Klinker trifft auf altes Klostergemäuer: Pfullingen hat ein neues Kulturhaus. Dessen ebenfalls moderner Anbau ist ein elf Meter hoher Treppenturm, der Brücken schlägt zur benachbarten Klosterkirche. Diese kann damit endlich wieder für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen genutzt werden. Der Übergang sorgt für die erforderlichen Fluchtwege aus dem Gemäuer des 13. Jahrhunderts. Alle Räume sind nun barrierefrei erreichbar.
Am Wochenende wird groß gefeiert. Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner nennt das Ensemble einen Ort, "der den Reichtum unserer Vergangenheit bewahrt und zugleich den Blick in die Zukunft richtet“. Vier Millionen Euro hat das Projekt gekostet; die Hälfte davon sind überwiegend staatliche Zuschüsse - auch gab es Spenden. Vor 30 Jahren bereits wurde der Ruf laut nach einem Kulturhaus für Pfullingen, es entstand die Initiative „i'kuh“. Es dauerte bis zum Jahr 2014, als ein städtebaulicher Wettbewerb der Auftakt zur Realisierung war. Ihn gewann das Architektenbüro Thomas Bamberg. 2017 dann gründete sich der Förderverein Kulturhaus Klosterkirche (KUK). Fest stand von Beginn an, dass es ein Kulturhaus für alle werden sollte, und damit auch für private Feste wie Hochzeiten genutzt werden kann.
KUK betont, dass die lokale Wirtschaft, Handel und Tourismus das Kulturhaus ebenfalls vielfältig nutzen können“. Es solle die Stadt weiter beleben, mehr noch: „ein wichtiger Standortfaktor für die städtische Entwicklung sein.“ Das sieht Pfullingens Bürgermeister Stefan Wörner nicht anders. Sein besonderer Dank gilt dem Architekten Thomas Bamberg und seinem Team, den Fachplanern, den Handwerkern und dem städtischen Projektmanager Oliver Polzin, dem Pfullinger Gemeinderat - und den örtlichen Vereinen „für Ihr herausragendes Engagement“. Wörners Erwartung und Ausblick gleichermaßen ist: „Ich bin mir sicher, dass die Strahlkraft dieses Hausesweit über unsere Stadtgrenzen hinaus ihre Wirkung entfalten wird“. Es werde sich zum „Magneten für Kulturschaffende und Kulturinteressierte“ entwickeln.
Große Feier am Wochenende
Das Publikum empfängt ein Veranstaltungs-Saal mit rund 185 Quadratmetern, inklusive Sitztreppenanlage und Empfangsbereich. Dort befindet sich neben dem Treppenhaus-Turm zum Übergang Klosterkirche auch der Aufzug. Künstlerisches Ausrufezeichen im Turm sind die Figuren von Sanja Sašo. Sie schuf aus Draht geformte Körper, die „Heliotransfers“. Diese Skulpturen schweben in der Achse des Treppenhauses, auch über dem Bodender klösterlichen Räume. Im Zwiegespräch mit der Architektur wolle Sašo damit, so Thomas Bamberg, die Erinnerung wachrufen an die Klarissinnen von einst „die dort ständiger materieller Armut ausgesetzt waren.“
Der Saal mit moderner Klinkerfassade und 199 Plätzen fürs Publikum öffnet sich mit seinen großen Aluminium-Fensterflächen hin zum Garten des einstigen Klosters - mit dem nördlich der Alpen einzigen Sprechgitter des 1250 gegründeten Frauenklosters. Künstliches Licht hingegen kommt von LED-Bändern im Boden. Die Beleuchtung der Bühne verfügt über eine Theatertechnik mit LED-Flutern und „Moving Heads“. Das sind die Lampen, die Künstler und Szenen ins rechte Licht rücken.
Schauspieler, Künstler, Musiker und andere Kulturschaffende sind am Wochenende an der Reihe. Am Samstag, 29. Juni, ist neben anderen der Kunstkreis Pfullingen präsent mit einer Schau im Erdgeschoss der Klosterkirche. Pfullinger Kindergärten gehört das 1. Obergeschoss. Im Gewölbekeller zeigt i'kuh Filmausschnitte aus über 30 Jahren Kultur im Klosterkeller (kik).
Im Atelierhaus und im Garten steigt eine Mitmachaktion der VHS für Kinder und Jugendliche. Um 18.15 Uhr kommt das Jan-Hauff-Trio von der Musikhochschule Mannheim, um 19.15 Uhr ist die Musikschule Pfullingenan der Reihe. Um 20 Uhr tritt das EMU-Herbst-Trio auf, es gibt Pop- und Rocksongs mit urschwäbischen Texten.
Am Sonntag ist Programm von 11 bis 17 Uhr, ebenfalls mit viel Musik und Christine Baral, die aus ihrem Krimi „Eine Spur aus Seide“ liest. Um 16 Uhr dann gibt's „Opera Laiblin“ mit einer musikalischen Reise durch die Geschichte der Klosteranlage. Und noch einmal kommt in Sachen Ambiente schaffen der Architekt ins Spiel: Der hat in Sachen LED-Beleuchtung im neuen Saal für „ein frei einstellbares Farbenspektrum“ gesorgt.
Ein Tipp von Thomas Bamberg ist die Konfiguration Pfullinger Stadtfarben, Blau, Weiß, Rot“. Jürgen Herdin