Die Glaser-Innung Tübingen kann auf eine lange Tradition zurückblicken. Seit 1920 gibt es den Zusammenschluss lokaler Fachbetriebe für Glas, Fenster und Fassaden und das wird gefeiert. „Wir hatten unser 100-jähriges Jubiläum leider während der Corona-Zeit, deswegen gab es eben dieses Jahr, zum 105. Geburtstag, eine große Jubiläumsfeier mit allen Innungsmitgliedern und einigen Lieferanten“, berichtet Obermeister Dieter Erath. Die meisten Mitgliedsbetriebe der Tübinger Glaser-Innung sind kleine und mittelständische Unternehmen, die sich vor allem auf Sanierung und Renovierung spezialisiert haben. Die Glaser-Innung Tübingen ist eine wichtige Instanz, um die Interessen der einzelnen Betriebe und Mitglieder zu vertreten. „Wir sind sehr breit gefächert und es ist eine angenehme Gemeinschaft, wo man sich austauscht und auch versuchen kann, über Gremienarbeit etwas zu erreichen. Die meisten Betriebe aus unserem Zuständigkeitskreis sind dabei, befürworten die Innung und bringen sich gern ein“, lobt Erath.
Vielseitige Karrierechancen
Die aktuelle Ausbildungssituation im Glaser-Handwerk ist nach wie vor angespannt. Obermeister Erath bedauert, dass sich junge Menschen nicht stärker für eine Ausbildung im Handwerk interessieren. „Wer sich auf YouTube über das Glaser-Handwerk informiert, entdeckt, wie spannend und vielfältig dieser Beruf ist - von der Materialbearbeitung bis hin zu den vielseitigen Aufgaben“, erklärt Erath. Neben abwechslungsreichen Aufgaben bietet der Beruf auch vielseitige Karrierechancen. So kann man sich nach der Ausbildung beispielsweise durch Meister- oder Technikerkurse weiter qualifizieren. Als Meisterin oder Meister im Glaser-Handwerk kann man die Leitung eines Betriebs übernehmen und Lehrlinge ausbilden. Außerdem kann man mit dem Meisterbrief in der Tasche auch studieren - selbst ohne Abitur. Wer sich für den Klimaschutz einsetzen möchte, kann eine Fortbildung zur Fachkraft für Gebäudeenergieberatung machen. Damit kann man Menschen dazu beraten, wie sie ihre Gebäude am besten klimafreundlich umbauen lassen können. Wer sich in Richtung Management orientieren möchte, kann sich bis zum Betriebswirt nach der Handwerksordnung fortbilden und mit in die Unternehmensführung einsteigen.
Die Glaser-Innung Tübingen bietet immer wieder Praktikumswochen an. So können junge Menschen einen praxisnahen Eindruck vom Handwerk und dem Betriebsalltag gewinnen.
Klimaschutz vor Ort
Die Fachbetriebe der Glaser-Innung Tübingen sind ein wichtiger lokaler Partner, wenn es um die energetische Sanierung von Gebäuden geht. Verglasungen sind oft die wärmetechnischen Schwachstellen von Gebäuden. So verlieren rund 80 Prozent aller Fenster zu viel Heizenergie. Ein Glastausch, bei dem veraltetes Isolierglas gegen modernes Wärmedämmglas ausgetauscht wird, kann den Energieverbrauch erheblich reduzieren und schont nicht nur die Umwelt, sondern auch den Geldbeutel. Aber auch beim Thema Fassadendämmung ist man bei den Betrieben der Glaser-Innung an der richtigen Adresse. Die örtlichen Innungsbetriebe beraten umfassend zu möglichen Maßnahmen und auch im Hinblick auf Fördermittel. Einige Betriebe haben auch eigene Energieberater mit im Boot, die die Förderanträge für die Kunden übernehmen.
Man muss mit der Zeit gehen
„Als ich 1998 angefangen habe, den Betrieb zu führen, war die Büroarbeit ein kleiner Bruchteil des Tagesgeschäfts. Inzwischen ist der Aufwand im Büro auf ein Vielfaches angestiegen“, beklagt Dieter Erath. Zu viele Normen und bürokratische Hürden würden einem das Tagesgeschäft zunehmend schwieriger gestalten, so der Obermeister. „Aber der Landesinnungsverband ist aktiv dabei, dagegen anzugehen und wir sind an dieser Stelle im süddeutschen Raum sehr gut vertreten.“ Neben der Bürokratie stelle die veränderte Auftragslage eine größere Herausforderung für Tübingens Glaserbetriebe dar, erklärt Erath: „Es gibt weniger große Projekte. Die wirtschaftliche Ungewissheit spielt dabei eine große Rolle. Energetische Sanierung ist zwar nach wie vor ein Thema, aber vor der aktuellen Wirtschaftskrise hat man alles auf einmal gemacht, heute geht es stückchenweise.“ Dementsprechend müssen die Tübinger Innungsbetriebe Flexibilität beweisen und sich auf die neue Situation einstellen. Immerhin hatten Pandemie und Wirtschaftsflaute zumindest einen positiven Effekt, stellt der Innungs-Obermeister fest. So sei der Zusammenhalt zwischen den Innungsbetrieben besser geworden, man sei mehr zusammengerückt und besinne sich auf gemeinsame Ziele. Den Herausforderungen der Zukunft blickt Dieter Erath pragmatisch entgegen: „Man muss einfach mit der Zeit gehen, die Probleme zielorientiert angehen und gemeinsam lösen.“ An der Auftragslage könne man nichts ändern, das sei eben ein Auf und Ab, so Erath. Deshalb fokussiert sich die Innung auf die Themen, bei denen sie etwas bewegen kann: den Bürokratieabbau, die Gewinnung weiterer Mitgliedsbetriebe sowie die wohl wichtigste Zukunftsaufgabe, junge Leute fürs Handwerk zu begeistern. bru
Mehr Infos: www.gff-fachverband.de