Aufklärung, Wissenschaft, Rationalisierung - alles ganz nützliche Dinge, keine Frage, aber seitdem die erste Dampfmaschine die Welt in eine bis heute nicht gebremste Bewegung versetzt hat, ist da auch immer diese Sehnsucht nach dem Ausweg aus dem Hamsterrad. Der Mensch ist auf den Mond geflogen, er bohrt nach den Schätzen im Erdboden, erforscht mit Riesenteleskopen die weitesten Weiten des Universums und dringt mit Supermikroskopen in die tiefsten Tiefen des Lebens vor. Alles muss erklärt sein, die Geheimnisse von heute sind die gelösten Rätsel von morgen. Stellt sich nur die Frage: Was macht das Herz, während das Hirn verstehen will?
Der berühmte Soziologe und Ökonom Max Weber (1864-1920) hat von der ,,Entzauberung der Welt" geschrieben, Dichter Friedrich Schiller (1759-1805) sah-noch ehe die Industrialisierung alles änderte - eine entgötterte Natur". Von beiden Hellköpfen ist nicht überliefert, ob sie jemals die Muswiese besuchten. Eher nicht. Aber hätten sie es getan, dann wäre ihnen die Bedeutung des Jahrmarkts für den hiesigen Menschenschlag ganz sicher nicht entgangen: Es ist die Wiederverzauberung der Welt im Oktober, die Hohenloher Herzen wärmt wie kein modernes Gaskraftwerk und keine Wärmepumpe es vermögen; es sind die Offenbarungen des Göttlichen in den vielen Tausend kleinen Musdorfer Dingen, die rational gar nicht zu (be) greifen, aber intuitiv zu (er) fühlen sind. Das Gute, das Schöne, das Wahre spitzt überall hervor, für jeden Besucher auf eigene Weise. Es zeigt sich im Schmatzen des Ebieres aloods, im Brutzeln der Schnitzel, im Knacken der gebrannten Mandeln, im Ah-weng-doa-Sei, im Sou-sei-deffe-wi-mer-haltsou-is, im Anblick der fröhlichen Budengassenmassen, im Frühnebel über den umliegenden Äckern, im Blitzen der polierten Bulldogs und im Leuchten der weit aufgerissenen Kinderaugen.
Es lag kein Zauber in den vergangenen Jahren der Pandemie. Die Hirne hirnten im Hochbetrieb, die Herzen hungerten. Und es wuchs der unbändige Wunsch, die Vernunft mal wieder fahren zu lassen, beim Bummeln, Schwätzen, Feilschen, Schnäpseln, Fachsimpeln, Schlachtplatteln. Ich bin mir sicher, liebe Hohenloher, die Musdorfer Verzauberung wird uns wohltun. Ja: Sie tut not. Und diese Beilage macht hoffentlich noch a weng mehr Luuschd.
Viel Freude bei der Lektüre und eine zauberhafte Muswiese wünscht
Sebastian Unbehauen (Redakteur)