Von Inge Czemmel
„Früher war mehr Lametta“. Wer kennt ihn nicht, den Spruch aus dem Loriot-Sketch, in dem es bei der Familie Hoppenstedt schon anno 1976, also vor mehr als 40 Jahren, um Stress und Hektik zur Weihnachtszeit geht. Zu Zeiten, in denen man entfernt wohnenden Verwandten noch eine Weihnachtskarte schrieb, statt zu whatsappen. Als vor Heiligabend noch die Möbel verrückt wurden, um für Krippe, Kaufladen, Puppenstube und Modelleisenbahn Platz zu machen. Dinge die vom Erscheinungsfest bis Weihnachten normalerweise ihr Dasein auf der Bühne fristeten.
Das Feiern des Weihnachtsfestes hat sich im Laufe der Jahrhunderte und vor allem in den letzten Jahrzehnten immer weiter verändert. Statt sich gegenseitig zu besuchen, um die Gutsle und den Most der Nachbarn zu probieren, trifft man sich zum Heiligen Morgen“. Es hat es sich vielfach eingebürgert, Freunde zu besuchen, den Baum zu loben und einen Schnaps darauf zu trinken.
Birnen und Zwetschgen für Hutzla
„Früher wurde der Baum erst am Heiligen Abend selbst geschmückt“, ist im Büchlein „‘s Christkendle uff dr Alb“ zu lesen. Die auf der rauen Alb aufgewachsene Autorin Gudrun Mangold, beschreibt darin, wie Weihnachten gefeiert wurde, als die Leute kaum etwas hatten. Womit wurde der „Gutslesteller“ gefüllt, wenn Zutaten wie Eier im Winter, Mangelware waren? Was wurde verschenkt, wenn es einem doch selbst an so vielem fehlte? Beispielsweise wurden schon im August am Wegrand Birnen und Zwetschgen für „Hutzla“ (Dörrobst) gesammelt, die zu Weihnachten zusammen mit Nüssen zu Früchtebrot - dem Inbegriff an weihnachtlichem Wohlgeschmack - verarbeitet wurden. In der Lichtstube trafen sich die Frauen, wenn die Abende länger wurden, um zu spinnen, zu stricken und zu nähen, damit sie an Weihnachten ihre Lieben mit warmen Socken, Pullovern und neuen Puppenstubenvorhängen beschenken konnten. „Das A und O war am Heiligen Abend das gemeinsame Singen von „Stille Nacht“ und „Oh du fröhliche“, schreibt die Autorin und weiß: „Für die Mädchen war eine Puppe unter dem Baum das Höchste, für die Buben ein Holzzügle.“ Eine Teilnehmerin der „Heininger Geschichten“ erzählt: „Die gute Puppe mit den Schlafaugen kam nur an Weihnachten zum Vorschein und wurde ein paar Wochen später wieder eingemottet. Die Ganzjahrespuppe bekam an Weihnachten neue Kleider.“ Der Traum aller Buben seien Gips- oder Zinnsoldaten und eine Burg gewesen, doch habe man sich auch mit kleinen Dingen zufrieden gegeben. Ein gängiger Witz unter Vätern sei in der kargen Nachkriegszeit gewesen: „Was schenkst Du deim Bua zu Weihnachten?“ „Dem soich i a Schleifetse (Eisfläche zum Schlittern) vors Haus.“ Ein anderer Teilnehmer erinnerte sich: „Die Kerzen am Weihnachtsbaum waren früher aus Wachs und nicht elektrisch. Außerdem war der Kirchgang höchste Christenpflicht. Schließlich ging es ja um die Geburt Jesu.“