Die Elektromobilität sei im Landkreis angekommen , erklärt Ludger Wendeler, Obermeister der Kfz-Innung Göppingen, auf der diesjährigen Innungsversammlung im Foggia-Saal der Stadthalle Göppingen: „44,4 Prozent betrug der Zulassungsanteil der E-Fahrzeuge inklusive Hybridfahrzeuge 2021. Damit verfügt fast jedes zweite Fahrzeug über einen alternativen Antrieb."
Auch wenn der größte Teil der Fahrzeuge auf den Straßen noch einen Verbrennermotor besäße, sei es für die Werkstätten und Betriebe höchste Zeit, sich auf die E-Mobilität einzustellen und sich nicht nur das notwendige Knowhow anzueignen, sondern auch die Ausstattung entsprechend anzupassen, um in Zukunft weiter bestehen zu können.
Dass die Kfz-Branche die Transformation der Antriebe als gesetzt sieht, zeigt auch die verstärkte Zusammenarbeit der Kfz- und Elektrogewerke - nicht nur auf Ebene des Landesverbands. „Auch aus dem Vorstand unserer Innung heraus wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die im Austausch mit der Göppinger Elektro-Innung intensiv nach Kooperationsmöglichkeiten sucht“, berichtet Ludger Wendeler.
„Die ausgearbeiteten Ergebnisse werden den interessierten Betrieben zur gegebenen Zeit bei einer gemeinsamen Veranstaltung der Innungen präsentiert."
„Verbesserte Margen haben die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abgemildert.”
Ausbildung in Göppingen mit neuem Schwerpunkt
Um den Autohäusern und Betrieben im Landkreis das Wissen zur Verfügung zu stellen, das in Zukunft immer mehr an Bedeutung gewinnt, passt auch die Gewerbliche Schule in Göppingen das Ausbildungsangebot an. So wird sie neben der Personenkraftwagentechnik auch die System- und Hochvolttechnik als Schwerpunkt einrichten.
„Wir sind sehr gut aufgestellt mit Personal, das über alle Stufen der Hochvolttechnik unterrichten darf", erklärt Schulleiter Jürgen Wittlinger. „Bereits vor einigen Jahren haben wir begonnen, auch die passende Ausstattung für den Hochvolt-Unterricht im Labor und in der Werkstatt vorzuhalten. Dies soll noch weiter ausgebaut werden." Bei entsprechenden Schülerzahlen könne die erste Klasse für System- und Hochvolttechnik wie geplant zum Schuljahr 2024/25 starten.
Gestörte Lieferketten wirken sich aus
Die Transformation der Antriebe ist jedoch nicht das einzige Thema, das die Kfz-Branche dieser Tage beschäftigt. Auch der Wandel der Geschäftsmodelle hin zum Agentursystem sei eine Herausforderung, mit der die Autohäuser in Zukunft umgehen müssen. Direkte Auswirkungen auf den Handel hätten außerdem die gestörten Lieferketten gehabt, die zu langen Lieferzeiten führten.
Dies schlug sich auch in der Zahl der Zulassungen nieder. ,,Die Zahl der Neuzulassungen ist im Landkreis Göppingen 2021 um 13,5 Prozent zurückgegangen und auch die Zulassungen für Gebrauchtwagen sind um ein Prozent gesunken", weiß Ludger Wendeler. „Dies ist jedoch nicht einer mangelnden Nachfrage geschuldet, sondern dem knappen Fahrzeugangebot als Resultat von gestörten Lieferketten und fehlenden Halbleitern."
Auch im Servicegeschäft sei 2021 Druck zu spüren gewesen, fährt der Obermeister der Innung fort. So machten sich unter anderem Schwierigkeiten bei der Ersatzteilversorgung bemerkbar, ebenfalls bedingt durch die gestörten Lieferketten. Zudem sei die Fahrleistung insgesamt zurückgegangen, zum Beispiel aufgrund der Arbeit im Homeoffice sowie bedingt durch Kurzarbeit, was zu Rückgängen bei den Serviceaufträgen führte.
Bessere Margen federn wirtschaftliche Folgen ab
Trotz aller Herausforderungen blickt Ludger Wendeler jedoch nicht unzufrieden auf das Jahr 2021 zurück. „Das knappe Warenangebot führte zu einer Verbesserung der Margen im Neuwagenverkauf, insbesondere aber auch im Verkauf der Gebrauchtwagen. Dadurch konnten die wirtschaftlichen Folgen der Coronapandemie und ihrer Begleiterscheinungen in unserer Branche abgefedert werden."
Wie lang die derzeitige Marktsituation noch anhalten wird, sei nicht abzusehen. Andauernde Lockdowns in China und Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine lassen jedoch befürchten, dass auch dieses Jahr von einem begrenzten Fahrzeugangebot beherrscht sein wird.
Zukunftswerkstatt 4.0
Eine besondere Freude war es für die Innungsmitglieder, mit Prof. Dr. Stefan Reindl einen der meistgefragtesten Fachleute Deutschlands im Kfz-Bereich begrüßen zu dürfen. Er stellte in einem spannenden Vortrag die neue Zukunftswerkstatt 4.0 vor, die erst im vergangenen November in Esslingen eröffnet wurde. „Themen und Innovationen wie die Digitalisierung von Produkten und autonomes Fahren, veränderte Geschäfts- und Vertriebsmodelle sowie neue Ansprache und Interaktion mit Kunden transformieren die Kfz-Branche nachhaltig", betont Prof. Dr. Reindl. „Die Zukunftswerkstatt 4.0 ist ein Innovationsschaufenster, mit dessen Hilfe neue Technologien und Systeme entlang der Customer Journeys erprobt werden können und gleichzeitig ein realer Ort, an dem die tatsächlichen Strukturen und Prozesse eines Autohausunternehmens realitätsgetreu und praxistauglich abgebildet werden."
Optimistisch für die Zukunft
So vielfältig die Herausforderungen auch sind, denen die Kfz-Branche in den kommenden Jahren gegenübersteht, so zuversichtlich ist Ludger Wendeler, dass diese gemeistert werden können. „Innovationen werden unsere Branche verändern, aber die individuelle Mobilität wird auch in Zukunft weiter bestehen. Davon bin ich überzeugt." Daniela Strohmaier
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