Sonderveröffentlichung

MUSWIESE 2024 Sie zieht uns an, sie macht uns ein

10.10.2024

Es gibt Leute, die behaupten, dass die genialste Erfindung nach dem Rad auf jeden Fall der Einwecktopf sei. Dieser „Hoofe“ rettet schließlich die Energie des Sommers hinüber in den Winter – damit Gurken, Zwetschgen, Kirschen und Birnen uns in den dunkelsten Monaten des Jahres daran erinnern können, wie hell, warm, lebendig es mal war und wieder wird. Kleinen Kraftspeichern gleich stehen die Gläser im Keller und der Speis, für die persönliche Energiewende, wenn wir fröstelnd in der Düsternis dümpeln. 

Und wie Früchte eingemacht werden müssen, um nicht gleich nach der Ernte hurtig dahinzufaulen, so ist es auch mit dem hiesigen Menschenschlag. Der Topf, in den sich der Homo Hohenlohicus dafür Jahr um Jahr hockt, ist die Muswiese. Die Sonnenwonne, die wir in uns angesammelt haben wie der Apfel am Baum, tragen wir im Oktober gemeinsam nach Musdorf, um die Süße reifer Lebensfreude auszukosten. Im Bierdunst und im Krautdampf der Wirtschaften, im herzerwärmenden und manchmal hitzigen Gespräch machen wir uns haltbar für den Winter. Der Jahrmarkt erzeugt einen Überdruck im heißen Herzen und schließt Erinnerungen darin ein. Diese können wir nutzbar machen, sobald wir sie brauchen. 

Dann hat man beispielsweise im Januar seine Handschuhe daheim vergessen, wartet zitternd auf den Bus und verdrückt eine Träne, die sowieso gleich gefrieren würde. Und plötzlich, wie aus dem Nichts, ist da der Gedanke an eine warme Blutwurst oder ans Metzgertanz-Feuer, ans Leuchten des Feuerwerks oder eine frischgebrannte Mandel auf der Zunge, an blankgeputzte Bulldogs, in denen sich die goldene Herbstsonne spiegelt, an Menschenmassen, die sich in Budengassen aneinanderschmiegen, an den wärmenden Willi am Schlebach-Stand, die kuschligen Socken vom Lieblingshändler, den Maroni-Rauch oder die Bermuda-Schwüle, das Leddichedooch-Herzklopfen oder den warmen Atem des Jungviehs. Und alles ist gut.

Doch so weit müssen wir jetzt noch gar nicht denken. Vor der Erinnerung kommt schließlich das Erlebnis. Muswiese wird's - von Samstag bis Donnerstag konservieren wir das Glück. Der schönste Hohenloher Jahrmarkt der Welt, er zieht uns an, er macht uns ein - es gilt das Motto: hin und weck! Und mit dieser Beilage schüren wir den Einmachhoofe voller Vorfreude schon mal an.

Eine glückselige Muswiese und viel Freude bei der Lektüre wünscht
Sebastian Unbehauen