Von Julia Haaga
Kurz nach den Herbstferien sieht der Kalender immer noch gut aus, doch dann trudeln nach und nach die Termine ein“, erklärt Pfarrer Haas. In Ringingen steht am ersten Advent der vorweihnachtliche Seniorennachmittag an. Es gibt Kaffee, Kuchen, Lieder und Spiele. Ein Programm, das von der Jugend eigenhändig organisiert wird. Der Pfarrer ist natürlich bei einem Tässchen Kaffee und einem Stück Kuchen ein gern gesehener Gast – auch in allen anderen vier Gemeinden.
Die Dienstpläne werden nebenbei besprochen
Weiter geht es zur Rorate nach Dellmensingen, einer Adventsmesse, die bei Kerzenschein gefeiert wird. „Eine besondere Messe für mich“, sagt Pfarrer Joachim Haas, „ich mag die festliche Atmosphäre und die musikalische Begleitung mit Musikverein, Chor, Streichorchester und Organist.“ In zwei weiteren Gemeinden ist Joachim Haas bei den Ministranten zu einer kleinen Weihnachtsfeier eingeladen. „Hier besprechen wir nebenbei auch die ganzen Dienstpläne für die Messen an Weihnachten.“ Bei der Christmette an Heiligabend hat Joachim Haas viele Messdiener an seiner Seite. Im Vorfeld gibt es eine Generalprobe zum Ablauf und zur Aufstellung am Altar und der Einteilung der einzelnen Dienste. Mehrere hundert Ehrenamtliche engagieren sich in allen fünf Gemeinden.
„Sämtliche Krippenfeiern werden von freiwilligen Gemeindemitgliedern organisiert“, sagt Hannah Gans. „Ohne unsere Ehrenamtlichen könnten wir all das hier nicht auf die Beine stellen.“ Gans ist Pastoralassistentin, Pfarrer Haas ihr Mentor. Sie übernimmt viele Aufgaben, die im Team anfallen und manchmal ein besonderes Amt: die Predigten.
Seit dem Abitur fühlt sich Hannah Gans berufen, den Weg in Richtung Glauben einzuschlagen. „Dazu gehört auch eine gehörige Portion Zeitmanagement.“ Hannah Gans lächelt. Erst heute ist sie von einem einwöchigen Seminar in die heimischen vier Wände des Erbacher Pfarrbüros heimgekehrt. Die Vorbereitung auf eine Predigt? Zeitintensiv. „Für jeden Sonntag gibt es vorgeschriebene Texte“, sagt Joachim Haas. „Eine Auslegung? Oftmals sehr schwierig, denn es ist eine große Herausforderung, eine Sprache zu finden, die jeder versteht und den Übergang in unsere Zeit. Was ist den Menschen heute wichtig? In Beruf, Alltag und Familie?“ Zwischen zwei und drei Stunden verbringt Haas mit der Vorbereitung. „Für mich muss die Predigt authentisch sein.“
Die Weihnachtsfrage
Wenn Pfarrer Haas zwischen Religionsunterricht, Rorate, Weihnachtsmarkt und Sitzungen einen Augenblick Zeit für sich findet, denkt er über die großen Fragen vor Weihnachten nach. „Es liegt in der Freiheit des Menschen, sich zu entscheiden. Ich würde mir wünschen, dass die Leute in unserer schnelllebigen Gesellschaft mehr zur Ruhe kommen, um zu erkennen, dass es ein wenig mehr gibt als den Konsum, der uns von den Medien übergestülpt wird. Die Erkenntnis, worum es an Weihnachten tatsächlich geht. Sich ein wenig Zeit zu nehmen, um darüber nachzudenken, was da vor über 2000 Jahren wirklich geschehen ist.“ Wenn in Erbach alle Fenster hell beleuchtet sind und die Menschen ihre Bäume mit Lichterketten ausgeschmückt haben, erinnert sich Joachim Haas zurück an seine Kindheit. „Das Wichtigste für mich war der Christbaum. Den haben wir an Heiligabend vormittags aufgestellt und gemeinsam geschmückt.“ Im Pfarrbüro ist es inzwischen etwas ruhiger geworden. Hannah Gans freut sich auf ein paar konzentrierte Arbeitsstunden am Schreibtisch. Pfarrer Joachim Haas verabschiedet sich zur Segnung des Erbacher Adventskranzes in der Kirche.Hannah Gans wird die letzte Predigt vor Weihnachten halten. Vor Wochen hat die Pastoralassistentin damit begonnen, ihre Gedanken aufzuschreiben. „Ich brauche einfach diese Zeit, um mich darauf vorzubereiten. Dann schreibe ich alles auf, was mir in den Sinn kommt. Stichwortartig, bis es für mich eine Struktur ergibt.“
Ein kleines Weihnachtswunder
„Ich glaube, die Kraft der Weihnacht liegt darin, dass auch die kommerziellen Momente ihren Zauber haben. In diesem ganzen Trubel vielleicht einen Moment lang inne zu halten, um mit einem lieben Menschen einen Glühwein zu trinken“, findet Hannah Gans. „Zwischen den Jahren kehren wir zurück nach Hause und zurück zu den Momenten unserer Kindheit. Dann haben wir die Chance, im Hier und Jetzt zu leben. Was in diesem Moment zählt, ist die Gemeinschaft mit Familie und Freunden und der Alltag ist auf einmal vergessen. Und dieses Ankommen, ja Heimkommen an Weihnachten, ist für mich jedes Jahr fast ein bisschen wie ein kleines Wunder.“