In Zeiten, in denen Energie knapp und teuer ist, suchen viele Verbraucher nach Alternativen, selbst Strom erzeugen zu können. Mini-Photovotaik-Anlagen von 300 oder 600 Watt, sogenannte „Balkonanlagen", die einen Teil der Strom-Grundversorgung abdecken sollen, boomen. Daher lautet die dringende Empfehlung vom Fachverband Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg: Vor Einsatz des Gerätes sollte eine qualifizierte Fachkraft des E-Handwerks den Anschluss prüfen.
Denn wer glaubt, so die Experten, dass man so eine Anlage im Internet bestellen und einfach an sein Stromnetz daheim anschließen kann, der irrt. Dies sei sogar so ohne Weiteres nicht erlaubt, warnt Thomas Bürkle, Präsident des Fachverbands Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg.
Stromkreise müssen geeignet sein
Es hört sich so leicht an: Man bestellt oder kauft sich eine Balkonanlage, steckt sie an und schon kann der Verbraucher selbst Strom produzieren. ,,Vorsicht", sagt Thomas Bürkle. ,,Es sind Probleme zu erwarten, wenn man so handelt. Denn die Stromkreise, an denen man diese Anlagen anschließt, müssen dafür geeignet sein." Bei unsachgemäßer Verwendung drohe eine Überlastung.
Wichtig ist daher, dass eine qualifizierte Elektrofachkraft aus einem Elektrofachbetrieb den Anschluss der gekauften Anlage überprüft und bewertet. Eventuell muss ein neuer Stromkreis errichtet oder ein bestehender Stromkreis zum Beispiel durch Nachrüstung eines Fehlerschutzstromschalters, der Leben retten kann, angepasst werden.
Eine spezielle Einspeise-Steckdose ist darüber hinaus notwendig, damit eine Gefährdung durch spannungsführende Teile ausgeschlossen ist. Sind diese Voraussetzungen gegeben, dann kann ein Steckersolargerät auch gefahrlos angesteckt werden. ,,Es gehört alles, insbesondere der bestehende Stromkreis, in den eingespeist werden soll, sicherheitstechnisch überprüft", so Bürkle.
Und: So eine Mini-Photovoltaik-Anlage muss, egal was beispielsweise Internetblogs, YouTube-Videos und sonstige Veröffentlichungen suggerieren, beim Netzbetreiber angemeldet werden, ebenso beim Marktstammdatenregister.
Wer zur Miete wohnt, sollte auch in seinem Mietvertrag nachsehen, ob er so etwas beim Vermieter vorher genehmigen lassen muss. Den technisch und rechtlich einwandfreien Weg zu gehen, ist wichtig, unterstreicht Bürkle: Falls es irgendwann zu einem Brand, Absturz oder auch Schäden durch mutwillige Zerstörung kommt, könnte im schlimmsten Falle auch die Versicherung eine Regulierung des Schadens verweigern oder stark reduzieren.
Passender Zähler
Gerade bei der Montage außen am Balkon sollte ein Befestigungssystem mit Baumusterzulassung verwendet werden. ,,Wir kennen das bei den fassadenintegrierten PV-Anlagen in Form von Modulen und Befestigungen, die dann auch für die Überkopf-Montage geeignet und zugelassen sind," so Bürkle.
Eventuell muss auch der Stromzähler ausgetauscht werden, weil dieser sonst rückwärts läuft, was nicht zulässig ist. Der Vorwurf des Stromdiebstahls könnte dann im Raum stehen. Mit dem passenden Zähler ist gesichert, dass verbrauchte Strommengen korrekt erfasst und gegebenenfalls auch steuerliche Probleme vermieden werden.
Bringen diese Balkonanlagen überhaupt etwas? ,,Ja, unbedingt. Es macht schon Sinn, weil es die Grundlast tagsüber abdeckt und zum Beispiel den Kühlschrank mit Strom versorgen kann. Deshalb unterstützen wir diese Technologie auch - aber sie sollte sicher angewendet werden. Die E-Handwerksunternehmen im Land sind aktive Gestalter und Partner der Energiewende," so die Einschätzung von Bürkle. Dies gelänge aber nur dann, wenn alles richtig angeschlossen, für die Nutzer absolut sicher und beim Netzbetreiber korrekt angemeldet sei.
Qualifizierte Innungsfachbetriebe aus dem Elektrohandwerk in der Region finden Interessierte unter www.elektrohandwerk.de/fachbetriebssuche. pm
Starke Branche
Der Fachverband Elektro- und Informationstechnik Baden-Württemberg ist die Dachorganisation der 37 Elektro- beziehungsweise Informationstechniker-Innungen im Land und vertritt als Arbeitgeber- und Wirtschaftsverband die Interessen von rund 7500 Handwerksunternehmen der Elektrotechnik, der Informationstechnik und des Elektromaschinenbaus. Die knapp 60 000 Beschäftigten der Branche erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von mehr als sieben Milliarden Euro. pm