Donauschwäbisches Zentralmuseum in Ulm: Direktor Tamás Szalay vom Donauland in die Donaustadt
Sonderveröffentlichung

Meine Stadtmitte Donauschwäbisches Zentralmuseum in Ulm: Direktor Tamás Szalay vom Donauland in die Donaustadt

Der Ungar weiß, dass die Donau ist ein wichtiges verbindendes Element ist, nicht nur geografisch, sondern auch historisch

20.06.2023

Die Donau in Ulm erinnert Szalay an die Kindheit in Ungarn. Er wurde vor 54 Jahren in Pécs – auf Deutsch in Fünfkirchen – geboren. „Im Dunstkreis der Donau“, wie Szalay es ausdrückt, waren es von der Stadt aus rund 30 Kilometer zum Fluss. Pécs liegt auf einem Hügel. „Wir haben die Donau vermisst. Doch wir hatten ein Wochenendhaus an der Donau, da sind wir sehr gerne hingefahren“, blickt Szalay zurück. Bis heute hat er eine besondere Beziehung zu dem Fluss, was nicht zuletzt ausschlaggebend dafür war, dass er nach internationalen Stationen den Weg ins DZM und somit zur Donaustadt Ulm fand. Ulm ist eine der Donaustädte, die er kennt. Ein emotionaler Moment für Szalay ist, wenn ihm bewusst wird, dass die Donau entlang ihres Laufs eine Art Geschichte ihrer selbst entwickelt, sozusagen eine Biographie. In Ulm etwa sind noch Flusskiesel zu sehen, die vom Zulauf der Iller erzählen, in Wien sind diese zwar nicht mehr sichtbar, doch von Szalay gedacht. Abseits solcher poetischer Gedanken genießt der Museumsdirektor die Donau auch ganz profan als erquickenden Erholungsraum, wenn er entlang des Flusses mit dem Rad fährt oder spazieren geht.

Die Donau verbindet

„Die Donau ist ein wichtiges verbindendes Element, nicht nur geografisch, sondern auch historisch“, betont Tamás Szalay: „Nach den Türkenkriegen wurde die Grenze der westlichen Welt nach Osten verschoben. Der Donauraum war bis dahin noch weitgehend unbekannt. Schließlich wurde er der Raum der Habsburger Monarchie, die ja auch Donaumonarchie genannt wird.“ Für Szalay ist die Donau ein identitätsstiftendes Element, das Völker, Sprachen und Kulturen verbindet. Wichtig ist deren Austausch auch hinsichtlich Ideen und Waren, wie der studierte Literaturwissenschaftler unterstreicht: „Ich denke, es wäre wichtig, dass die Donauländer sich als gemeinsame Heimat betrachten.“ Dies schlug sich auch in seinem Konzept nieder, welches er mitentwickelte, als seine Heimatstadt Pécs 2010 Kulturhauptstadt Europas war. Denn Pécs kann betrachtet werden, wie ein Verbund der Donauländer im Kleinen: „Ich betrachte Pécs nicht als ungarische sondern als multiethnische Region. Daher war es für mich immer selbstverständlich, dass ich mich mit der Kultur der Donauländer beschäftige.“

Das Donauschwabenufer

Am Ulmer Donauschwabenufer befinden sich Gedenktafeln der Landsmannschaften der Donauschwaben nebst einer Gedenkstele. „Das ist für mich ein wichtiger Erinnerungsort“, bemerkt Szalay: „Die Tafeln und die Stele erzählen von einer 300-jährigen Geschichte, die nun beinahe zu Ende ist. Ab Ulm ist die Donau schiffbar. Ulm ist also Ursprungsort der Donauschwaben, da sie hier abfuhren. Gleichzeitig ist hier ein symbolischer Erinnerungsort der Rückwärtsbewegung, als es dann nach dem Zweiten Weltkrieg um Flucht und Vertreibung ging. Schließlich haben die Landsmannschaften einen wichtigen Beitrag zur Gründung des DZMs geleistet.“

Donau: nicht genau messbar undüberhaupt besonders

Am hiesigen Donauufer sind auf dem Asphaltweg Städte genannt, die alle an der Donau liegen. Ebenso Entfernungsangaben, alsFluss-Kilometer von der Mündung aus. „Wo genau der Ursprung ist und auch wo genau die Donau im Delta des Schwarzen Meers endet, kann nicht genau gemessen werden“, sagt Szalay. Schiffe seien früher oft noch weiter als bis zur Mündung, sogar bis nach Istanbul, gefahren. „Daher gab es schon Meinungen, dass der Bosporus eine Verlängerung der Donau ist.“ Überhaupt sei die Donau im 19. und noch im 20. Jahrhundert kulturell aufgeladen und romantisiert worden. Szalay verweist als Beispiel auf ein Ausstellungsstück in der DZM-Dauerausstellung Donaugeschichten, das Werbeplakat eines Reiseanbieters. Darauf steht: „Von den Alpen bis zum Orient“. Petra Starzmann