Herr Hauk, Sie kommen offensichtlich gern nach Musdorf: 2006 waren Sie schon einmal Redner auf der Mittelstandskundgebung, im vergangenen Jahr haben Sie am Vorabend der Muswiese in der Halle der Familie Hofmann gesprochen. Was gefällt Ihnen hier?
Die Muswiese ist eine wunderbare Welt im Kleinen, ein Festival des Schönen, Nützlichen, Kreativen. Mich beeindruckt die Vielzahl der dargestellten Produkte mindestens ebenso wie die Leistungsfähigkeit unserer Wirtschaft, die sich hier präsentiert. Und vor allem geht es mir darum, direkt mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen. Ein ehrliches und gutes Gespräch mit Handwerkern, Landwirten oder Unternehmern ist für meine tägliche Arbeit besonders wertvoll. Kurz: Leistung und Begegnung sind die beiden herausstechenden Eigenschaften der Muswiese.
Wie schätzen Sie als Landwirtschaftsminister die Bedeutung der hiesigen Leistungsschau für die Branche ein?
Schon durch die Größe und Beliebtheit der Muswiese hat dieser uralte Handelsmarkt eine überregionale Bedeutung. Die Leistungsschau, bei der es ja bei Weitem nicht nur um die Technik geht, sondern mindestens ebenso um neue Ansätze und gute Beispiele für tierwohlgerechte Tierhaltung und Produktion, ist auch ein Gradmesser. Und zwar für Innovationen und dafür, wie Landwirtschaft sich entwickelt, wie sie zukunftsfähig wird.
Hatten Sie denn auch schon mal die Gelegenheit, ganz privat über die Muswiese zu schlendern?
Ja, sofern der Terminkalender zulässt, komme ich gern auch ganz privat.
Was interessiert Sie dann am meisten? Krämermarkt, Wirtschaften, Ausstellung? Oder zieht es Sie doch in den Autoscooter, um sich den Polit-Stress von der Seele zu boxen?
Am spannendsten finde ich immer diejenigen Beiträge, die etwas Neues zeigen: zum Beispiel im Bereich der Tierhaltung. Hier gibt es immer wieder gute, neue Konzepte, die unseren heutigen Ansprüchen an Tierwohl und hoher Qualität von Lebensmitteln entsprechen. Und natürlich sage ich zum hervorragenden und vielseitigen und regionalen kulinarischen Angebot nicht nein - weder als Ernährungsminister noch als Privatmensch.
Als badischer Odenwälder sind Sie in Stuttgart ein ähnlicher Exot wie ein fränkischer Hohenloher. Das schweißt zusammen, oder? Sind Sie deshalb so oft in Hohenlohe wie kein anderer Minister der Landesregierung?
Nun, erstens ist es die Aufgabe des Ministers für den Ländlichen Raum im Land und besonders hier im Ländlichen Raum präsent zu sein und nicht nur in Stuttgart im Büro zu sitzen. Und ich bin, weil quasi der Norden Baden-Württembergs, nebenan im Neckar-Odenwald-Kreis, eben auch meine Heimat ist, sehr, sehr gern hier.
Spaß beiseite: In Ihrer Rede wird es sicherlich um harte Politik für den ländlichen Raum gehen. Was genau erwartet das Publikum in der Festhalle Hahn?
Bei allem Frohsinn und aller Feierfröhlichkeit wird es auch darum gehen, dass wir, die politischen Amtsträger, ebenso wie wir, die Bürger im Land vor der Herausforderung stehen, die sich widersprechenden Anforderungen zusammenzubringen. Jeder will günstige Preise für Lebensmittel, jeder will zugleich höchste Qualität, jeder ist für Biodiversität - und gekauft wird dann trotzdem das Allerbilligste. Man will mitten in der Stadt wohnen und zugleich ab 22 Uhr absolute Ruhe. Man will auf dem Land wohnen, aber dann bitte mit U-Bahnanschluss 24 Stunden an 7 Tagen die Woche. Wir müssen wieder lernen, und uns Widersprüche auszuhalten zugleich klarwerden, was wir wollen - und was wir dafür bereit sind zu bezahlen. Im übertragenen wie auch im unmittelbaren Sinn.
Tut die Landesregierung genug für den ländlichen Raum?
Ja. Denn unsere zahlreichen Programme, die das Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Ländlichen haben immer den Raum im Fokus. Das ist sozusagen der Generalbass, der sich durch alle unsere Stücke zieht. Allen voran das Entwicklungsprogramm Ländlicher Raum (ELR), unser Flaggschiff der Strukturförderung in Baden-Württemberg. Mit der ELR-Förderung tragen wir aktiv dazu bei, dass Baden-Württemberg seine ausgeglichene, dezentrale Struktur auch in Zukunft behält. Gleichzeitig kann durch die Förderschwerpunkte auf aktuelle Entwicklungen eingegangen werden. Darüber hinaus habe ich mich auch erfolgreich dafür stark gemacht, den Kabinettsausschuss Ländlichen Raum weiterzuführen. Das ist eine Ideenschmiede für gute Initiativen und Projekte.
Zur Landwirtschaft: Was kann die Politik dafür tun, dass es auch künftig noch Hohenloher Bauern gibt, die auf der Muswiese Geschäfte machen?
„Die Politik“ muss man schon präzisieren. Da gibt es Aufgaben auf Landesebene: Unsere Förderlandschaft und die Gestaltungsmöglichkeiten, die wir in Stuttgart haben, konzentrieren sich auf die familiengeführte bäuerliche, kleinräumige Landwirtschaft, auf Biodiversität und die nachhaltige Erzeugung hochwertiger Produkte im besten Sinn des Wortes. Auf Bundesebene muss - ich nenne nur den Tierschutz oder die Tierhaltungauch etwas getan werden, und da stelle ich schon fest, dass oft halbgare und nicht zu Ende gedachte Vorhaben durchgepeitscht werden, die an der Lebenswirklichkeit der deutschen und baden-württembergischen Landwirtschaft vorbeigehen.
Angesichts weltweiter Krisen und globaler Herausforderungen, wie dem Klimawandel, brauchen unsere Bäuerinnen und Bauern verlässliche Rahmenbedingungen und Planungssicherheit. Der Umbau der Landwirtschaft und die nach wie vor sehr unsichere Lage auf den Märkten erfordern ein finanziell gut ausgestattetes Bekenntnis auch des Bundes zu einer leistungsfähigen Landwirtschaft und zu einem zukunftsfähigen Ländlichen Raum. So muss der Bund endlich ein langfristiges Finanzierungskonzept vorlegen, ansonsten läuft der Umbau der Tierhaltung und ein Umstieg auf höhere Haltungsformen ins Leere. In diesem Zusammenhang ist die geplante Kürzung der GAK-Mittel völlig inakzeptabel. Wem Tierwohl wichtig ist und wem eine kleinräumige und ausgewogene, dem Land und auch den Tieren verpflichtete Agrarstruktur wichtig ist, der darf jetzt keine Kürzungen dieses zentralen Steuerungsinstruments vornehmen.
Und schließlich ist, ganz wichtig, die europäische Ebene gefordert. In Brüssel beginnen etwa jetzt schon die Überlegungen für die künftige Agrarpolitik nach 2027. Und da werde ich für unsere Landwirte nach wie vor am Ball bleiben!
In Bayern, wo am Muswiesen-Sonntag gewählt wird, hat man das Gefühl, die CSU würde lieber mit dem Leibhaftigen koalieren als mit den Grünen. Hand aufs Herz: Ist es wirklich so schlimm?
Wichtig ist, dass sachorientiert diskutiert und gearbeitet wird. Gerade in der Landwirtschaftspolitik gilt es Ideologien auszublenden und pragmatische, nachhaltige und intelligente Lösungen gemeinsam umzusetzen. Das gelingt uns in der Landesregierung ganz gut, in der Bundespolitik ist das gerade leider nicht so.
Die Bierzelt-Rede als Spezialdisziplin der Politik ist im Zuge der Aiwanger-Diskussion stark in den Fokus gerückt. Wie halten Sie's in diesem volkstümlichen Umfeld? Lieber geradeheraus und frei von der Leber weg oder wohlüberlegt?
Dies hängt vor allen Dingen auch von Thema und Inhalt der Rede ab. Eine gewisse Sensibilität ist manchmal nicht nur wichtig, sondern auch geboten. Allerdings sollten nicht bei jeder Rede auf Kosten von Spontaneität, Humor und deutlicher Verständlichkeit Allgemeinplätze vorgetragen werden.
Zum Abschluss, Herr Hauk, noch einige muswiesentypische Entscheidungsfragen - gern mit kurzer Begründung!
Blutwurst oder Leberwurst?
Beides. Gerne vom örtlichen Metzger mit Sauerkraut, Kartoffelpüree.
Schlachtplatte oder Pilzpfanne?
Beides. Hauptsache regional.
Bier oder Apfelsaftschorle?
Schorle aus Streuobst wäre gut. Und am Abend - wenn ich nicht selber fahre - auch mal ein regionales Bier oder ein Glas guten Wein aus Baden-Württemberg.
Mit dem Auto oder mit dem Bus?
Solange mein Kollege Herrmann den ÖPNV im Ländlichen Raum noch nicht so ausgebaut hat, wie er versprochen hat, mit dem Auto.
Schlepper oder Dienstlimousine?
Die Leidenschaft ist beim guten, alten, blaugrünen Kramer.
Wirtschaftsessen oder Wirtschaftsmesse?
Nach der Messe in die Wirtschaft
Früh hin oder spät heim?
Je nach Uhrzeit.
„Hallo!“ oder „Sou, bisch ah weng doa?“?
Ein freundliches „Grüß Gott“
Tanzen oder diskutieren?
Miteinander sprechen ist das A und O.
Lange Unterhosen oder Kniestrümpfe?
Kniestrümpfe reichen völlig. Stichwort Klimawandel.
Sebastian Unbehauen