Helmholtz-Institut in Ulm: Blackbox Batterie - Fluch oder Segen?
Sonderveröffentlichung

Nachhaltig Helmholtz-Institut in Ulm: Blackbox Batterie - Fluch oder Segen?

Immer mehr Autofahrer steigen auf Elektroantrieb um. Wo liegen die Knackpunkte der Elektromobilität - wie sieht ihre Zukunft aus?

Das Ulmer Helmholtz-Institut für Elektrochemische Energiespeicherung testet mit verschiedenen Apparaturen neu entwickelte Batteriematerialien und beobachtet mittels hunderter Ladeund Entladezyklen deren Leistungsund Kapazitätsverhalten. Im Bild ein Versuchsaufbau mit sogenannten Swagelok-Zellen. Fotos: Elvira Eberhardt, Fritz Beck

31.01.2023

Ob Taschenlampen, elektrische Zahnbürsten, Spielwaren oder Handys und Laptops: Batterien begleiten uns in vielen Lebensbereichen schon seit langem und liefern neben Energie vor allem Komfort und Unabhängigkeit. Auch in Verbindung mit Photovoltaikanlagen finden die Stromspeicher weiter fleißig Einzug ins häusliche Umfeld - genau wie als Antriebsquelle von E-Scootern, Pedelecs und Elektroautos. Doch wie die Anzahl, wächst auch die Skepsis an Elektromobilen auf den Straßen meist jedoch zu Unrecht, wie der Batterieforscher Prof. Dr. Maximilian Fichtner vom Ulmer Helmholtz-Institut für Elektrochemische Energiespeicherung weiß. ,,Viele der Kritikpunkte sind richtig gewesen, aber eben zu einem früheren Zeitpunkt", erklärt Fichtner, der technische Stand, mit und über den diskutiert werde, sei teilweise schon zehn Jahre alt. Seitdem habe sich die Speicherkapazität verdoppelt, und der Preis sei um 90 Prozent gesunken, so der 61-Jährige weiter, Mittelklassewagen kämen heute in der Regel zwischen 500 und 600 Kilometer weit, Fahrzeuge in der Oberklasse sogar bis 800 Kilometer.

Neues Batteriedesign für höhere Reichweiten

Wirft man einen Blick auf die aktuellen Entwicklungen im Batteriesektor, versprechen die Hersteller in ein bis zwei Jahren auch Elektroautos, die mit einer Ladung über 1000 Kilometer schaffen und an Schnellladesäulen innerhalb von zehn Minuten wieder von zehn auf 80 Prozent des Akkustandes geladen werden können, also 700 Kilometer Reichweite innerhalb kurzer Zeit. ,,Durch ein neuartiges Design und eine kompakte Anordnung der Batteriezellen im Akku spart man viel Platz, weshalb man dann als Speichermaterial zum Beispiel auch das voluminöse Eisenphosphat anstelle der derzeit verwendeten Nickel-Mangan-Kobaltverbindungen im Pluspol einsetzen kann", lässt Fichtner wissen. Eisenphosphat sei ein „günstiges Allerweltsmineral" mit hohen Vorkommen und niedrigem Preis. Für den Minuspol der Batterie wird in ersten Fahrzeugen eine Mischung aus Kohlenstoff und Silicium als hochleistungsfähige und nachhaltige Alternative für das aktuell verwendete Graphit getestet. 

"Seltene Erden sind in der Autobatterie nicht enthalten - das ist ein Mythos."

Prof. Dr. Maximilian Fichtner, Direktor des Helmholtz-Instituts

Damit ist eine Reichweitensteigerung von 30 bis 40 Prozent möglich. als kritischer Graphit gilt zudem Rohstoff, da es fast ausschließlich aus China kommt und man dessen Monopolstellung umgehen möchte. Kobalt gilt ebenfalls als kritisch, da die Vorräte begrenzt sind und es nur in wenigen Weltregionen verfügbar ist. ,,Seltene Erden sind in der Autobatterie aber nicht enthalten - das ist ein oft wiederholter, aber unrichtiger Mythos", betont Prof. Dr. Maximilian Fichtner, der Entwicklungsfokus liege derzeit international darauf, den Anteil von nachhaltig verfügbaren Rohstoffen weiter zu erhöhen. Dass dies heute schon gelingt, zeigt die Tatsache, dass mittlerweile nur noch acht Prozent des Kobalts in die Elektromobilität fließt, Tendenz sinkend - der Großteil wird mit 36 Prozent für Handy- und Laptopbatterien benötigt. Gut zu wissen: Der Weltmarktführer Tesla liefert bereits seit Juni 2022 rund die Hälfte seiner Fahrzeuge komplett ohne Kobalt aus, die anderen Hersteller folgen.

Recycling als Teil der Produktionskette

Doch was passiert mit den Speichermedien, wenn sie ausgedient haben? Bereits heute gibt es in Europa 38 Recyclingbetriebe, die sich für die kommenden Herausforderungen rüsten. „Bis Mitte der 2030er-Jahre müssen genügend Kapazitäten fürs Recycling geschaffen werden, um alle Fahrzeuge aus der aktuellen Hochlaufphase verwerten zu können", sagt Prof. Dr. Fichtner, denn mit rund 2000 Vollladezyklen gerechnet, erreiche eine Batterie nach rund 13 bis 15 Jahren oder einer Million Kilometer ihr Lebenszeitende. ,,Mehr als die Hälfte der benötigten Rohstoffe lasse sich dann aus recycelten Fahrzeugen decken, womit der vielfach angeprangerte CO₂-Fußabdruck der Akkuherstellung weiter verringert wird", ergänzt der studierte Chemiker. Letzterer sei mit einer Amortisierung nach 20 000 bis 30 000 Kilometern aber auch heute schon deutlich besser als oft vermutet. ,,Ebenso beweisen Sicherheitstests, dass die Brandlast eines Elektroautos in etwa vergleichbar ist wie die eines Verbrenners mit fügt hinzu. Kraftstofftank", seinem Fichtner abschließend Speziell entwickelte Schäume und Decken würden den Feuerwehren zudem die Löscharbeiten erleichtern. Martin Dambacher

Zur Person

Prof. Dr. Maximilian Fichtner ist seit 2013 Professor für Festkörperchemie an der Universität Ulm und seit Oktober 2021 geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts Ulm für Elektrochemische Energiespeicherung. Dazu leitet der 61-jährige Chemiker die Abteilung „Energiespeichersysteme" am Institut für Nanotechnologie des Karlsruher Instituts für Technologie, ist Sprecher des Exzellenz-Clusters ,,Energiespeicherung jenseits von Lithium" sowie Mitinitiator von „Geladen" - einem Chemie-Podcast.


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