In der Gemeinde Böhmenkirch wird dieses Jahr das 800-jährige Bestehen gefeiert, worauf auch eine hölzerne Jubiläumsbank vor dem Rathaus mit den eingebrannten Daten 1225 – 2025 verweist. Auch das Maislabyrinth machte diesen Sommer auf kreative Weise auf die landwirtschaftliche Prägung der Ortschaft aufmerksam. Im näheren Umfeld sind freundlich dreinschauende Alpakas zu bewundern, die in der Teilgemeinde Steinenkirch gezüchtet werden und über imposant gefiederte Zweibeiner mit lustigen Frisuren freuen sich Familien auf der Straußenfarm „Lindenhof“.
Böhmenkirch liegt abseits der Ballungszentren Stuttgart, Ulm und Heidenheim, aber keineswegs „abseits vom Schuss“, denn wer den Städtesound sucht, kann ihn von hier aus gut erreichen. Das Besondere an dieser Ortschaft ist die Lage inmitten eines Naherholungsgebietes, und zwar zu jeder Jahreszeit, denn es gibt sogar Skiliftbetreiber in Treffelhausen und Schnittlingen und anderweitige Angebote zum Langlauf in der Region. Wälder, freie Höhen und romantische Täler innerhalb des Natur- und Landschaftsschutzgebietes können zu Fuß oder mit dem Fahrrad auf markierten Wegen erkundet werden. Ein Markenzeichen sind die vielen uralten Linden an Weggabelungen oder markanten Punkten. Wer hier der Landschaft mit achtsamem Blick begegnet, kann sich an fantastischen Landschaftskulissen, atemberaubenden Ausblicken, Wacholderheiden oder Orchideenwiesen erfreuen.



Böhmenkirch liegt mit aktuell knapp 5700 Einwohnern an der Schwäbischen Albstraße und am FränkischSchwäbischen Jakobsweg. Nordöstlich ist der Ort markant geprägt von einem Windpark. Die ehemals selbstständigen Gemeinden Schnittlingen, Steinenkirch und Treffelhausen sowie die beiden Weiler Heidhöfe und Trasenberg zählen heute zur Gesamtgemeinde. Im Zuge der Gemeindereform in Baden-Württemberg wurden im Januar 1973 Treffelhausen und Schnittlingen sowie im Januar 1974 Steinenkirch eingemeindet. „Bei den Jubiläen haben wir dieses Jahr nicht nur 800 Jahre Böhmenkirch gefeiert, sondern auch das 750-jährige Bestehen der beiden Ortsteile Treffelhausen und Steinenkirch“, berichtet Bürgermeister Matthias Nägele, der seit 2010 im Amt ist. Die großen Jubiläumsfeiern fanden im ersten Halbjahr statt, sehr guten Anklang finden in Böhmenkirch auch die „After-Work-Events“ auf dem Rathausplatz. Die organisierte der Gemeinderat als „Donnerstagsaktion“ zusätzlich im Rahmen des Jubiläumsjahrs.






Im roten Gemeindewappen von Böhmenkirch wird eine goldene Holzkirche gezeigt. Laut der Stuttgarter Archivdirektion nahm die Gemeinde im Jahr 1957 dieses sogenannte Namenswappen an, weil es auf die Deutung des Ortsnamens schließen lässt. Der leitet sich von Baumenkirche ab, was durch eine aus Baumholz bestehende Kirche versinnbildlicht wird. Die Farben Gelb und Rot verweisen auf die Herrschaft Rechberg. Wappen und gelb-rote Flagge wurden im September 1958 vom Innenministerium verliehen.
Böhmenkirch wurde im Jahre 1225 in einem vatikanischen Register erstmals als Bominwirche urkundlich erwähnt. 1302 wurde die Gemeinde zum Pfand des Reiches im Besitz der Grafen von Helfenstein. Graf Ulrich III. von Helfenstein war 1307 auf Grund seiner Verschuldung gezwungen, Gebiete an Albert I. von Rechberg zu verpfänden, darunter auch Böhmenkirch. 1476 verfügte die Gemeinde über das Stadtrecht mit hoher Gerichtsbarkeit, was in der Neuzeit offenbar verloren ging. Böhmenkirch war Reichsgut, wenngleich dauerhaft an das Haus Rechberg verpfändet, und genoss besondere Rechte. Die spielten auch beim Böhmenkircher Bauernaufstand von 1580 bis 1582 gegen Haug (Hugo) von Rechberg eine Rolle.



Die ritterschaftliche Herrschaft der Rechberger verlor in der napoleonischen Zeit ihre Reichsunmittelbarkeit. Dabei fiel Böhmenkirch mit der Herrschaft Weißenstein 1806 an das Königreich Bayern. 1810 wurde Böhmenkirch auf Grund des Grenzvertrags von 1810 an das Königreich Württemberg abgetreten und dem Oberamt Geislingen zugeordnet. Am 14. April 1910 ereignete sich in der Ortschaft eine Brandkatastrophe, verschärft durch Wassermangel und Strohdächer, bei der 74 Wohnhäuser zerstört und 372 Personen obdachlos wurden. Nach dem Ende der Monarchie gehörte Böhmenkirch zum Volksstaat Württemberg. Bei der Kreisreform während der NS-Zeit in Württemberg gelangte die Gemeinde 1938 zum Landkreis Göppingen. 1945 bis 1952 befand sie sich im Nachkriegsland Württemberg-Baden, das 1945 in der Amerikanischen Besatzungszone gegründet worden war. 1952 gelangte die Gemeinde zum jetzigen Bundesland Baden-Württemberg. Am 26. September 2021 stimmten die Bürger Böhmenkirchs mit 71,53 Prozent der Stimmen dafür, einen Landkreiswechsel zum Ostalbkreis, Landkreis Heidenheim oder Alb-Donau-Kreis zu prüfen. Auch andere Gemeinden taten mit diesem Prüfungsantrag ihre Unzufriedenheit mit der Verwaltung und Entscheidungen des Landkreises Göppingen kund. Brigitte Scheiffele
Partnerschaftliche Beziehungen pflegt die Ortschaft zur Marktgemeinde Böheimkirchen im Mostviertel in Niederösterreich.
Bürgermeister Matthias Nägele hebt an Böhmenkirch den „wunderbaren Mix eines vielfachen Vereinslebens in Verbindung mit der zauberhaften Landschaft“ hervor. Dabei nennt er die beliebten Ausflugslokale Obere Roggenmühle mit Forellenzucht, das Magental und die Ravensteiner Runde als Wanderstrecke. „Hier ist ein Platz, an dem man sich wohlfühlen kann.“ Besondern die beiden Sportvereine, die TG Böhmenkirch und der TV Treffelhausen, seien sehr gut aufgestellt, daneben gebe es gleich drei Musikvereine – in Böhmenkirch, Treffelhausen und Schnittlingen. Ehrenamt spielt also gerade aufgrund der Vielzahl der Vereine eine große Rolle und agiert mit vielen engagierten und helfenden Händen. Weiter diene das Bürgermobil als „super Einrichtung für unsere älteren und hilfsbedürftigen Mitbürgerinnen und Mitbürger“. Zudem wurde der Verein „Gemeinsam gut älter werden“ gegründet und die Seniorenarbeit auf neue Füße gestellt. Entsprechende Veranstaltungen sind gut besucht. Besonders freut sich der Bürgermeister, dass die hausärztliche Versorgung gesichert werden konnte. Zusammen mit zwei Zahnärzten, einer Apotheke und Anbietern von Physiotherapie sei der Ort im medizinischen Bereich gut aufgestellt. Auch ein Pflegeheim ist vorhanden.
Wirtschaftlich war Böhmenkirch früher sehr stark land- und forstwirtschaftlich geprägt. Durch die Erschließung der Gewerbegebiete in den vergangenen Jahrzehnten gibt es heute einen guten Mix aus Handwerksbetrieben, Automobilzulieferern, Transportgewerbe, Bauwirtschaft, IT-Unternehmen und vieles mehr.