Volksfest in Crailsheim: Mit Dreispitz und Helm
Sonderveröffentlichung

Fränkisches Volksfest Crailsheim Volksfest in Crailsheim: Mit Dreispitz und Helm

Motto des Festzuges lautet „Luuschd, Laad und Laid - Craalse in alter Zeit“ - Die Umzüge zeigen Details der Historie - Lia Wamser ist „Herrin der Kostüme“ im städtischen Kostümfundus.

Lia Wamser hat immer was zu tun, auch wenn der Großteil der Kostüme aus ihrem Fundus derzeit an den Schulen ist. Foto: Ute Bartels

19.09.2024

Dieses Jahr wird der Festumzug besonders spannend: Nach fünf Jahren Pause sind wieder die historischen Gewänder und detailverliebten Kostüme bei den Schülerinnen und Schülern angesagt. Hinter den Kulissen arbeitete eine Frau unermüdlich, um diese Tradition am Leben zu erhalten – Lia Wamser, die „Herrin der Kostüme“ im städtischen Kostümfundus. 

Ihr Reich ist mittlerweile fast leer: Die Schulen haben ihre historischen Gewänder für die großen Festzüge längst bekommen. Die Hauptarbeit von Lia Wamser, der Leiterin des Fundus, ist damit vorerst erledigt. Nur noch wenige Tage trennen die Crailsheimerinnen und Crailsheimer von den großen Festzügen, die erstmals seit fünf Jahren wieder mit den Schulen stattfinden, bedingt durch die Corona-Pause.

Für Wamser begann ihre Reise im Kostümfundus auch vor etwa fünf Jahren, unmittelbar nach dem Volksfest. „Ich habe nur noch die Nacharbeiten mitbekommen“, erinnert sie sich. Das diesjährige Motto lautet „Luuschd, Laad und Laid – Craalse in alter Zeit“. Mehr als 40 Gruppen nehmen an den Festzügen teil, darunter die Schulen, Kapellen und andere lokale Gruppen. Die Schülerinnen und Schüler schlüpfen in historische Rollen und erwecken Szenen aus der Stadtgeschichte zum Leben. Dank des städtischen Kostümfundus tragen die fränkischen Bauern typische Dreispitze, das edle Gefolge der Gräfin schwelgt in Samt und der mittelalterliche Soldatentrupp marschiert in Helmen und mit Armbrüsten zur Stadtmauer. 

Jedes Kostüm in der Hand

Für die gebürtige Hamburgerin Lia Wamser, die mit einem echten Crailsheimer verheiratet ist, stehen die Festzüge schon immer fest auf dem Programm, Samstag wie Sonntag, bei jedem Wetter. „Das ist immer das Highlight für uns und unsere beiden Kinder“, sagt sie. In diesem Jahr haben die schulischen Festzüge aber schon eine andere Bedeutung: „Ich habe jedes Kostüm selbst in der Hand gehabt, das wird also richtig spannend für mich und darauf freue ich mich.“ Einige Kostüme mussten sogar neu entworfen und genäht werden, da die alten nicht mehr brauchbar waren. Wamser liebt es, sich in die historischen Epochen hineinzudenken und kreative Designs zu entwickeln. Für sie ist das Nähen mehr als nur ein Beruf – es ist eine Berufung. „Ich habe Schneiderin gelernt, bevor ich dann Textiltechnik studiert habe. Ich liebe mein Handwerk“, erklärt sie leidenschaftlich. Ihre Liebe zu Stoffen und Nadelarbeiten wurde ihr in die Wiege gelegt: „Mein Opa väterlicherseits war Herrenschneider und meine Oma mütterlicherseits war Schneidermeisterin fürs Stuttgarter Ballett.“

Schon früh nähte Wamser Kleider für Puppen und später für sich selbst. An den historischen Kostümen für die anstehenden Festzüge nähte sie wochenlang und besserte aus. Teilweise mussten Kostüme komplett erneuert werden. Da kam es gerade recht, dass eine der Crailsheimer Realschulen ihren Theaterfundus ausräumte, wo sich Lia Wamser bedienen konnte. Denn gleichzeitig meldete eine andere Schule eine ganze Klasse für die Festzüge nach. 

Viel zu tun auch danach

Und während die Schulen bis dahin noch einmal alles geben müssen, kann Lia Wamser diese Zeit zwischen dem Schulanfang und dem Volksfest-Wochenende erst einmal ruhig angehen lassen. Doch nach dem Volksfest beginnt für sie der nächste Marathon: Die Kostüme müssen gereinigt, geprüft und repariert werden. Dann kehrt der Alltag im Kostümfundus wieder ein. 

Dort können übrigens auch Privatpersonen und Theatergruppen gegen eine kleine Gebühr historische Kostüme auszuleihen. „Die kommen teilweise aus Ellwangen oder Waldtann“, sagt Wamser. „Ich freue mich sehr, dass sich die Stadt Crailsheim das leistet, so ein Kostümfundus ist toll, aber auch Luxus.“ Die Vorbereitungen für die kommenden Jahre laufen bereits. Während das Gewerbe für seine Festzüge zum Volksfest den Kostümfundus eher nicht nutzt, kommen in zwei Jahren wieder die Landwirte, die Kostüme aus den 1920er und 1930er Jahren bevorzugen. Lia Wamser, die „Herrin der historischen Kostüme“, ist auch dafür bestens gerüstet.

Info
Der Kostümfundus in der Burgbergstraße 29 hat immer freitagnachmittags von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Informationen gibt Lia Wamser unter lia.wamser@crailsheim.de. An Halloween und an Fasching gibt es übrigens einen Ausleihstopp.