Smart und digital
Sonderveröffentlichung

Medizin von morgen Smart und digital

Das Krankenhaus der Zukunft setzt innovative Technik zum Wohl von Patienten und Mitarbeitern ein.

Besserer informationsfluss, hochentwickelte Technik – das Krankenhaus von morgen steht schon in den Startlöchern. © TARIKVISION/SHUTTERSTUCK.COM

23.09.2021

Die Corona-Pandemie hat das Gesundheitswesen insgesamt vor neue Herausforderungen gestellt. Das gilt auch für die Krankenhäuser. Die Pandemie, mit der oft eine Arbeitsüberlastung der Mitarbeiter einherging, hat den Mangel an qualifizierten Pflegekräften noch verstärkt. Mindestens 9000 von ihnen haben sich deswegen bereits von ihren Berufen abgewandt. Mehr als die Hälfte davon in Krankenhäusern, obwohl die Löhne in den Pflegeberufen während der vergangenen zehn Jahre deutlich stärker gestiegen sind als im Durchschnitt. In einer Online-Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Internistische Intensivmedizin und Notfallmedizin (DGIIN) aus dem April 2021 äußerten sogar 31 Prozent der Pflegekräfte und Sanitäter in der Intensivmedizin den Gedanken, ihren Job innerhalb eines Jahres an den Nagel zu hängen.Im Wettbewerb bestehen, auch im internationalenDer sich verschärfende Wettbewerb um die qualifizierten Pflegekräfte ist aber nur ein Impuls, der Krankenhäusern neue Konzepte für die Zukunft abverlangt. Nach Überzeugung des Unternehmensberatungsunternehmens Deloitte sorgen auch Druck aus der Politik, verändertes Patientenverhalten und technologischer Fortschritt dafür, dass Kliniken schneller als erwartet zu grundlegenden Veränderungen ihrer Arbeitsweise kommen müssen, wenn sie im Wettbewerb bestehen möchten. Dabei hätten Kliniken in Deutschland im internationalen Vergleich noch erheblichen Aufholbedarf, heißt es in einem Positionspapier des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik. In Sachen Digitalisierung und E-Health lägen deutsche Krankenhäuser teils erheblich „unterhalb des EU-Durchschnitts“. Zudem widmeten sich Krankenhäuser bislang vielfach dem Einsatz digitaler Einzellösungen. Nachholbedarf bestehe vor allem bei integrierten Systemen und bei Technik für den Austausch wichtiger Daten mit anderen Akteuren des Gesundheitswesens.Die Technik auf den Menschen einstellen und nicht umgekehrtDie Fraunhofer-Experten schlagen als Zielsetzung das „humanzentrierte digitale Krankenhaus“ vor. Darunter sei eine „Digitalisierungsstrategie für Krankenhäuser mit speziellem Fokus auf den Menschen als zukünftigen Profiteur digitaler Lösungen“ zu verstehen, erläutern die Autoren des Positionspapiers. Denn gerade in einem Krankenhaus sei es wichtig, dass digitale Lösungen auf den Menschen eingestellt würden und nicht umgekehrt. Deshalb müssten insbesondere die Erwartungen der Mitarbeiter und Patienten an einen technologischen Fortschritt berücksichtigt werden.Wer hat welche Bedürfnisse und Vorstellungen?Klinikmitarbeiter wünschen sich in erster Linie digitale Technologien und Lösungen, die ihnen bei der Bewältigung ihrer täglichen Aufgaben helfen. Bei richtiger Herangehensweise steckt in neuen Technologien reichlich Potenzial, um die Zufriedenheit der Mitarbeiter mit ihrem Arbeitsplatz zu steigern. Patienten wollen zunehmend selber Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen und auch über Behandlungen mitentscheiden. Sie möchten, dass die eigenen Gesundheitsdaten transparent und verfügbar sind, aber auch technische Lösungen, zum Beispiel für eine vernetzte Terminkoordination. Was sich in der Corona-Pandemie außerdem gezeigt hat: Patienten nehmen Angebote für virtuelle Konsultationen, zum Beispiel in Form von Video-Sprechstunden, an. Für Management und Träger eines Krankenhauses wiederum bietet eine gut durchdachte Digitalisierungsstrategie die Chance, durch effizientere Arbeitsabläufe Kosten einzusparen und mehr Patienten besser versorgen zu können. Dies geht weit über die heute bereits teilweise vorhandenen Module zur Unterstützung von Speisenbestellung, Arzneimittelbevorratung, Wäscheversorgung oder Reinigung hinaus. Die Entwicklung intelligenter Medizintechnik schreitet ständig weiter voran und wird in Zukunft dazu führen, dass zunehmend autonom agierende Systeme in Krankenhäusern zum Einsatz kommen.Bildaufnahmen von Künstlicher Intelligenz analysiertSchon heute existieren Systeme mit Künstlicher Intelligenz, die zum Beispiel medizinische Bildaufnahmen auswerten. In der Operationsrobotik dienen digitale Anwendungen nicht nur der unmittelbaren Patientenversorgung, sondern auch der Steuerung von OP-Kapazitäten oder Personal- und Mitarbeitereinsatz. Die Münchener Firma Brainlab ist mit innovativen Soft- und Hardwaresystemen zu einem Marktführer in der Welt der digitalen Chirurgie geworden. Von exakter Diagnose mithilfe von Software- Unterstützung über die genaue Navigation während einer Operation oder Bestrahlung bis zur standortübergreifenden Auswertung und Dokumentation reichen die von Brainlab entwickelten Systeme.Das in Frankfurt ansässige „Zukunftsinstitut“ sieht für das Krankenhaus der Zukunft aber neben der Fokussierung auf Digitalisierung und Vernetzung noch weitere Entwicklungslinien. Sie liegen in einer wohnortnahen Versorgung, die unterschiedliche Akteure und Behandlungsoptionen einbezieht und so für alle Beteiligten Erleichterungen bringt. Auch der Kommunikation zwischen Patienten und Behandlern auf Augenhöhe, einem verbesserten Informationsfluss, misst das Zukunftsinstitut einen großen Stellenwert bei. Prof. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, bringt solche Ansätze in seiner Vision vom Krankenhaus der Zukunft zusammen: „Das Krankenhaus der Zukunft ist im Endausbau kein Elfenbeinturm, sondern ein mit allen anderen Akteuren des Gesundheitswesens vernetztes Steuerungsmodul“, sagt er voraus. Stephan Gokeler   

Drohnen als flotte Helfer

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Medizinische Blutproben könnten in Vorpommern künftig per Drohne auf dem Luftweg geliefert werden. Entsprechende Testflüge haben die Universitätsmedizin Greifswald (UMG), die DRF Luftrettung sowie das Unternehmen Wingcopter durchgeführt. Dabei wurden Proben 26 Kilometer zwischen Greifswald und Wolgast transportiert. Die Flüge hätten durchschnittlich 18 Minuten gedauert. Das sei fast doppelt so schnell wie ein Transport am Boden. Was sich für manchen wie eine Spielerei anhören mag, ist tatsächlich manchmal lebensrettend. Die medizinische Notfallversorgung kann so in ländlichen Räumen beschleunigt werden, etwa wenn schnell getestet werden muss, ob ein Spender mit einem anderen kompatibel ist. Ziel der UMG ist es nach eigenen Angaben, so bald wie möglich dauerhafte Flugverbindungen zwischen dem Klinikum in Greifswald und Krankenhäusern in der Umgebung einzurichten. Drohnen könnten dabei auch Ersthelfer durch den Transport von Medikamenten, Transfusionen oder etwa Defibrillatoren unterstützen. dpa/ka