Böfingen: Junger Stadtteil mit historischen Wurzeln
Sonderveröffentlichung

Mein Böfingen Böfingen: Junger Stadtteil mit historischen Wurzeln

Böfingen ist mit seinen rund 70 Jahren noch recht jung – hat aber durchaus auch historisches zu bieten, wie das Böfinger Schlössle. Ein Blick auf die Anfänge des Ulmer Stadtteils. 

Das Böfinger Schlössle ist einen Besuch wert und bietet einen malerischen Rundweg. Foto: Starzmann

22.09.2023

Böfingen ist 1957 auf den grünen Wiesen – sozusagen auf dem Reißbrett – entstanden, als dringend Wohnraum für Einheimische und Vertriebene aus dem Zweiten Weltkrieg benötigt wurde. Der Eichenplatz westlich der B19 wurde von 1965 bis 1970 auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz verwirklicht.

Interessant ist vor allem das Straßenkonzept

Interessant bei der Planung Böfingens ist das Straßenkonzept, welches verkehrsfreie Fußgänger- und Radwege ermöglicht hat. Dabei bildet die Böfinger Steige die halbkreisförmige Erschließungsstraße, von der aus einseitig kammartige Stichstraßen in das Wohngebiet führen. „Die konsequente Trennung von Fußgänger- und Fahrverkehr war die damalige Lehrmeinung und wurde zum ersten Mal im süddeutschen Raum in Böfingen in reinster Form ausgeführt“, schreibt Karl Foos in dem Buch „50 Jahre Böfingen“. Dabei wird die Bebauung optisch bestimmt durch die drei Hochhäuser, die weithin sichtbar sind. Weiter gliedert sich die ursprüngliche Bebauung in dreigeschossige Bauten und zweigeschossige Reihenhäuser in der grünen Mitte. Ab 1964 folgte Böfingen Mitte mit dem Einkaufszentrum, den Kirchen, den Seniorenwohnungen sowie der Grund- und Hauptschule.

Ein malerischer Ausflug nach Böfingen ist das Böfinger Schlößle, welches zusammen mit einigen Bauernhöfen den historischen Kern Böfingens bildet.

„Böfingen sind zwei Baurenhöfe mit einem angenehmen Besserischen Schlosse. Die Bauren haben viele Feldung und gute Viehzucht. Sie bauen aber alles mit Pferden. Beyde haben auch zahlreiche Familien, der eine neun, der andere acht Kinder. Gerade vor dem Schloßgarten liegt das Böfinger Holz, in welchem alle Arten von Holz wachsen. Seit einigen Jahren sind auch Lerchenbäume angepflanzt worden. Der Pflanzen sind auch vielerlei in diesem Gehölze. An dem Fuße des Holzberges fließt die Donau“, beschreibt Johann Herkules Haid 1786 in seinem Buch „Ulm mit seinem Gebiete“.

Im Mittelalter stand als Vorgängerbau des Schlössles eine Burg, die dem Kloster Reichenau gehörte und 1446 an die Stadt Ulm ging, als auch der Ort ulmisch wurde. Auf den Grundmauern der Burg erbaute der Ulmer Patrizier Jacob Löw 1587 das Schlössle. Darüber gibt ein Wappen- und Bauinschriftstein, gefertigt vom Ulmer Steinmetz „Petter Shmid“ an der Südseite des Schlosses Auskunft. In späteren Jahrhunderten ging die Herrschaft an die Patrizierfamilie Besserer, daher wird es auch heute noch bisweilen „Besserer-Schlößchen“ genannt.

Die Renaissancefassade wurde restauriert

Interessant ist die Renaissancefassade, welche vom Ulmer Restaurator Kurt Kneer 1975 freigelegt und wiederhergestellt wurde. Um die Fenster stellen aufgetragene Putzkissen sowie Sgraffito-Fugen und -Streifen Steineinfassungen in Form von Keilsteinen dar. Das ist charakteristisches Ulmer Fassadendekor der Renaissance in Ulm. Hierbei wurden architektonische Elemente in Putzmodellierung und Sgraffito dargestellt - Sgraffito war eine Technik aus Italien, bei der noch in den feuchten Putz geritzt wurde.

Ein malerischer Rundweg ums Schlössle

Für Besucherinnen und Besucher ist ein Ausflug zum Renaissanceschlössle auch durch die grüne Lage des Bauwerks reizvoll. 2006 ist ein Rundweg angelegt worden, angelehnt an die Ideen der Regionalen Planungsgruppe RPG. Bänke laden ein, zu einer Pause mit malerischem Ausblick. Petra Starzmann