Haller Schützengilde: Flucht aus dem Alltag
Sonderveröffentlichung

Ortsporträt Hessental Haller Schützengilde: Flucht aus dem Alltag

Internationales Vorderladerschießen in Schwäbisch Hall findet von Freitag bis Sonntag zum 53. Mal statt / Auf Haller Hasenbühl pflegen Menschen altes Wildwest-Brauchtum

Interessante Einblicke in das Lagerleben am Hasenbühl sind auch an diesem Wochenende wieder möglich. Fotos: Ufuk Arslan

01.09.2023

Die Schießwettbewerb sind nur ein Teil der großen Veranstaltung auf dem Haller Hasenbühl.

Auf Besucher üben auch das historische Zeltlager sowie die Marktstände große Anziehungskräfte aus.

Das internationale Vorderladerschießen in Schwäbisch Hall gilt als das größte und bedeutendste seiner Art in Europa. Die Gäste und Teilnehmer kommen unter anderem aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, aus Dänemark, Polen und der Schweiz.

Zeit zur Entschleunigung

Schon seit dem zurückliegenden Wochenende campen die ersten Indianer, Trapper, Soldaten und Cowboys auf dem Gelände, das von der Bühlertalstraße aus gut zu sehen ist. Sie haben es sich zum Hobby gemacht, das Wildwest-Leben von einst nachzuempfinden. Manche haben sogar ihren ganzen Lebenswandel darauf eingerichtet. Nicht wenige Teilnehmer verstehen ihren Aufenthalt auf dem Gelände am Hadem Allsenbühl als Gelegenheit, tag zu entfliehen und Zeit mit Gleichgesinnten zu verbringen.

Regen und kühle Temperaturen

„Feuer frei“, heißt es beim Vorderladerschießen. Fotos: Ufuk Arslan
„Feuer frei“, heißt es beim Vorderladerschießen. Fotos: Ufuk Arslan

„Das ist mein Urlaub hier“, erzählte Melanie Schaible im vergangenen Jahr. „Ich werde nicht von Nachrichten bombardiert. Ich nutze das zum Entschleunigen.“ Sie verzichtet während ihrer Zeit im Camp weitgehend auf zivilisatorische Errungenschaften. Sie verrät: Auf Indianisch heiße sie „Mato Sapa“. Das bedeute so viel wie Schwarzer Bär. Den Namen habe sie von ihren Stammesbrüdern bekommen, weil sie sich um ihr Volk wie eine fürsorgliche Mutter um ihre Jungen kümmert.

Ein Blick auf die Wetterkarte verrät, dass die Herausforderungen in diesem Jahr besonders werden könnte. Regen und kühle Temperaturen sind angesagt.

Bereits am zurückliegenden Wochenende sind die ersten Wild-West-Camper angereist. Die Platzordnung legt fest, dass sie spätestens bis kommenden Montag wieder abgereist sein sollten.

Was den Aufenthalt der Gäste angeht, sind die Spielregeln des gegenseitigen Miteinanders klar geregelt. Das macht die Schützengilde Schwäbisch Hall, die das Vorderladerschießen veranstaltet, deutlich. Zu den Regeln gehört beispielsweise, dass Feuer nur in Feuerschalen oder Ähnlichem abgebrannt werden darf.

Nicht erlaubt ist es, Gruben auszuheben, um darin Feuer zu entzünden. In Jahren großer Trockenheit sind offene Feuer komplett verboten. Große Trockenheit ist in diesem Jahr nicht zu erwarten. Die Herausforderung könnte eher darin liegen, das Feuerholz trocken zu halten.

Blick über das Campinggelände am Hasenbühl.
Blick über das Campinggelände am Hasenbühl.

Nicht erlaubt ist es, das Holz in den anliegenden Wäldern zu schlagen. Die Camper müssen es mitbringen, sie können es aber auch vor Ort auf Vermittlung des Veranstalters einkaufen.

Die Cowboys, Indianer, Trapper und Soldaten haben Waffen bei sich. Es ist streng untersagt, diese außerhalb der Schießstände zu benutzen. Reglementiert ist auch das Salut- und Böllerschießen. Es findet zu festen Zeiten an festgelegten Orten statt, ist der Platzordnung zu entnehmen.

„Das Schießen und Böllern mit Kanonen ist aus räumlichen und sicherheitstechnischen Gründen nur nach vorheriger Absprache mit dem Veranstalter möglich“, ist in der Platzordnung nachzulesen. Anzumelden ist solches im Sheriffs-Office. Auf dem Campinggelände ist es außerdem untersagt, mit Messern und Äxten zu werfen. Darauf weist die Schützengilde ausdrücklich hin.

Das Programm

Zum Programm der Veranstaltung an diesem Wochenende gehören das Bogenschießen für Jedermann sowie Live Country-Musik, die am Freitag und Samstag geboten wird.

Zeiten, zu denen mit Vorderladern geschossen wird: Donnerstag, 13 bis 18 Uhr (Training); Freitag, 10 bis 12 Uhr und 13 bis 18 Uhr; Samstag, 9 bis 12 Uhr und 13 bis 18 Uhr; Sonntag, 9 bis 12 Uhr. Ein Jedermannschießen ist am Sonntag von 13 bis 16 Uhr. Die Siegerehrung findet am Sonntag gegen 15 Uhr statt. just

Die Haller Schützengilde ist um das Jahr 1300 entstanden

Die Schützengilde
Schwäbisch Hall gilt als einer der ältesten Vereine Deutschlands. Sie ist um das Jahr 1300 gegründet worden. Ein genaues Datum ist nicht bekannt. Das erste Vorderladerschießen hat am 4. und 5. Oktober 1969 stattgefunden. Veranstalter war damals das Deutsche Waffenjournal (DWJ) in Kooperation mit der Schützengilde. Das Fachmagazin DWJ hatte lange seinen Sitz in Schwäbisch Hall.

Geführt wird die Schützengilde Schwäbisch Hall von Hermann Kurz und Frank Greiner. Hermann Kurz ist Oberschützenmeister, Frank Greiner Erster Schützenmeister. Bei beiden laufen auch die Fäden in der Organisation des Internationalen Vorderladerschießens zusammen. Ihnen stehen Daniel Aasmann als Zweiter Schützenmeister rund Roland Prinz als Kassier zur Seite.

Was sind Vorderlader?
Es sind Waffen, die durch die Laufmündung von vorn geladen werden. Zunächst wird das Schwarzpulver eingefüllt, anschließend meist ein Zwischenmittel, schließlich das Geschoss. Zahlreiche Vorderladerschützen beschäftigen sich ausgiebig mit ihren Waffen. Sie stellen die Waffen sowie die Munition teilweise selbst her.

Viele von ihnen haben in diesen Bereichen ein hohes Know-how entwickelt, was sich auch im Erfolg bei Wettbewerben niederschlägt.