Die bestmögliche Form, das Design eines Gebäudes, ergebe sich aus dessen Funktion. Doch wer diesen traditionellen Leitsatz ernst nimmt, kann bisweilen auch in Konflikte kommen – mit dem Budget des Bauherrn. Das war beim Gebäudekomplex der Stadtentwässerung auf dem Areal des Klärwerks West nordwestlich von Betzingen definitiv anders. Der Kostenrahmen wurde eingehalten.
Bis April 2021 war der Bereich „Kanal“ bei den Technischen Betriebsdiensten (TBR) untergebracht. Im April 2019 war der erste Spatenstich für die Fahrzeughalle und das neue Betriebsgebäude auf dem Areal des Klärwerks West getätigt worden. Gebaut wurde überaus hell und luftig. Das Neue entstand auf dem bisherigen Grund und Boden nordwestlich der Kläranlage. Der Aufenthaltsraum samt kleiner Küche bekam an seiner Decke große Rundleuchten. Der Boden dort, robust und sehr strapazierfähig, erhielt von Jochen Schmid einen Belag in sattem „Marigold“, der Farbe von Ringelblumen. Die großflächigen Fenster gehen bis auf den Boden, von dort geht es auf eine geräumige Terrasse. Hinzu kam auf derselben Ebene noch ein rund 150 Quadratmeter großer Veranstaltungsraum.
Der Architekt des Büros von Hartmaier + Partner in Reutlingen setzte auf beeindruckende Weise farbliche Akzente auch im Erdgeschoss des Sozialgebäudes. Im Sanitärbereich sind die Duschkabinen blau – und abwechselnd in grau, den Farben der SER. Die Anordnung der Räumlichkeiten ist eine Art Schleuse, was aus Gründen der Sauberkeit und Hygiene so sein muss, erläutert Anton Schmuker. Der SER-Abteilungsleiter, verantwortlich für die Abwassertechnik, beschreibt die Aufteilung in die „Schwarz- und Weißbereiche“.
Wenn Beschäftigte nach ihren Arbeiten irgendwo aus dem 600 Kilometer langen Kanalnetz der Stadt zurückkommen, ziehen sie ihre Stiefel und die schmutzige Arbeitskleidung aus – und geben diese in einem gesonderten Raum ab. Dann geht es in die Duschen. Insgesamt gibt es dort drei Abschnitte, zwei für die je 20 männlichen Beschäftigten, einen für bis zu fünf weibliche. Im operativen Bereich der SER am Betriebsstandort West arbeitet derzeit nur eine Frau, was sich in Zukunft, auch in dieser klassischen Männerdomäne, durchaus ändern könnte.
Nach dem Duschen geht es für die Beschäftigten in den quasi „Reinraum“, wo sich die saubere Kleidung befindet. Außerdem sind in diesem Gebäudetrakt Räume für die Anlieferung und Zwischenablage von gewaschener und desinfizierter Arbeitskleidung vorhanden – ebenso ein Erste-Hilfe-Raum.
Sechs Tore hat die neue Fahrzeughalle - samt Lager und Werkstatt. Hier finden die beiden großen Kanalspülfahrzeuge Platz, außerdem ein Sonderfahrzeug für die Gitterinspektion. Außerdem ist Platz für drei Anhänger (so die mobile Pumpe) – und drei PKW passen ebenfalls in die Halle. Gleich daneben befinden sich Lagerräume für Arbeitsmittel und Werkstätten für kleinere Reparaturen – so auch für die vorgeschriebene Wartung und Kontrolle. Die hat aus Sicherheitsgründen übrigens täglich zu erfolgen. Die beschichtete Betonbodenplatte wurde aufwendig angeschrägt, so dass Flüssigkeiten sofort ihren richtigen Weg in die Entwässerungsrinne der Halle des Unternehmens Stadtentwässerung Reutlingen finden. Jürgen Herdin
Neubau und Sanierung
Zur Optimierung der Betriebsabläufe wurden von der SER die Betriebsteile Kanal und Außenstationen am Standort Klärwerk West gebündelt. Hierzu war auch der Neubau des Sozialgebäudes samt Fahrzeughalle notwendig geworden. Das fast 40 Jahre alte Betriebsgebäude des Klärwerks wird derzeit von Grund auf saniert.