Wenn Dr. Dietmar Leichtle über Musik redet, ist seine Begeisterung direkt ansteckend: „Menschen, die sich mit Musik beschäftigen, gehen ganz anders durchs Leben. Musik und Tanz können viel erleichtern“, so der Leiter der Akademie für Musikpädagogische Ausbildung Baden-Württemberg in Münsingen. Seinen Erfahrungsschatz der Musikpädagogik gibt er seit 2012 an der Musikakademie an Kursteilnehmer aus dem gesamten deutschsprachigen Raum weiter.

Ganz zentral im Münsinger Ortskern bilden er und seine 15 Dozenten an den Wochenenden und in den Schulferien Musikpädagogen aus. Neben der frühkindlichen Bildung gehört auch die Musikgeragogik, also die musikalisch aktivierende Arbeit mit älteren Menschen, zum Lehrinhalt.
Was sich nach Schule anhört, ist bei Dietmar Leichtle aber alles andere als trocken. „Es ist einfach eine super coole Arbeit“, schwärmt er. „Wir trommeln und musizieren und bringen die Klassen zum Rocken.“


Von Münsingen in die Welt
Seine internationalen Kontakte haben den Leiter der Akademie für Musikpädagogische Ausbildung Baden-Württemberg auf eine geniale Idee gebracht.
„Seit zweieinhalb Jahren besuche ich Musikhochschulen in China und unterrichte dort Musikpädagogik.“ Das hat ihm unheimlich Spaß gemacht. Aber er könne ja nicht die ganze Zeit nach China fliegen. Schon zu Corona-Zeiten hätten viele Veranstaltungen online stattfinden müssen. „Aber leider war oft die Übertragung schlecht oder die Musik wurde als Störgeräusch ganz herausgefiltert.“ Eine neue Technik musste her und das in dafür passenden Räumlichkeiten. Die fand Dietmar Leichtle im Nachbargebäude. Was früher ein Pferdestall war, dann als Gastronomie genutzt wurde und zuletzt leer stand, bildet nun die Räumlichkeit, die die Musikakademie für Online-Seminare in die ganze Welt nutzen kann. „Wir haben zwei große Räume, einen im Erdgeschoss und einen im ersten Stock. Beide haben Akustikdecken, vor allem sind sie aber mit großen Bildschirmen und modernster Technik perfekt für eine Musik-Übertragung gerüstet.“

Förderung für innovativen Ansatz
Der Umbau und die Einrichtung der Räume wurden vom Leader-Programm gefördert, also vom Förderprogramm der Europäischen Union zur Entwicklung ländlicher Räume bezuschusst. Elisabeth Markwardt, Regionalmanagerin von Leader, erklärt, warum: „Zum einen, da wir Kleinst- und Kleinunternehmen zur Stärkung der regionalen Wirtschaft unterstützen möchten, zum anderen, weil das leerstehende Gebäude neu belebt wird und dadurch erhalten bleibt.“ Und dann sei da natürlich noch ein besonderer sozialer Aspekt. „Dieser innovative Ansatz des Zusammenkommens über die Digitalisierung. Das haben wir sehr gerne unterstützt.“


Begegnung auf Augenhöhe
Tatsächlich bringt die Technik auf diesem Weg Menschen, egal wo auf der Welt, in Echtzeit zusammen. Auch, wenn das für Dietmar Leichtle oft bedeutet, früh aufzustehen. „Wir haben zu China eine Zeitverschiebung von sieben Stunden, da muss ich schon früh ran“, sagt er und muss lachen. Aber er macht es gerne. Schließlich ist es ein Herzensprojekt. Bei dem er auch keine Mühen scheut. So hat er für seine Kurse chinesische Lieder transkribiert und die Klaviernoten zu Papier gebracht, um in seinem Unterricht chinesische Lieder verwenden zu können. „So begegnen wir uns auf Augenhöhe.“ Sein Feingefühl im Umgang mit Menschen kommt auch in Anbetracht der kulturellen Unterschiede zum Tragen.
Gefühlvoller Ansatz kommt gut an
„In China steht das Leistungsprinzip oben an.“ Schon bei den Kleinsten gehe es darum, wie man noch besser werden kann. „Ich versuche dann immer zu zeigen, dass es bei Kindern kein richtig und falsch gibt, man auch mal herum hopsen und einfach Freude an der Musik haben muss.“ So staunten die chinesischen Beobachter der Hochschule nicht schlecht, als er die Teilnehmer vor Ort erst einmal bat, alle Stühle wegzustellen und sich auf den Boden zu setzen. Nach anfänglicher Skepsis kommt gerade sein gefühlvoller Ansatz der Musikpädagogik in Fernost sehr gut an. Internationale Kontakte hat der Leiter der Musikakademie aber auch nach Armenien, nach Israel und in die Ukraine. „Gerade dort, wo das Leben durch den Krieg oft stillsteht, ist man über die virtuellen Kontakte sehr froh.“ Nach den Sommerferien starten die ersten Kurse, die dann internationale Bande knüpfen, die alle Teilnehmer über die Musik hinaus bereichern. Natalie Eckelt