Ein Tango auf dem Flachdach des neuen Museums, Seiltanz überm Vorplatz, fröhliche Klänge der „Los Mariachis des Mariachi“ aus Mexiko und eine effektvolle Feuer- Performance auf dem Grasbödele: Mit einem an Spektakel reichhaltigen Mai-Wochenende bei mildem Frühlingswetter ist vor 20 Jahren die Eröffnung der Kunsthalle Würth groß gefeiert worden.
„Wenn Christo schwärmt und Schröder genießt“ – so titelte damals das Haller Tagblatt. Zu der glamourösen Eröffnung am 18. Mai 2001 war so viel Prominenz aus Politik, Kunst und Wirtschaft in Hall wie selten. Der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, Ministerpräsident Erwin Teufel und der frühere Bundespräsident Roman Herzog waren ebenso angereist wie die Verpackungskünstler Christo und Jeanne Claude, die extra aus New York kamen, der Bildhauer Alfred Hrdlicka und der Literat Hans Magnus Enzensberger. Rund 15 000 Besucher hatte die Kunsthalle Würth allein an ihrem Eröffnungswochenende.
Die Kunstsammlung wächst
Die Gäste zeigten sich begeistert vom Gebäude und der Eröffnungsausstellung, die einen Querschnitt durch die damals noch lediglich rund 5400 Werke umfassende Sammlung Würth präsentierte. Mittlerweile ist die Kollektion auf mehr als 18 500 Kunstwerke angewachsen – und einige Kunsthäuser sind in der Zwischenzeit auch noch dazugekommen. Man denke nur an das imponierende Museum Würth 2 samt dem weitläufigen Skulpturenpark, das im vergangenen Jahr am Firmenstammsitz in Künzelsau- Gaisbach eröffnet worden ist.
"Die Einweihung der Kunsthalle Würth war ein Höhepunkt in meinem beruflichen Leben."
Reinhold Würth, Unternehmer und Sammler
Die Kunsthalle Würth sei „ein unglaubliches Geschenk an die Stadt und die Region“, sagte Bundeskanzler Schröder damals in Hall. Das bestätigt sich im Rückblick: Die Stadt Hall hat sich seit der Eröffnung der Kunsthalle Würth sehr positiv entwickelt. Vor 25 Jahren sah die Katharinenvorstadt noch heruntergekommen aus. Und es gab einen Platz, der nicht genutzt wurde: Die Stadt Hall hatte ein Parkhaus gebaut, auf dem eigentlich ein neues Gebäude für die Stadtbibliothek entstehen sollte. Doch diese fand kurzfristig im leerstehenden Glashaus am Milchmark ein passendes Domizil. Was also tun mit den Parkhaus?
Der damalige Haller OB Karl Friedrich Binder hat zum Ende seiner Amtszeit 1996 noch einen Coup gelandet: Er überzeugte den Unternehmer und Sammler Reinhold Würth davon, dass Hall der beste Standort für seine Kunsthalle sei. Würth sagte zu. 1997 lud das Unternehmen gemeinsam mit der Stadt zu einem Wettbewerb ein, an dem sich 13 Architekturbüros beteiligten. Den Zuschlag bekam am Ende der dänische Architekt Henning Larsen.
„Warum nicht Stuttgart? Warum nicht Frankfurt? Warum haben Sie die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall gebaut?“ musste sich Reinhold Würth häufig fragen lassen. 2001 lieferte er auf der Pressekonferenz in Schwäbisch Hall eine ganz persönliche Erklärung: „In der Haller Diakonissenanstalt sind all meine Kinder und Enkelkinder zur Welt gekommen – mein jüngster Enkelsohn, Benedikt, erst vor wenigen Tagen. Ich habe eine sehr enge Beziehung zu Schwäbisch Hall.“ Und im Januar 2015 ist Würth auch zum Ehrenbürger der Salzsiederstadt ernannt worden.
„Ich kam aus London, bin hier gelandet und habe dieses Museum entdeckt. Ich bin sehr überrascht“, schwärmte der britische Bildhauer Sir Anthony Caro 2001 in Hall und ergänzte: „Reinhold Würth spricht die Sprache der Kunst. Sie sollten froh sein, dass Sie ihn in der Stadt haben. Ich wünschte mir, wir hätten ihn in London.“
Längst ist die Kunsthalle Würth zu einem wichtigen Anziehungspunkt für ein vielfältiges Publikum geworden. Rund 4,45 Millionen Besucher sind in den vergangenen 20 Jahren bei den bislang 45 Ausstellungen gezählt worden. Damit habe man „sicher ein Stück weit dazu beigetragen, dass die Kunst für mehr Menschen zu einer Bereicherung ihres Alltags wird“, sagt Reinhold Würth. „Die Einweihung der Kunsthalle Würth war ein Höhepunkt in meinem beruflichen Leben“, meint er und ergänzt: „Übrigens bin ich bis heute manchmal selbst überrascht, wie die Kunstwerke, an deren Kauf ich mich dann erinnere, im Kontext einer neuen Ausstellung völlig anders auf mich wirken.
Internationale Gäste
Neben reinen Sammlungsausstellungen und mit Leihgaben ergänzten Schauen sind in loser Folge auch Gastausstellungen bekannter Sammlungen zu erleben: Beispielsweise war 2014/15 in der Ausstellung „Moderne Zeiten“ die Nationalgalerie der Staatlichen Museen zu Berlin in Schwäbisch Hall zu Gast. Danach folgte mit „Silberhirsch und Wunderprunk“ das Victoria & Albert-Museum London. Und 2019 gastierte das Musée d’Art moderne de la Ville de Paris mit „Von Henri Matisse bis Louise Bourgeois“ im Kochertal.
Ursprünglich umfasste die Ausstellungsfläche in der Kunsthalle Würth 2000 Quadratmeter. Nach der Renovierung des benachbarten Sudhauses und der Verbindung der beiden Gebäude im Jahr 2004 kamen rund 600 Quadratmeter Ausstellungsfläche hinzu.
Aber damit nicht genug. Weitere Häuser in der Kirchgasse sind erworben worden. Eine Erweiterung wird fleißig geplant, um bei teils mehr als 150 000 Besuchern pro Jahr „dem Publikum angemessene Räumlichkeiten bieten“ zu können, erklärt Kunsthallendirektorin Sylvia Weber. Die Kunsthalle Würth in Schwäbisch Hall wird sich also weiterentwickeln. Bettina Lober