Viele Kfz-Versicherer bieten bei der Kaskoversicherung günstigere Prämien an, wenn sich der Kunde auf eine Werkstattbindung einlässt. „Das bedeutet, dass man im Kaskofall einen Schaden am eigenen Fahrzeug nicht in der Werkstatt des Vertrauens reparieren lassen darf, sondern dafür zur Vertragswerkstatt des Versicherers gehen muss“, erklärt Marc-Torsten Canestrini. „Man kennt die Werkstatt also nicht. Zudem muss man unter Umständen mit längeren Wegen und Wartezeiten rechnen. Das sind aber nur die offensichtlichen Nachteile.“
Der Fachanwalt für Verkehrsrecht aus Göppingen hatte schon viele Fälle auf dem Tisch, bei denen die Regelung mit den vermeintlich günstigeren Prämien die Mandanten am Ende teuer zu stehen kam. „Wichtig ist zu verstehen, dass Versicherungen Wirtschaftsunternehmen sind. Ihr Ziel ist nicht, dass das Fahrzeug optimal repariert wird, sondern es soll richtig, aber zweckdienlich repariert werden – und möglichst günstig.“
Gegebenfalls leidet Qualität der Reparatur
Um günstige Prämien anbieten zu können, gehen Versicherungen spezielle Verträge mit einer Werkstatt ein: Sie steuern Reparaturen gezielt dorthin und bekommen dafür vergünstigte Stundenverrechnungssätze. Diese Partnerwerkstatt wiederum muss die vergünstigten Stundensätze kompensieren, in der Regel indem sie in derselben Zeit mehr Aufträge abarbeitet.
Darunter leidet oft die Qualität der Reparaturen und auch, weil nur die notwendigsten Arbeiten ausgeführt werden können und sollen. „Als klassisches Beispiel ist hier die Beilackierung bei einer Fahrzeugreparatur zu nennen“, sagt Marc-Torsten Canestrini. „Dabei werden Teile, die an die Schadstelle angrenzen, auslaufend mitlackiert.
Das soll verhindern, dass Farbunterschiede zwischen dem neuen Lack und dem älteren, schon etwas ausgeblichenen Lack sichtbar werden. Die Beilackierung ist nicht zwingend erforderlich und gehört zu den Arbeiten, die in einer Partnerwerkstatt der Versicherung meist auch nicht ausgeführt werden.“
Vorsicht bei Leasingfahrzeugen
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn das Fahrzeug geleast ist. In den meisten Fällen ist vertraglich geregelt, dass eine Reparatur in einer dazugehörigen Markenwerkstatt stattfinden muss.
Hier sind die Stundensätze deutlich höher als bei der Partnerwerkstatt, die Differenz muss der Kunde tragen. „Das kann schnell mehrere Hundert Euro kosten, was die Ersparnis durch die günstigere Versicherungsprämie gleich wieder auffrisst“, so Marc-Torsten Canestrini. Zur Zahlung der Differenz ist der Kunde übrigens auch verpflichtet, wenn er nicht daran gedacht hat oder gar nicht wusste, dass sein Versicherungsvertrag eine Werkstattbindung beinhaltet und das Fahrzeug zur Reparatur in die Werkstatt des Vertrauens gegeben wurde.
Fiktive Abrechnung bei älteren Fahrzeugen
Ist der Schaden nur klein und kann selbst ausgebessert werden, lässt er sich bei der Versicherung fiktiv abrechnen. Ist das Fahrzeug älter als drei Jahre, können für diese fiktiven Abrechnungen Stundensätze einer Markenwerkstatt nur angegeben werden, wenn es durchgehend bei einer Markenwerkstatt gewartet und repariert wurde. Andernfalls kann die Versicherung günstigere Stundenverrechnungssätze zugrunde legen, der Kunde erhält weniger Geld, „und auch in diesem Fall hat sich die günstigere Prämie am Ende kaum gelohnt.“
Im Zweifel zum Rechtsanwalt
Um unschöne Überraschungen zu vermeiden, empfiehlt Marc-Torsten Canestrini unbedingt, sich seinen Versicherungsvertrag genau anzusehen und lieber etwas mehr Geld auszugeben für einen Vertrag ohne Werkstattbindung. „Damit spart man sich letztendlich nicht nur viel Stress, sondern wahrscheinlich auch einige Euro. Denn eine Ersparnis lässt sich tatsächlich nicht berechnen – schließlich kann niemand sehen, was die Zukunft bringt. Doch abgesehen davon haben viele Kunden über die Jahre ein wichtiges Vertrauensverhältnis zu ihrer Werkstatt aufgebaut und es ist verständlich, dass sie Schäden dann auch dort reparieren lassen wollen.“
Wem durch die Werkstattbindung bereits Probleme entstanden sind, rät Marc-Torsten Canestrini dazu, eine Rechtsberatung aufzusuchen. „Oftmals lassen sich solche Verträge anfechten, zum Beispiel weil der Kunde bei Abschluss nicht ausreichend aufgeklärt wurde. Das funktioniert aber nur, wenn die Versicherung über einen Makler und nicht selbstständig online abgeschlossen wurde.“
Ein letzter Tipp des Fachanwalts: „Egal ob man einen Kaskoschaden oder einen Haftpflichtschaden über die Versicherung hat abwickeln lassen, es ist immer ratsam, eine Rechnung und eine Auftragsbestätigung zu verlangen. Nur so kann man am Ende über sämtliche Reparaturen und Ausbesserungen Bescheid wissen und diese belegen. Das ist besonders wichtig, falls es erneut zu einem Schaden kommt oder das Fahrzeug eines Tages verkauft werden soll.“ Daniela Strohmaier
Aus der Innung
Die Werkstatt Ihres Vertrauens ist für Sie da
Ob Auffahrunfall oder das Touchieren anderer Fahrzeuge oder Mauern beim Ausparken – ein kleiner Unfall ist schnell passiert. Und auch Sturm- und Hagelschäden lassen sich manchmal nicht vermeiden, wenn das Auto nicht in einer sicheren Garage geparkt ist. Guter Rat ist dann oft teuer. Zu dem eigentlichen Ärgernis kommen Zeit und Energie, die in die Abwicklung der Schadensbehebung investiert werden müssen. Wie gut, wenn man dann die Werkstatt an seiner Seite weiß, die einen schon viele Jahre betreut und Fahrzeug und Halter gut kennt. Die Experten der Fachbetriebe kümmern sich um die Schäden, wie es für Sie am besten ist – und nicht, wie es für die Versicherung am günstigsten wird.
Investieren Sie also lieber ein bisschen mehr in Ihre Kaskoversicherung, damit Sie im Schadenfall zu Ihrer Werkstatt des Vertrauens gehen können und nicht am Ende durch eine Werkstattbindung zu einer Werkstatt geschickt werden, die Sie nicht kennen und für die Sie im Zweifel lange Wege in Kauf nehmen müssen. Am besten ist es natürlich, wenn es gar nicht erst zu einem Unfallschaden kommt. Fahren Sie also vorsichtig und kommen Sie stets gut ans Ziel.
Ludger WendelerObermeister der Kfz-Innung Göppingen
Zulassungszahlen
618 Neufahrzeuge wurden im Mai im Landkreis Göppingen zugelassen (April: 556). Davon waren 90 Elektrofahrzeuge (85), 178 Hybridfahrzeuge (184) und davon 80 Plug-in-Hybridautos (74).
1863 Gebrauchtwagen, die im Mai zugelassen wurden, zählt das Landratsamt Göppingen (April: 1680).