Im Herzen von Ulm - in der Platzgasse - hat die Bäckerei Bayer ihr bestehendes Fachgeschäft renoviert. Fast vier Jahre lang wurde das denkmalgeschützte Haus aus dem 17. Jahrhundert grundlegend saniert. Die Bautätigkeiten sind abgeschlossen und die Bäckerei präsentiert sich chic, hell sowie freundlich und ganz nebenbei: in der doppelten Größe. Ergänzend zur großen Bedientheke mit der Backwarenauswahl lädt erstmals ein separierter Sitzbereich als Café zum Verweilen ein - auf 24 Sitzplätzen lassen sich feine Backwaren und Getränke genießen: sei es morgens die Tasse Kaffee zum Frühstück, der Snack in der Mittagspause oder das Stück köstlicher Torte. Man lässt sich nach dem Einkaufsbummel nieder und trifft sich mit Freunden auf ein Schwätzchen. Im Sommer kommt noch eine Außenbestuhlung mit weiteren 50 Plätzen hinzu. Eine freundliche Ansprache und ein zuvorkommender Service runden den Aufenthalt ab. Für das Wohl der Gäste sorgen Teamleiter Claudio Genitoni sowie Nazan Kaya, Petra Vitkova und Seyda Sahin.
Der servierte Kaffee stammt aus Fair-Trade-Handel und hat Bio-Qualität, ebenso auch die diversen Teesorten. Die Filiale an der Ecke zur Dreiköniggasse gibt es bereits seit 1999, nachdem damals nach über 40 Jahren der Kaffeeröster Tchibo dort ausgezogen war. Mit der Lage und dem Laden war man immer recht glücklich und zufrieden. „Als im Jahr 2012 der Hausbesitzer verstarb, wurde das Haus zum Verkauf angeboten“, erinnern sich die beiden geschäftsführenden Brüder Ulrich und Michael Bayer. Was sich aber als nicht einfach erwies, weil sich die große Erbengemeinschaft zunächst uneinig war.
Früher und heute: „Der Bäck gehört ins Eck“
Die Recherche der Denkmalpflege ergab, dass das Haus im 17. Jahrhundert erstmalig erwähnt ist und dass dort schon damals ein Schwarzbäcker (ein reiner Brotbäcker) mitsamt seiner Familie und Schweinestall lebte. Damals galt der Spruch: „Der Bäck gehört ins Eck“, denn zu der Zeit war eine Bäckerei in der direkten Nachbarschaft aufgrund der erhöhten Brandgefahr durch den Backofen nicht gerne gesehen. So sollte das Backhaus an der Ecke und zum Löschen gut zugänglich sein. Sein heutiges Erscheinungsbild hat das Haus, das ursprünglich zwei getrennte Häuser waren, seit 1844, wenngleich bis in die 1950er Jahre mehrfach umgebaut wurde. Dass das Haus unter Denkmalschutz stand und was das an zusätzlichem Aufwand bedeutete, darüber machte man sich zunächst keine Gedanken: „Alte Pläne existierten ohnehin nicht. Überall, wo wir etwas an Wänden und Böden aufgemacht haben, ergaben sich immer wieder neue Überraschungen“, berichten die Bayers. Zeitweise hatte man den freien Durchblick vom Keller bis zum Dach. Auch gab es statische Bedenken wegen der Grundmauern, so dass die ganze Baustelle eine Zeit lang für einsturzgefährdet erklärt wurde.
Historie, Herzblut und Handwerk
Mit den Architekten Braunger und Wörtz sowie in sehr enger und guter Zusammenarbeit und Absprache mit dem Landesdenkmalamt Ulm - vertreten durch Dr. Stefan Uhl und Christoph Kleiber als Denkmalberater - habe man viel Unterstützung erfahren, betont Ulrich Bayer. Ganz viel Glück hatte man, auf die richtigen Handwerker gekommen zu sein. Hervorzuheben sei das Bauunternehmen Schilling aus Senden, das zuerst den Rückbau und später den Wiederaufbau im Innern genau nach den Vorgaben ausführte. Die vierjährige Bauphase war eine lange Zeit, in der sich zwar einige Schwierigkeiten ergaben, man andererseits aber auch gemerkt habe, wie sehr einem das Projekt immer fester ans Herz wuchs. Das Haus bestimmte, was es brauchte. „Man lernt den früheren Generationen Respekt zu zollen, für das, was und wie sie es gemacht haben.“ So ist im Fußboden des Verkaufsraums ein Stück des originalen Mosaiks erhalten und mit Terrazzobelägen drumherum ergänzt. Der Verkauf lief während der Bauphase weiter. Das Erdgeschoss mit der Bäckereifiliale ist nun fertig, die darüber liegenden Wohnungen werden es im Frühjahr. Zu vergünstigten Konditionen werden sie zuerst den eigenen Mitarbeitern angeboten. tl