Gründe für die Verknappung
Für die Entstehung der Situation zeigen sich mehrere Faktoren verantwortlich. Im Frühjahr 2020 kam es zu einer Corona-bedingten Reduzierung der Produktion bei Sägewerken und Holzwerkstoff-Herstellern. Begründet war dies in der Annahme, dass auch die Bauwirtschaft von einem Lockdown betroffen sein und durch diesen der Absatz an Baumaterialen sinken würde.
Wider Erwarten erfährt die Bauwirtschaft in den Folgemonaten jedoch wenig Einschränkungen. Zudem steigt die Nachfrage an Bauholz durch mehr Heimwerkarbeit sowie steigende Exporte. Besonders durch eine auf dem US-Markt bestehende Unterversorgung werden dort in der Folge große Mengen Bauholz auf dem europäischen Markt eingekauft. Da die Holzpreise auf dem US-Markt deutlich über den Einkaufspreisen in Deutschland liegen, verlagern außerdem Skandinavien sowie das Baltikum ihre Exporte vom deutschen auf den amerikanischen Markt.
Zusätzlich zur gesteigerten Nachfrageentwicklung kommen weitere Gründe für eine Verknappung des verfügbaren Bauholzes hinzu. Die Produktion von Bauholz lässt sich nicht kurzfristig ausweiten. Zudem fehlen aufgrund der flächendeckenden Knappheit von Bauprodukten wichtige Zwischenprodukte wie Leim und Folien. Sämtliche auf Erdöl basierenden Produkte sind spürbar knapp und teurer geworden, da die Produktion von Benzin und Kerosin zurückgeht und viele internationale Lieferketten unterbrochen sind. Die gesamte Bauwirtschaft kämpft deshalb aktuell immer noch mit Materialproblemen.
Erschwerend kommt hinzu, dass aufgrund guter Liquidität und vollen Auftragsbüchern in der Holzbaubranche der Bedarf an Holzprodukten steigt. Als Folge aus der erhöhten Nachfrage und niedrigerer Produktion sinken im Frühjahr 2020 die Lagerbestände. Es deutet sich an, dass mit längeren Lieferzeiten und steigenden Preisen zu rechnen ist. Als Reaktion auf diese Meldungen, steigen die Bestellungen an, um Vorräte aufzubauen. Hierbei ist ein Anstieg der durchschnittlichen Bestellmenge um etwa 50 Prozent zu beobachten. Da die Lager der Lieferanten bereits leer sind, führt dies zu verlängerten Lieferzeiten und deutlicher Preiserhöhung. Dadurch spitzte sich die Situation weiter zu, es kommt zu Unruhe und verstärkt zu Hamsterkäufen.
Diese Entwicklung führte zu der prekären Situation im vergangenen halben Jahr. Seit diesem Herbst lässt sich jedoch nun eine deutlich gegenläufige Bewegung auf dem Holzmarkt ablesen. Dazu Christoph Kleih, Obermeister der Zimmerer-Innung Reutlingen: „Auf breiter Front sinken die Preise an den Rohholzbörsen. Unsere Prognose für die weitere Entwicklung auf dem Holzmarkt ist eine völlige Stabilisierung der Verfügbarkeit auf einem etwas höheren Preisniveau. Auch für die angestrebte Bauwende sehen wir langfristig kein Problem in der Verfügbarkeit des Rohstoffs Holz. Grundsätzlich steht in deutschen Wäldern mehr als genug Holz für den Holzbau bereit. Hätten Sie das gewusst? In 120 Tagen wächst in Deutschland der gesamte jährliche Holzbedarf für 350 000 Wohnungen nach.“
Das Handwerk auf einen Blick
Holzbau Baden-Württemberg ist mit knapp 1000 Mitgliedsbetrieben bundesweit der zweitgrößte Landesverband in der Holzbaubranche. In der Innung des Landkreises Reutlingen sind 52 Zimmererbetriebe und Holzbau-Unternehmen organisiert. Die Adressen dieser 52 Betriebe kann man auf der Webseite www.zimmererinnung-reutlingen.de einsehen.