Digitale Alltagshelfer
Sonderveröffentlichung

Medizin von morgen Digitale Alltagshelfer

Smartphones, Smartwatches und Apps sind auch im medizinischen Bereich wertvolle Helfer im Alltag. Sie unterstützen mit Sensoren und Daten die Erkennung von Vorhofflimmern oder die Vermeidung von Stürzen und können sogar den Zyklus einer Frau tracken.

 Digitale Helfer können Gesundheitsdaten erfassen und auswerten. ⒸREDGREYSTOCK/ADOBESTOCK.COM

22.09.2022

Viele Menschen besitzen inzwischen ein Smartphone zum Telefonieren, aber auch als Helfer im Alltag. Die Möglichkeiten haben sich in den vergangenen Jahren rasant entwickelt: Smartphones dienen als Navigationsgeräte, als digitale Geldbörsen und als Einkaufsplattform. Auch im Gesundheitsbereich gibt es eine ganze Reihe von Anwendungen, vor allem in Kombination mit einer Smartwatch oder einem Fitness-Armband - sogenannten Wearables. Diese können in Echtzeit je nach Leistungsspektrum des Gerätes verschiedene wichtige Werte des Körpers messen. Dazu gehört zum Beispiel ein einfaches EKG, die Anzeige der Sauerstoffsättigung oder der Herzfrequenz.

Vorhofflimmern frühzeitig erkennen

Smartwatches helfen Menschen, ein erhöhtes Risiko für Vorhofflimmern festzustellen und senken das Risiko für einen Schlaganfall. Das zeigt eine Studie aus dem Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK). Smartwatches mit einer App, die den Herzrhythmus aufzeichnet, könnten laut der Studie von Professor Marcus Dörr, stellvertretender Standortsprecher am DZHK-Standort Greifswald, und seinen Schweizer Kollegen eine günstige und bequeme Alternative zum EKG beim Arzt sein. Im Rahmen der Studie bekamen 508 Personen mit und ohne Vorhofflimmern eine handelsübliche Smartwatch. Diese zeichnete in festgelegten Abständen den Herzrhythmus auf. Ein Algorithmus analysierte, ob der Rhythmus auf Vorhofflimmern hindeutete. Als Vergleich dienten Messungen mit einem mobilen Elektrokardiogramm (EKG)-Gerät, bei dem die Studienteilnehmer je zwei Finger der rechten und linken Hand auf eine Elektrode legen mussten. Diese EKGs wurden anschließend von Ärzten ausgewertet, denen keine weiteren Informationen über die Teilnehmer vorlagen. Dabei zeigte sich, dass eine Smartwatch Vorhofflimmern mindestens genauso gut und akkurat detektieren kann wie das mobile EKG. „Besonders wichtig war, dass durch die App nicht zu viele falsch positive Befunde erhoben wurden. Also Vorhofflimmern angezeigt wurde, wenn tatsächlich keines vorlag", so Dörr. Allerdings gilt hierbei wie bei allen anderen medizinischen Anwendungen: Vorsicht vor Eigendiagnosen! Die Daten sollen nur Hinweisgeber sein und ersetzen keinesfalls eine ärztliche Untersuchung. Ein weiteres Beispiel: Die digitalen Alltagshelfer zählen die Schritte des Nutzers und können sogar anhand des Gangbildes Abweichungen feststellen oder eine Unsicherheit beim Gehen messen. Dies könnte ein Hinweis auf Gelenk- oder Muskelprobleme sein. Nutzer sollten mit ihrem Arzt darüber sprechen. Auch Schlaf- und Ruhephasen können von Wearables gemessen werden, allerdings ist für eine Diagnose meist noch ein Besuch im Schlaflabor nötig. Dafür haben die digitalen Gesundheitshelfer den Vorteil, dass sie die Funktionen des Körpers über einen längeren Zeitraum messen.

Stürzen vorbeugen und im Notfall Hilfe rufen

Ein echter Lebensretter kann die Notruf-Funktion sein. Viele Geräte erkennen beispielsweise, wenn die Trägerin oder der Träger gestürzt ist und setzen dann automatisch einen Notruf an den Rettungsdienst ab, auch wenn die Verunglückten dazu nicht mehr in der Lage sind. Auch bei der Sturzprophylaxe Menschen können älterer mithilfe Apps künstlicher Intelligenz (KI) wertvolle Dienste leisten.

Ein Beispiel dafür ist Lindera-Sturz-App. die Um das Sturzrisiko zu minimieren, führte die KKH 2019 ein Projekt mit der Firma Lindera und der Charité Berlin in 33 Pflegeeinrichtungen durch. In diesen Heimen erfolgt eine Smartphonebasierte Mobilitäts- und Risikoanalyse der Bewohner. Dafür filmen die Pflegekräfte die zu Pflegenden beim Aufstehen von einem Stuhl sowie beim Laufen. „Die App Lindera analysiert die komplexen Gangbewegungen und ermittelt mit Hilfe künstlicher Intelligenz das individuelle Sturzrisiko der Senioren", so Andrea Schneider, Leiterin der Pflegekasse bei der KKH. Anhand der Ergebnisse erhält der Pflegebedürftige individuelle Vorschläge für Präventionsmaßnahmen und wird bedarfsgerecht in vorbeugende Gruppenangebote gesteuert, um mögliche Stürze zu vermeiden und die Mobilität zu fördern. Bei dem wissenschaftlichen Projekt wurde zum einen ermittelt, wie hoch die Akzeptanz bei Bewohnern und Pflegekräften für die App ist und zum anderen, ob durch den Einsatz der App Stürze nachhaltig reduziert werden können. Dafür wurde es von der Forschungsgruppe Geriatrie der Berliner Charité begleitet und ausgewertet.

Virtuelle Realität soll Schlaganfallpatienten dabei helfen, die Bewegung gelähmter Körperteile zu spüren. Eine entsprechende Studie der Uni Tübingen wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit 1,4 Millionen Euro gefördert - ein weiteres Beispiel dafür, wie moderne Technologie und Medizin Hand in Hand gehen können. Quelle: www.bmbf.de



Zahlen, Daten, Fakten

Laut einer Umfrage des Portals Statista nutzen 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen Apps, um ihre sportlichen Aktivitäten wie Joggen, Schwimmen oder Laufen aufzuzeichnen. QUELLE: STATISTA




Apps auf Rezept? Die gibt es wirklich und zwar seit Oktober 2020. Geprüft werden die Apps vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte. Ärzte können diese verschreiben und die Krankenkasse übernimmt die Kosten. Zum Angebot gehören Apps, die Hilfe bei Tinnitus oder Depressionen bieten, oder solche, die Diabetiker, Schwangere oder Migränepatienten unterstützen. QUELLE: VERBRAUCHERZENTRALE


Als erste Hochschule in Deutschland bietet die Technische Hochschule Mittelhessen in Gießen den Studiengang „Digitale Medizin" an, der vier Semester dauert. QUELLE: WWW.STUDIEREN.DE


Bei einer Umfrage gaben 35 Prozent der Befragten an, mit der Kommunikation ihrer Krankenkasse über digitale Kanäle wie Chat oder E-Mail sehr zufrieden zu sein. QUELLE: STATISTA


Der Brite Steve Verze war im Jahr 2021 der erste Mensch der Welt, der ein Kunstauge aus dem 3D-Drucker erhielt. Hergestellt wurde das Auge von einem 3D-Drucker in Deutschland. Der Herstellungsvorgang dauerte 2,5 Stunden. QUELLE: WWW.SPIEGEL.DE