Mit dem Besonderen Gemeindereformgesetz vom 9. Juli 1974 wurde in Baden-Württemberg eine weitreichende Gemeindereform abgeschlossen und zum 1. Januar 1975 in Kraft gesetzt. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass sich die Strukturen von Gesellschaft und Wirtschaft in den Jahrzehnten zuvor auf vielfältige Weise verändert haben, während diejenigen der öffentlichen Verwaltung unverändert geblieben sind.
Früher, so der damalige Innenminister Walter Krause, sei die Gemeindeverwaltung in erster Linie eine Ordnungsverwaltung gewesen. Ihre Aufgaben umfassten vor allem die Funktionen Meldebehörde, Standesamt, Ortspolizeibehörde und Feuerwehr. Die moderne Gemeinde zeichne sich aber durch ihr Angebot unter anderem an Schulen, öffentlichen Büchereien, Sportanlagen und Kindergärten aus, also durch Leistungen, die den gestiegenen Ansprüchen der Menschen gerecht werden.
Viele Gemeinden konnten jedoch mit diesen neuen Herausforderungen nicht Schritt halten. Durch die Bildung von Verwaltungsgemeinschaften versprach man sich mehr Effektivität und Effizienz.


Landkreis Hall sehr betroffen
Der Reformprozess, der 1968 begann, dauerte insgesamt sechs Jahre. Die Zahl der Kommunen reduzierte sich zum 1. Januar 1975 von 3379 auf 1111. Hatten vor der Reform noch rund 1800 Kommunen und damit mehr als jede zweite Gemeinde weniger als 1000 Einwohnerinnen und Einwohner, waren es zu Beginn des Jahres 1975 nur noch 100.
Im Landkreis Schwäbisch Hall fiel die Reduzierung überdurchschnittlich drastisch aus. Gab es im Januar 1968 hier noch 109 Kommunen mit durchschnittlich 1338 Einwohnern, so waren es am 30. November 2023 nur noch 30 Kommunen mit durchschnittlich 4538 Einwohnern pro Gemeinde. Nur im Main-TauberKreis wurde die Zahl der Kommunen noch stärker – um 87 Prozent – reduziert.
Die Reform brachte vor allem den Gemeinden im ländlichen Raum einen Zuwachs an Leistungs- und Verwaltungskraft. Für Kritiker büßte die kommunale Selbstverwaltung allerdings an Bürgernähe ein, weil die Kommunalpolitik in entferntere Handlungszentren neu gebildeter Einheitsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften abwanderte.


Nur teils freiwillig
Am 3. Oktober 1971 endet die Bürgeranhörung in Eckartshausen mit überwiegender Zustimmung zum Zusammenschluss mit Ilshofen. Eine Woche später wird der Vertrag unterzeichnet. Obersteinach folgt am 13. Dezember des gleichen Jahres nach. Auch hier stimmen die Bürgerinnen und Bürger eindeutig für Ilshofen (und gegen Wolpertshausen). Ähnlich (nur umgekehrt) liegt der Fall mit Sölbot zwei Jahre später: Hier wurde Ilshofen gewählt, weshalb die Stadt einen Vertrag mit Langenburg abschließt, zu der die Sölboter Muttergemeinde Bächlingen gewechselt ist. Ebenso freiwillig geht 1972 Ruppertshofen nach Ilshofen. „Das ist besonders beachtlich, weil zwischen beiden Gemeinden die Kreisgrenze verläuft und das Innenministerium deshalb eine Zuordnung innerhalb der Kreisgrenzen zu Kirchberg vorgesehen hatte“, schreibt der damalige Bürgermeister Hermann Merz im Heimatbuch.
Vollzogen wird dieser Schritt zusammen mit der Kreisfusion am 1.1.1973. Nur in Unteraspach stimmen die Bürgerinnen und Bürger im Januar 1974 gegen die Eingemeindung, obwohl das Angebot aus Ilshofen gut ist und der Gesetzgeber den Zusammenschluss verlangt. Im November beschließt der Gemeinderat deshalb mit knapper Mehrheit, von einer Klage abzusehen, worauf es zum Vertrag mit Ilshofen kommt. Eine spätere Klage im Dezember wird abgewiesen. Zum 1. Januar 1975 ist auch Unteraspach mit seinen Teilorten in Ilshofen dabei.
kere (Quellen: Statistisches Landesamt BW, swp/uts)
Langer Protest
Unteraspach hat sich lange gegen die „Vermählung“ gewehrt.
Zur früheren Gemeinde Unteraspach gehörten die Dörfer Oberaspach, Unteraspach, Gaugshausen, Oberscheffach, Großstadel, Kleinstadel, Kerleweck, Steinbächle, Lerchenhof und Lerchenmühle.
Unteraspach hat eine wechselvolle Geschichte, die bis ins Mittelalter zurückreicht, vermerkt das 1980 erschienene Heimatbuch, wo auch der Ortsname erklärt wird: Aspe sei die ältere Bezeichnung für Esche und Pach eine Revierbezeichnung, die auf die Lage an einem Bach deutet.
In Unteraspach stimmten die Bürgerinnen und Bürger im Januar 1974 gegen die Eingemeindung, obwohl der Gesetzgeber den Zusammenschluss verlangt. Im November beschließt der Gemeinderat deshalb von einer Klage abzusehen, worauf es zum Vertrag mit Ilshofen kommt. Seit 1. Januar 1975 gehört Unteraspach mit seinen Teilorten zu llshofen.
Erster Beitritt
Eckartshausen erteilte als erste Gemeinde seine Zustimmung.
Eckartshausen wird 1298 erstmals als „Oggershusen“ urkundlich erwähnt. Bis Ende des Heiligen Römischen Reiches war der Weiler eine Außenbesitzung der damaligen Reichsstadt Hall, dem heutigen Schwäbisch Hall, im damaligen Amt Bühler des Haller Landterritoriums. Nach Auflösung der Reichsstadt und Übernahme der Haller Landgebiete durch Württemberg 1802, gehörte der Ort zusammen mit Oberschmerach bis 1893 zur Gemeinde Großallmerspann und wurde dann eine selbstständige Gemeinde. Die Entwicklung verdankte der Ort vor allem seinem 1867 in Betrieb genommenen Bahnhof. Das Gebäude wurde nach umfangreicher Sanierung im Jahr 2022 mit dem Denkmalschutzpreis Baden-Württemberg des Schwäbischen Heimatbundes ausgezeichnet.
Am 1. Dezember 1971 wurde Eckartshausen nach Ilshofen eingemeindet.
Gegen Kirchberg
Ruppertshofen suchte selbst den Anschluss an Ilshofen.
Ruppertshofen, früher auch Ruprechtshofen oder Ruprechtshausen, war bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zu einem Drittel Teil der Reichsstadt Hall (Schwäbisch Hall) und zu zwei Dritteln Teil des Fürstentums Hohenlohe-Kirchberg. Am 1. Januar 1973 wurde die Gemeinde Ruppertshofen Teil der Stadt Ilshofen. Neben dem namengebenden Hauptort Ruppertshofen gehörten die Weiler Leofels und Hessenau zum Stadtteil.
Der Name Leofels lässt sich zurückführen auf die Stauferburg Löwenfels, die 1230 bis 1235 als Reichsburg erbaut und 1303 erstmalig urkundlich erwähnt wurde. Auf der Burgruine finden jährlich im Sommer die Burgschauspiele statt.
Die Gründung von Hessenau (auch Hesenowe oder Hessenawe) dürfte bis ins 10. Jahrhundert zurückreichen, ist im Heimatbuch zu lesen. Die Mühle wird 1303 erwähnt.
Votum für Ilshofen
Obersteinach zog Ilshofen Wolpertshausen vor.
Obersteinach besteht neben dem größten namensgebenden Ort aus fünf weiteren Teilorten: Sandelsbronn, Altenberg, Windisch-Brachbach, Niedersteinach sowie Söllbot, alles landwirtschaftlich geprägte Weiler. Durch die Kreisreform 1938 wurden die Weiler Altenberg, Niedersteinach, Sandelsbronn und Windisch-Brachbach eingegliedert. 1972 kam der Ort Söllbot hinzu. Am 1. Januar 1972 wurde Obersteinach nach Ilshofen eingemeindet. Altenberg wird in Verbindung gebracht mit dem bis 1480 ansässigen Ortsadel der Alten von Altenberg. Niedersteinach wurde 1477 erstmals unter dem Namen Nidern Steinach erwähnt und gehörte zum Rittergut der Herren von Gemmingen. Bis in das Jahr 1806 zählte Niedersteinach zum Kanton Odenwald des fränkischen Ritterkreises. Sandelsbronn wird 1369 unter dem Namen Sandoltesbrunnen erwähnt.
Offene Arme
Ilshofen wird zum neuen Zentrum der Region.
Ilshofen wurde 1288 erstmals als Besitz des Grafen von Flügelau erwähnt. 1330 erlangte Ulleshoven durch Kaiser Ludwig den Bayern das Stadtrecht. Aufgrund der Verschuldung des Grafen Ulrich von Hohenlohe, musste dieser 1398 die Stadt an die Reichsstädte Dinkelsbühl, Schwäbisch Hall und Rothenburg ob der Tauber verkaufen. 1562 wurde die Reichsstadt Schwäbisch Hall zum alleinigen Besitzer von Ilshofen. Das Territorium der Reichsstadt Schwäbisch Hall wurde im Verlauf der Koalitionskriege 1802 durch württembergische Truppen besetzt und 1803 im Zuge der Mediatisierung an das Herzogtum Württemberg angegliedert. Dabei kam auch Ilshofen 1802 unter württembergische Herrschaft. Im Zuge der Gemeindereform wurden in den 1970er Jahren die heutigen Stadtteile Eckartshausen, Unteraspach, Obersteinach und Ruppertshofen eingemeindet. kere/uts