an die Sieger, bei der Pressekonferenz nach der Partie lässt er sich in den letzten fünf Minuten mal blicken. Zu Wort meldet er sich nicht. Souverän wirkt das alles nicht.

Für den Haller Headcoach Jordan Neuman ist es der dritte deutsche Meistertitel. Wie fühlt es sich im Vergleich zu den anderen beiden Meisterschaften an? „Man hat alle lieb. Das ist so wie bei den eigenen Kindern“, lacht Neuman und stellt einen treffenden Vergleich auf. „Es ist immer etwas Besonderes.“ Neumans Bilanz als Headcoach ist weiterhin schier unglaublich. Seit 2017 hat er mit seiner Mannschaft genau zwei(!) Begegnungen verloren: die German-Bowl-Finals 2019 und 2021 gegen Braunschweig und Dresden. 2020 fiel zwar die Saison Corona zum Opfer, aber dennoch ist diese Statistik für Neuman und seinen Coaching-Staff ein Prädikatssiegel.

Statistiken spielen im Football sowieso eine große Rolle, also was sagt uns der Blick auf die Zahlen des German Bowls? Die Potsdam Royals haben sogar mehr First Downs erzielt (28) als die Haller (23), dafür liegen die Unicorns beim Raumgewinn mit 410 zu 344 Yards vorne. Beim Raumgewinn durch Pässe lagen beide Teams quasi gleichauf, aber die Haller warfen nur 14 Pässe, die Potsdamer 26. Das Laufspiel war dementsprechend bei Hall erfolgreicher. Im Durchschnitt machten die Haller pro Spielzug 8,2 Yards Raumgewinn, Potsdam nur 4,7. Die Potsdamer hatten etwas länger den Ball: 25:13 Minuten zu 22:47 Minuten. Hall erhielt sogar mehr Strafen, nämlich zehn für insgesamt 84 Yards, bei den Royals waren es sieben Strafen für 66 Yards Raumverlust. Am Ende aber zählen nur die Punkte und da hat Hall mit 44:27 bekanntlich die Nase vorne.

Als faire Verlierer zeigten sich dann die Potsdam Royals. „Glückwunsch an Schwäbisch Hall, sie waren heute in allen drei Bereichen, Offense, Defense, Special Teams, besser“, erklärt Royals-Headcoach Michael Vogt. Gefragt nach der riskanten Spielweise mit vielen Onside-Kicks und ausgespielten vierten Versuchen, sagte er: „Wir hatten einen guten Plan, dachten wir“, was zu Schmunzlern im Presseraum führte. „Es war so geplant, wir wollten so spielen.“ Vogt und auch sein Spieler Leonard Bosch kündigten schon an, nächstes Jahr wiederkommen zu wollen und dann am Ende auch den German Bowl zu gewinnen. Viktor Taschner


Rückkehr der Nord-Süd-Spiele

Football - Bei der Versammlung von GFL und Vereinen in Frankfurt werden am Sonntag die Weichen für die Spielzeit 2023 gestellt.

Frankfurt. Traditionell trafen sich die Vertreter der GFL und der GFL 2 am Sonntag nach dem German Bowl zu ihrer jährlichen Versammlung. In dem Treffen der Bundesligisten samt Mitgliederversammlung des Ligaverbundes GFL wurde in Frankfurtt „die vergangene Saison beleuchtet sowie wichtige Beschlüsse gefasst", heißt es in einer Mitteilung.

So wird es in der kommenden Saison für jeden GFL-Verein zwei Punktspiele mehr geben, denn die Interconference-Spiele zwischen der Nord- und der Süd-Gruppe werden nach elf Jahren Abstinenz wieder Einzug in den Spielplan der deutschen Topliga halten.

Vergleich schon vor den Playoffs

Bis zur Saison 2011 waren die Interconference-Spiele fester Bestandteil des Spielplans. Insbesondere die sportliche und wirtschaftliche Ungleichbehandlung der GFL-Vereine habe vor elf Jahren für deren Abschaffung gesprochen, heißt es in der Pressemitteilung des Verbands weiter.

Heute sehen die Vereine in solchen Begegnungen mehrheitlich einen Mehrwert für die Liga, erlauben sie doch einen sportlichen Nord-Süd-Vergleich bereits vor den Playoffs. t „Wir haben damit einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung nach Corona getan", sagt Jörg Dressler, der in der GFL für die Spielplanung verantwortlich ist. t „Wie wir die nächsten Schritte gehen können, um die Attraktivität der Liga für unsere Sportler, Fans und Partner ab 2024 weiter zu steigern, werden wir nun erarbeiten."

Für diese Aufgabe haben die GFL-Vereine in einem zweiten Beschluss einstimmig eine Kommission eingesetzt, die bis zum Jahresende entsprechende Vorschläge zur Weiterentwicklung der GFL vorlegen soll.

Die nächste GFL-Saison beginnt am 20. Mai, in der GFL 2 ist es der 27. Mai 2023. So zeigt es der am Sonntag präsentierte Rahmenterminplan für das kommende Jahr auf, der mit dem German Bowl XLIV am 14. Oktober endet.

In der Versammlung tauschten sich die 32 GFL-Vereine über die zurückliegende Saison 2022 ebenso wie über die im Winter anstehenden Projekte zur Vorbereitung und Ausgestaltung der Saison 2023 aus. Thema war dabei auch das bereits laufende Lizenzierungsverfahren 2023, über das auch in diesem Jahr AFVD-Vizepräsident Uwe Talke wacht. Talke gab bekannt, dass er nach mehr als 25-jähriger Tätigkeit in der Liga und seit 1997 im Präsidium des Bundesverbandes zum Jahresende aus dem Amt scheidet.