Mindestens 649 Euro pro Monat – so viel verdienen Auszubildende, die in diesem Jahr in die Berufsausbildung starten. Für junge Menschen, die gerade erst die Schule abgeschlossen und noch nie zuvor ein regelmäßiges Gehalt bekommen haben, ist das viel Geld. Wer noch zu Hause wohnt, kann den Lohn unter Umständen für sich behalten, manche müssen aber auch was zum Familienunterhalt beitragen. Unterm Strich sollte aber immer etwas übrig bleiben.
Mit dieser neu gewonnenen Freiheit muss man erst einmal umgehen lernen. Denn ausgegeben ist das Gehalt bis zum Monatsende schnell – die Frage ist nur, wofür? Wir klären auf, wofür Auszubildende unbedingt Geld zur Verfügung haben und bei welchen Ausgaben sie sich besser zurückhalten sollten.
Hierfür sollten Azubis unbedingt Geld locker machen:
Versicherungen: Vor existenziellen Risiken sollten sich bereits junge Menschen schützen. Besonders wichtig sei daher schon für Auszubildende eine Privathaftpflichtversicherung, sagt Prof. Hartmut Walz von der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft in Ludwigshafen. Sie leistet immer dann, wenn Dritte durch eigenes Fehlverhalten zu Schaden kommen. Die Schäden, die diese Versicherung reguliert, können in die Millionen gehen, der Versicherungsbeitrag für eine gute Police kann aber bei unter 50 Euro pro Jahr liegen.
Kein Muss, aber sinnvoll sei zudem der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung, sagt Prof. Michael Heuser vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA). Diese Police schützt vor den finanziellen Folgen, wenn Auszubildende und Beschäftigte ihrer Arbeit aufgrund eines Unfalls oder einer Krankheit nicht mehr oder nur noch eingeschränkt nachgehen können. Je nach Tarif und Absicherung kann die Versicherungsprämie hier bei mehreren Hundert Euro liegen. Bei Abschluss in jungen Jahren sind die Beiträge allerdings noch niedriger. Weil diese Versicherung sehr erklärungsbedürftig ist und viele Stolpersteine beinhaltet, sollten Laien sich unbedingt fachkundig beraten lassen.
Finanzen: Von ihren ersten Monatsgehältern sparen sich Auszubildende am besten zunächst eine Geld-Reserve zusammen, auf die sie schnell zugreifen können – wenn zum Beispiel eine unvorhergesehene Reparatur ins Haus steht oder das Smartphone ersetzt werden muss, rät Heuser. Dieses Polster sollte etwa bei drei bis sechs Nettomonatsgehältern liegen und am besten auf einem gut verzinsten Tagesgeld- oder einem Festgeldkonto mit kurzer Laufzeit geparkt werden.
Erst wenn dieses Geld zusammen ist, können Azubis sich an die Altersvorsorge machen – ein Muss ist das zwar nicht, der Berufsstart sei dafür aber ein guter Zeitpunkt, sagt Volker Schmidtke von der Verbraucherzentrale Berlin. Eine Möglichkeit dafür: Ein Sparplan auf einen breit streuenden Indexfonds (ETF) – etwa den MSCI World. Je nach Anbieter kann das Depot so Monat für Monat schon mit ein- oder niedrigen zweistelligen Beträgen bespart werden. Wird es finanziell mal knapp, kann der Sparbetrag auch verändert oder ganz ausgesetzt werden.
Sofern ein Anspruch besteht, sollten sich Auszubildende eines aber auf keinen Fall entgehen lassen: vermögenswirksame Leistungen (VL). Viele Arbeitgeber fördern den Vermögensaufbau ihrer Beschäftigten laut Heuser mit Zuschüssen von bis zu 40 Euro pro Monat. Dieses Geld können sich Auszubildende direkt in einen VL-Vertrag, einen VL-Fondssparplan oder einen VL-Bausparvertrag einzahlen lassen. Die staatliche Arbeitnehmer-Sparzulage kommt gegebenenfalls on top. Eine Nachfrage im Betrieb lohnt sich.
Diese Verpflichtungen sollten Azubis nicht eingehen:
Konsum: Wer als junger Mensch plötzlich Geld verdient, hat mit einem Mal Möglichkeiten, die vorher nicht da waren. Ein schönes Handy, Markenklamotten, ein teures Fahrzeug oder die eigene Wohnung können da schon verlockend sein. Walz empfiehlt Auszubildenden dringend, solchen Reizen zu widerstehen, die letztlich nur prestigeträchtig, aber vollkommen verzichtbar sind.
Auch von teuren Urlauben und Luxus-Fitnessstudio-Verträgen sollten Auszubildende besser die Finger lassen, rät Heuser. Erst recht, wenn der Konsum auf Pump finanziert ist – also etwa ein Kredit dafür aufgenommen oder das Konto überzogen werden muss. Ein solches Verhalten kann laut Walz in die Überschuldung führen.
Versicherungen: Unnötige Versicherungsabschlüsse sollten Berufsstarter ebenfalls unterlassen, sagt Verbraucherschützer Schmidtke. Dazu zählen etwa Policen für Elektronikgeräte wie das Smartphone, Tablet oder Notebook. Sie sind vergleichsweise teuer, versichern aber ein überschaubares Risiko. Geht etwas davon zu Bruch, sollten Auszubildende besser auf ihr finanzielles Polster zurückgreifen, so Schmidtke.
Zudem macht es Heuser zufolge Sinn, sich zum Ausbildungsbeginn mit den Eltern zusammenzusetzen und zu prüfen, welcher Versicherungsschutz bereits besteht. Auszubildende, die noch zu Hause wohnen, sind in der Regel über die elterliche Privathaftpflichtversicherung geschützt. Eine eigene Absicherung wäre daher unnötig.
Altersvorsorge: Von unflexiblen Altersvorsorgeprodukten wie der Rürup-Rente rät Volker Schmidtke Heranwachsenden ebenfalls ab. Hier fielen zu Beginn der Laufzeit gleich sehr hohe Kosten an, Berufsanfänger könnten noch gar nicht absehen, welche Möglichkeiten sie später haben, welche Ziele sie verfolgen wollen. „Oft erweist sich dann eine schon abgeschlossene Rentenversicherung als Fehler“, so der Verbraucherschützer.
Über diesen Teil des Lohns sollten Azubis frei verfügen:
„Die ‚richtige‘ Antwort hängt stark davon ab, ob die Azubis wirklich weitgehend für ihre eigenen Lebenshaltungskosten aufkommen oder daheim Kost und Logis völlig gratis erhalten“, sagt Walz. Denn die finanziellen Möglichkeiten sind dann komplett unterschiedlich.
In beiden Fällen sollten sich Azubis aber eine Art Taschengeld genehmigen, über das sie nach Lust und Laune selbst verfügen können, so Heuser – etwa fürs Ausgehen, für Einkäufe, Kinobesuche, Ausflüge und sonstiges. Er rät zu einer Größenordnung von 90 bis 100 Euro im Monat.
Sally Peters vom Institut für Finanzdienstleistungen gibt Auszubildenden dieselbe Faustformel an die Hand, mit der auch andere Beschäftigte gut beraten sind: die 50-30-20-Regel. Nach ihr sollten etwa mit 50 Prozent des Gehalts sämtliche Fixausgaben wie Miete und Rechnungen bezahlt sein. 30 Prozent davon können für persönliche Bedürfnisse wie Hobbys und die Freizeitgestaltung ausgegeben werden und weitere 20 Prozent sollten fürs Sparen verwendet werden. Christoph Jänsch, dpa