Ableismus ist die alltägliche Reduktion eines Menschen auf seine Beeinträchtigung. Damit einher geht eine Abwertung (wegen seiner Beeinträchtigung) oder aber eine Aufwertung (trotz seiner Beeinträchtigung).

Damit erleben behinderte Menschen durch den Ableismus das, was Menschen mit Migrationshintergrund durch den Rassismus widerfährt oder Frauen durch Sexismus erleben.
In jedem Fall werden die Betroffenen nicht als gleichberechtigte Gegenüber wahrgenommen, sondern etikettiert und auf- oder abgewertet.
Strategien zum Umgang mit Ableismus
Viele Betroffene berichten, dass es ihnen gutgetan hat, sich mit anderen behinderten Menschen über die eigenen Erfahrungen auszutauschen. Häufig würden erst durch die gemeinsame Reflexion die Strukturen des Ableismus sichtbar und bewusst.
Ableismus zu verstehen und zu durchschauen ist jedenfalls unabdingbar, um Ableismus hinter Lob oder Bewunderung zu identifizieren. Durch diese vermeintlich wohlmeinenden Reaktionen des Umfeldes lässt sich das Ego manchmal zunächst täuschen. Wichtig sei es dabei, auf die eigenen Gefühle zu achten, die sich in der Regel nicht täuschen lassen.
Entscheidend ist es auch, sich immer wieder der eigenen Würde und des eigenen Werts bewusst zu werden. Auch wenn es nicht immer einfach ist, so ist es doch hilfreich, sich des eigenen Anspruchs auf Wertschätzung bewusst zu sein. Dazu kann es hilfreich sein, sich bewusst zu machen, was man kann und was man schon alles geschafft hat.
Ein systematisches Problem
In der politischen Arbeit stoßen behinderte Menschen immer wieder auf Ableismus. Man sollte meinen, dass es gerade in diesem Politikfeld ein selbstverständliches Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen gibt. Dem ist aber offensichtlich nicht so.
Wenn nicht behinderte Menschen referieren oder moderieren, erledigen sie ihre Arbeit, die entsprechend vergütet wird. Bei Menschen mit Behinderungen wird oftmals davon ausgegangen, es sei schon Ehre und Belohnung genug, dass sie überhaupt mitwirken und ihre Ansichten äußern „dürfen“.
Verantwortung der Gesellschaft
Grundsätzlich müsste das Konzept des Ableismus bei Menschen mit und ohne Behinderungen bekannter sein. Zusammen mit einem höheren Stellenwert von Diversität in der Gesellschaft könnte Ableismus so minimiert werden, hoffen einige Betroffene.
Damit einher geht der Wunsch, das Bewusstsein in der Gesellschaft dafür zu schärfen, dass Behinderung ein Menschenrechtsthema ist und kein medizinisches oder soziales Problem.
Ableismus in der Psychiatrie
Ein weiterer grundsätzlicher Vorschlag bezieht sich auf die Psychiatrie, in der ableistisches Denken und Handeln ganz besonders verbreitet ist und nur selten reflektiert wird.
Wenn sich nicht Grundlegendes in der Behandlung von psychisch kranken Menschen ändert, können Strategieempfehlungen und Angebote für Betroffene, mit Ableismus besser umzugehen, nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.
Aus der Broschüre „Ableismus erkennen und begegnen“, ISL e.V.
Empfohlene Strategien für Betroffene
- Die Ungleichbehandlung ansprechen Beauftragte/Beschwerdestellen einbeziehen, Angehörige einbinden Rechtsbeistand zu Rate ziehen
- Mit Gegenfragen reagieren „Wie kommen Sie darauf, dass …“ statt sich zu rechtfertigen
- Sich politisch engagieren und andere Menschen über Ableismus aufklären
- Negative Gefühle kanalisieren
- Sport machen und sich auspowern
- Zu einer Selbsthilfegruppe gehen
- Sich auf schwierige Termine gut vorbereiten und Antworten zurechtlegen
- Präventiv eine Vorsorge-Vollmacht und eine Rechtsschutzversicherung abschließen