Seit rund einem Jahr führt die neue B 28 direkt von Tübingen nach Rottenburg. Für die Tübinger Ortsteile Weilheim, Kilchberg und Bühl sowie den Rottenburger Ortsteil Kiebingen bedeutet das eine wesentliche Entlastung vom Durchgangsverkehr – verbunden mit Vor- und Nachteilen für die Gemeinden, wie die Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher berichten.
Weilheim
Wer von Tübingen auf dem Neckarradweg Richtung Rottenburg unterwegs ist, kommt als erstes in den malerischen Teilort Weilheim. „Es lohnt sich, durch den alten Ortskern zu spazieren, die liebevoll hergerichteten Scheunen anzuschauen und die Geschichte eines traditionellen Bauerndorfs noch immer vor Augen zu haben“, rät Ortsvorsteherin Ulrike Baumgärtner.
Die angrenzenden Streuobstwiesen werden bis heute gepflegt und bewirtschaftet. Mittlerweile ziehen sie aber auch Gäste zum Streuobstwiesen-Baden oder Forscher der Universität Hohenheim an, die klimatische Veränderungen für den Streuobstbestand untersuchen. Mit dem Schützenhaus, dem Weilheimer Kneiple und dem Restaurant Schloss Kressbach hat Weilheim auch gastronomisch einiges zu bieten.
Kilchberg
„Des einen Freud – des anderen Leid“, beschreibt Kilchbergs Ortsvorsteherin Bettina Koschtjan die neue Situation. „Für die direkten Anwohner der L370 ist ein deutlicher Rückgang des Durchgangsverkehrs rund um die Uhr erfreulich, zumal diese nicht einmal einen Gehweg vor dem Haus haben. Die Straße kann besser gequert werden. Auch die Radfahrer können nun vermehrt die L 370 als direkte Verbindung zur Arbeit nutzen. Als Rückbaumaßnahme wären nun noch Radschutzstreifen und eine Zone 30 wie in anderen Teilorten wünschenswert. Der LKW- und Berufsverkehr läuft fast vollständig über die B 28, da dort ein schnelleres Vorankommen möglich ist.“ Allerdings spürten die Händler den Rückgang deutlich, allerdings nicht zu ihrem Vorteil, so Koschtjan. Sehr viele Menschen hätten auf ihrem Heimweg durch Kilchberg noch schnell etwas für den täglichen Bedarf eingekauft. Dieser Heimweg kann nun schneller und direkter über die B 28 erfolgen, die Händler bleiben „links“ liegen. „Darum: des einen Freud – des anderen Leid“.
Bühl
Auch für die Anwohner der Bühler Ortsdurchfahrt bedeutet die neue B 28 eine enorme Entlastung beim Durchgangsverkehr, wie Gerhard Neth, Ortsvorsteher vonBühl, betont. Besonders bemerkbar wird dies im Bereich des Schwerlastverkehrs, der sich nun nicht mehr durch die Ortsmitte „quälen“ muss. Damit wurde die Verkehrssicherheit innerorts deutlich verbessert, Lärm- und Abgaswerte konnten erheblich reduziert werden. „Nun soll durch zusätzliche verkehrsberuhigende Maßnahmen und Aufwertung des Rathausplatzes wieder mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität in der Bühler Ortsmitte entstehen. Davon sollen auch die dort ansässigen Betriebe profitieren“, so Neth. „Für die kleinen Geschäfte und Gastronomiebetriebe entlang der Ortsdurchfahrt haben sich durch den Wegfall von mancher „Fahrkundschaft“ Umsatzeinbußen ergeben. Mit guten Konzepten und qualitativ hochwertigem Angebot versuchen die Betriebe dies zu kompensieren und sich zu behaupten. Dies braucht unsere Unterstützung!“ Für das leibliche Wohl ist in Bühl gut gesorgt – wie beispielsweise im Gasthaus „s´Gräbele“ oder im Schützenhaus mit seinem idyllischen Biergarten. Außerdem ist Bühl ein hervorragender Ausgangspunkt für Spaziergänge in das Naturschutzgebiet Bühler Tal oder für Wanderungen in den nahen Rammert.
„Ein Besuch in Bühl lohnt sich also immer, zumal der Ort auch mit Fahrrad oder ÖPNV gut zu erreichen ist. Sie sind herzlich willkommen!“, verspricht Neth.
Kiebingen
Thomas Stopper, Ortsvorsteher von Kiebingen, schließt sich seinen Kolleginnen und Kollegen an, was die Entlastung vom Durchgangsverkehr betrifft. Allerdings lasse sich durch die Sperrung der L 370 nach Rottenburg in den vergangenen sechs Monaten noch nicht wirklich abschätzen, wie sich die normale Verkehrssituation beim Durchgangsverkehr endgültig darstellt. „Wir planen momentan, die Ortsdurchfahrt umzugestalten. Das heißt, wir wollen die Durchfahrt für den Berufsverkehr möglichst unattraktiv machen, jedoch ohne die Belange der ansässigen Betriebe und Läden zu sehr einzuschränken. Dies wird sicherlich ein spannendes Unterfangen, möglichst viele verschiedene Interessen abzuwägen und in ein ausgewogenes Konzept zu bringen.“
Die nördlich der neuen B 28 gelegenen Einrichtungen wie Festplatz, Jugendhaus oder Vereinsgebäude müssen mit den Einschränkungen durch die neue Straße leben. „Ein Besuch lohnt sich jedoch immer wieder,“ so Stopper, „denn die vielfältigen Vereinsfestivitäten bieten über das ganze Jahr Highlights, die weit über die Ortsgrenzen bekannt und beliebt sind – wie die Fasnetsveranstaltungen, das Eierlesen, das Fischerfest oder das Herbstfest.“