"Plötzlich sitzt was Neues da", sagt Kurt Kaiser und schaut sich in dem Hüttener Gasthaus „Bären“ um. Seit 2009 betreibt er zusammen mit seinem Mann Marcus Kaiser-Killinger die beliebte Kult-Gaststätte. Überall sitzen Bären und Puppen. Die Fensterbänke sind mit Puppenstuben dekoriert, auf den Regalen drücken sich große und kleine Bären herum und selbst am Tresen nehmen hölzerne Nachtwächter mehr Platz ein als die Getränkeflaschen.
Puristen kommen hier nicht auf ihre Kosten. Leute, die gerne schauen und es genießen, in nostalgischen Gefühlen zu schwelgen, fühlen sich im Bären wohl. Besonders in der Weihnachtszeit nimmt die Dekoration fast exzessive Ausmaße an. Da quetscht sich zwischen die Puppen noch ein Weihnachtsbäumchen und am Kamin müssen alle Puppen zusammenrücken, damit der Schwibbogen gebührend Platz findet. Von der Decke baumeln die Strohsterne, an den Balken ranken sich die Lichterketten entlang und auf der Eckbank stapeln sich die Kissen mit Weihnachtsmotiven. Mancher Gast bringt dann heimlich noch ein kleines Püppchen, eine Mini-Wiege oder anderes Puppenstubenzubehör mit und stellt es einfach dazu. „Die Leute glauben, ich merke das nicht“, schmunzelt Kaiser. Aber der Gastwirt hat seine Szenerien sehr wohl im Blick. Beim Abstauben falle ihn dann auf, dass die eigenen Puppen Gesellschaft bekommen haben. Meist lässt er es stehen. Den Hüttener „Bären“ gibt es seit etwa 1853. So genau weiß man das nicht.


Kurt Kaiser betrieb vor mehr als drei Jahrzehnten die Kneipe „Bei Erika“ in der Ehinger Bierhalle, die heute eine Spielhalle ist. Mit seiner Mutter Maria übernahm er dann 1996 den Bären, der vor allem im Sommer ein beliebtes Ausflugsziel für Motorradfahrer ist. Aber auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann kehrte hier schon ein und aß eine Metzelsuppe. Alle vier Wochen gibt es im Bären immer am letzten Sonntag des Monats ein Musikantentreffen. Nur heuer fällt es im Dezember aus. „Im Januar wieder“, sagt Kurt Kaiser. Spielen darf dann jeder, der ein Instrument hat und damit auftreten mag und so steppt an diesen Sonntagen den ganzen Tag der Bär. Vor Weihnachten erstrahlt dann auch die Posaune an der Wand und die Krippe auf der Fensterbank in einem milden Licht.


Wo all die Dekoration herkommt, können die Wirte gar nicht mehr sagen. „Das meiste haben uns die Gäste gebracht“, sagen sie. Manches stammt auch von Flohmärkten. „Und wir können nichts wegwerfen“, sagen die Männer. Die selber gemachten Puppen entstammen eine Bastelära der 90er-Jahre. Damals war es modern, sich selber Puppen zu nähen, anzuziehen und auf die Sofalehne zu setzen. „Heute werfen das die Jungen raus“, wissen die Wirte. Und weil genau das auch die Hüttener Senioren befürchten, bringen sie ihre Puppen vorher bei Marcus und Kurt vorbei. „Wir haben mittlerweile die ganze Bühne voll mit Sachen“, sagen die Wirte. Für ihre Weihnachtsdekoration in der Wirtschaft und dem Nebenzimmer brauchen sie drei Tage. Auch an Weihnachten und an Silvester ist im Bären Halligalli. Dann heißt es auf den Bänken und am Stammtisch zusammenrücken. Warum soll es den Gästen auch anders gehen als den Bären? Die quetschen sich auch zusammen und gucken dem Treiben zu. Christina Kirsch