Blonde Locken, hell gekleidet und auffallend gut gelaunt. Nicht unbedingt das erste Bild, was man von einer Bestatterin im Kopf hat. Außer man kennt Emily Maichle. Die junge Frau entspricht so gar nicht dem Klischee des Bestatters: ältere Herren mit dunklen Anzügen und ernster Miene – ganz im Gegenteil.
Trotz ihres jungen Alters ist sie so qualifiziert wie sonst niemand im Familienbetrieb der Maichles in Geislingen an der Steige. Seit Februar 2022 hat Emily ihren Meisterbrief in der Tasche. Bei der Übergabe war sie mit 21 Jahren die jüngste Bestattermeisterin Deutschlands. Wobei Qualifizierungen im Haus der Zeit großgeschrieben werden. Geprüfte Bestatterin ist sie, wie ihr Papa Markus Maichle ihr das vorgemacht hat. Seit fast 30 Jahren ist er als geprüfter Bestatter und staatlich geprüfter Thanatopraktiker unterwegs. Und die Frauen sind im Doppelpack: Auch Manuela Maichle glänzt mit der qualifizierten Frauen-Power als zertifizierte Bestattungsvorsorge-Beraterin. Sie ist damit die Ansprechpartnerin in allen Fragen rund um das Thema Bestattungsvorsorge und natürlich auch darüber hinaus. Früher hatten die Frauen in den Betrieben eher das Büro gemanagt und die Angehörigen beraten. Man sieht Bestatter aber in der Öffentlichkeit vor allem dann, wenn sie mit dem Bestattungswagen durch die Stadt fahren oder bei der Beerdigung auf dem Friedhof sind. Diese Aufgaben wurden häufiger von den Männern erledigt. „Deswegen waren die Frauen in unserem Beruf nicht immer ganz so präsent“, sagt Emily Maichle. Doch das hat sich mittlerweile geändert. Emily ist dafür ein perfektes Beispiel: Sie führt handwerkliche Tätigkeiten wie das Ausschlagen und Fertigstellen von Särgen durch, holt Verstorbene ab, kümmert sich um deren hygienische Versorgung und rekonstruiert Unfallopfer, berät Menschen bei der Vorsorge und trauernde Angehörige und organisiert Trauerfeiern individuell und in allen Facetten.
Der Blick der 24-Jährigen ist auf die Zukunft der Bestattungsbranche gerichtet. So unterstützt sie das Thema „Friedhof der Zukunft“ für die Firma Strassacker und deren Projekt „Campus Vivorum“ in Süßen mit ihren Ideen. Hier entsteht ein Friedhof der Zukunft, angepasst auf die Bedürfnisse und Wünsche der trauernden Angehörigen. Auch der Nachwuchs in der Branche ist ihr wichtig. Sie sitzt im Prüfungsausschuss der Handwerkskammer Unterfranken für die Ausbildung zur Bestattungsfachkraft. Hier prüft sie Auszubildende für das spätere Leben als Bestatterinnen und Bestatter. Die 24-Jährige selbst ist so gut ausgebildet für das, was sie tut, wie sonst wenige. Und das in einem Berufsbild, in dem es keine Ausbildungspflicht gibt. Als Meisterin hat sie im gesamten Landkreis das Alleinstellungsmerkmal.
Berührungsängste hat sie bei ihren Tätigkeiten keine. „Ich bin mit dem Thema Tod aufgewachsen“, sagt sie. Mit ihrem Bruder habe sie als kleines Kind in der Sargausstellung im großelterlichen Betrieb auch das eine oder andere Mal Verstecken gespielt. Bei der Abholung eines Verstorbenen begleitete sie ihren Vater das erste Mal im Alter von 13 Jahren. „Ich habe ihn so lange genervt, bis er mich mitgenommen hat“, erzählt sie. Schon früh ist für sie klar gewesen, dass sie auch Bestatterin werden will.
Mit ihr ist nun die vierte Generation im Betrieb dabei. Während ihr Uropa Willi Maichle, der eigentlich ein Taxiunternehmen hatte, mit dem Transport von Verstorbenen begann, machten dann die Großeltern Peter und Gerda Maichle das Unternehmen zukunftssicher. Auch da war Frauenpower gefragt. Ohne die große Unterstützung von Gerda Maichle wäre das nie möglich gewesen. Mit Gerda begann die erste Generation der Frauen im Unternehmen. Das wären dann 55 Jahre Frauen-Power im Hause Maichle. Inzwischen führen die Eltern von Emily Maichle, Manuela und Markus, das Unternehmen — und in Zukunft vielleicht sie: „Das Unternehmen zu übernehmen und weiterzuführen, ist definitiv mein Ziel.“
Von Gleichaltrigen bekommt sie übrigens keine schrägen Blicke oder frechen Sprüche ab, wenn sie von ihrem Beruf erzählt. „Ich habe noch nie schlechte Erfahrungen gemacht, wenn das im Freundeskreis thematisiert wurde“, sagt Emily Maichle. „Die Leute sind sogar sehr aufgeschlossen. Im Verlauf eines Gesprächs werden mir dann oft ganz viele Fragen gestellt, die man sonst einem Bestatter vielleicht nicht stellen würde. So kann man definitiv mit dem einen oder anderen Klischee aufräumen.“ Dabei ist absolute Diskretion für sie selbstverständlich. Emily Maichle ergänzt: „Der Nachwuchs im Bestattungshandwerk wird mit über 60 % von Frauen beherrscht. Als Frau in der Branche ist man nichts Außergewöhnliches mehr, eher völlig normal.“
Maichle Bestattungen
Steinbeisstraße 3
73312 Geislingen a. d. Steige
post@maichle.de
www.maichle.de
Kurz & Knapp
Erste Frauen in akademischen Berufen: Im Jahr 1867 wurde die amerikanische Ärztin Elizabeth Blackwell die erste Frau, die in den USA einen medizinischen Abschluss erlangte.
Frauenwahlrecht und Berufstätigkeit: Nach Einführung des Frauenwahlrechts in vielen Ländern, wie zum Beispiel 1918 in Deutschland und 1920 in den USA, nahm auch die Erwerbsbeteiligung von Frauen deutlich zu.
Frauen in Führungspositionen: In den 2020er Jahren haben Frauen weltweit einen Anteil von etwa 29% in Führungspositionen erreicht, was einen deutlichen Anstieg gegenüber den Vorjahren darstellt.
Gehaltsschere: Trotz Fortschritten besteht weiterhin eine Gehaltslücke zwischen Männern und Frauen. In Deutschland verdienten Frauen 2020 im Durchschnitt 18% weniger als Männer.
Erste weibliche Regierungschefin: Sirimavo Bandaranaike aus Sri Lanka war 1960 die erste Frau, die zur Premierministerin eines Landes gewählt wurde.
Frauen in der IT-Branche: Der Anteil von Frauen in der IT-Branche ist im Wachstum begriffen, liegt jedoch immer noch bei weniger als 25% weltweit.
Bildungsniveau: In vielen Ländern übertreffen Frauen inzwischen Männer in Bezug auf höhere Bildung. In den USA beispielsweise machen Frauen etwa 57% der Hochschulabsolventen aus.
Gründung von Unternehmen: Frauen gründen zunehmend eigene Unternehmen. In Deutschland sind etwa 40% der Neugründungen von Frauen initiiert.
Jeder fünfte kommunale Betrieb im Südwesten hat eine Chefin
In deutschen kommunalen Unternehmen sind die Chefs laut einer Studie meist männlich. Dies gelte auch für Baden-Württemberg. Mit einem Anteil von 21,4 Prozent besetzen die Städte im Südwesten im Schnitt nur jede fünfte Spitzenposition in ihren kommunalen Unternehmen mit einer Frau. Damit liege der Südwesten im Vergleich aller 16 Bundesländer auf dem 10. Platz, teilte die Zeppelin Universität (ZU) in Friedrichshafen mit.
Die Studie „Frauen in Top-Managementorganen öffentlicher Unternehmen – Ein deutschlandweiter Städtevergleich“ wurde im April 2024 durchgeführt. Das Forscherteam analysierte die Daten von 69 Städten und rund 1.970 öffentlichen Unternehmen. Die Forscher richteten den Blick auf Unternehmen, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist. Dazu zählen Stadtwerke, Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV), Krankenhäuser, Messen oder Sozialeinrichtungen.
Die Stadt Freiburg belegt laut Mitteilung mit einem Anteil von 31 Prozent weiblichen Führungskräften einen Platz im vorderen Bereich. Karlsruhe (28 Prozent) liegt in diesem Jahr über dem Durchschnitt, während Mannheim (21 Prozent) weiterhin knapp unter dem Durchschnitt bleibt. Danach folgt Stuttgart mit 20 Prozent, während Heidelberg einen Anteil von 4,3 Prozent hat. Den höchsten Anteil an Chefinnen erreichten den Angaben zufolge im Schnitt die Städte in Thüringen (30 Prozent) und Sachsen-Anhalt (27 Prozent). Auch die Stadtstaaten Berlin (35 Prozent), Hamburg (27 Prozent) und Bremen (25 Prozent) konnten ihre Spitzenpositionen beibehalten. Hingegen bilden die Städte in Niedersachsen (15 Prozent), Schleswig-Holstein (14 Prozent), Rheinland-Pfalz (14 Prozent) und dem Saarland (10 Prozent) die Schlusslichter.
Auffallend sei, dass auch bei benachbarten Städten deutliche Unterschiede zu beobachten seien. „Neben vielen weiteren ‚Kulturthemen‘ versprechen klare Regelungen wichtige Potenziale“, erklärten Ulf Papenfuß und Christian Arno Schmidt vom „Lehrstuhl für Public Management & Public Policy“ an der ZU laut Mitteilung.
Für die Studie der ZU wurde untersucht, wie viele Frauen in leitenden Organen wie Geschäftsführung, Geschäftsleitung und Vorstand tätig sind. Einbezogen wurden neben den Landeshauptstädten und den Stadtstaaten auch die jeweils vier größten Städte der Länder. Zudem analysierten die Wissenschaftler auch die öffentlichen Unternehmen der Bundes- und Landesebene. Die Studie wurde vom „zfm – Zentrum für Management und Personalberatung“ in Bonn und der „AKDB – Anstalt für Kommunale Datenverarbeitung in Bayern“ begleitet. ots