Momentan steht eine ganze Herde Kamele auf dem Arbeitstisch von Ella Heuschmid. „Die sind für Leute, die die Heilige Familie schon haben und noch Tiere brauchen“, sagt die Ehingerin, die vor Weihnachten letzte Aufträge erledigt. Aber eigentlich ist in der Tonwerkstatt das ganze Jahr über Weihnachten, Ostern oder Fasnet. Gearbeitet wird, was die Auftragslage her gibt.
Kunsthandwerk zum Unter-den-Baum-stellen
Im Garten stehen Fasnetsfiguren wie der Spritzenmuck, Grogggentäler und Kügele, im saisonalen Schaufenster grüßen im Dezember Maria, Josef und Co. Von oben schwebt der Verkündigungsengel heran, Ochs und Esel haben sich zur Ruhe gelegt und die Heiligen Drei Könige sind im Anmarsch. Hirten, Engel, Kinder und Bettler modelliert Ella Heuschmid aus verschiedenfarbigem Ton. Die Schäfchen sind aus weißem Ton, die Kamele lederfarben und ihre Satteldecken rot. Früher habe sie ihre Figuren noch glasiert, meint die Kunsthandwerkerin, die mittlerweile Krippenfiguren in natürlichen Erdtönen schöner findet. Lange Jahre war Ella Heuschmid auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt vertreten. Dieses Jahr ist der Ehinger Weihnachtsmarkt ihr Krippen-Schaufenster gewesen.
Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr...
Für den Markt musste sie Sonderschichten einlegen. ,,Ich hab die Kamele ziemlich rausgeschoben, weil die Viecher so mühsam zu machen sind", sagt die 75-Jährige. Je mehr Beine und Zubehör eine Figur hat, desto ,,fitzeliger" ist die Arbeit. Und Kamele sind nun mal die größten Tiere in einer Krippe. Wobei Ella Heuschmid in den Proportionen etwas schummelt. „Wenn ich das Verhältnis von Kameltreiber und Kamel originalgetreu darstellen würde, wäre das Kamel überdimensioniert und viel zu riesig", sagt sie. Je größer eine Figur, desto körniger müsse der Ton sein, um Stabilität zu erreichen, ist Heuschmids Erfahrung aus 40 Jahren Töpferei. Die Kamele trocknen auf einem Unterbau aus Holzklötzen. Auch den Kopf dürfen sie vorläufig noch auf einem Klötzchenstapel ablegen.
Zwei Tage braucht Ella Heuschmid zum Modellieren der groBen Figuren. Dabei stellt sie einen 10-Kilogramm-Klotz auf den Tisch und beginnt ihre Modellierarbeit bei den Hirten und anderen Zweibeinern wie ein Schnitzer an den Füßen. ,,Ich schaff den Ton langsam ab", sagt sie. Ein Kamelbauch, den sie gerade ausgehöhlt hat, liegt wie ein nacktes Brathähnchen vor ihr. Sie klopft den Ton leicht an, damit er sich verdichtet und die Figur stabiler wird.
Die eigene Familie in der Krippe verewigt
Ella Heuschmid verkauft ihre Figuren auf Messen und Märkten. Dort hat sie sich auch bei anderen Anbietern den einen oder anderen Kniff abgeschaut. Als Spezialität geht sie auf Kundenwünsche ein. In der Weihnachtskrippe für ihre Tochter erkennt man ihren Mann Karl, der ohne seine Zigarette nicht vorstellbar ist. Der Schwiegersohn kommt mit einem Fußball zur Krippe und die Enkelin schlenkert ihre Puppe. „Ich habe mich selber mit einer Eule dargestellt und bringe die Weisheit“, schmunzelt Ella Heuschmid. Die Leidenschaft für Ton begann bei der Ehingerin mit Salzteig. 1982 trainierte ihr Mann Karl die Fußballjugend und Ella Heuschmid modellierte aus Salzteig kleine Geschenke für die Tombola des Vereins. Dann erfuhr die Autodidaktin von einer Vorführung über das Arbeiten mit Ton beim Ulmer Haushalts- und Bastelgeschäft Abt. „Ich bin mit dem Zug hingefahren und kam mit 10 Kilogramm Ton heim“, erinnert sie sich. Seitdem hat sie sich alle Techniken und Kniffe selber beigebracht. Die ersten Arbeiten konnte sie noch bei einer Kollegin brennen, mittlerweile verfügt Ella Heuschmid über zwei eigene Brennöfen, so dass ihre Figuren frostsicher sind und auch im Freien aufgestellt werden können. Maria und Josef vertragen Schnee und Kälte genau so gut wie strahlenden Sonnenschein. Und die Kamele sowieso. Christina Kirsch