Beruflichen Schulen: Passende Perspektiven für jeden
Sonderveröffentlichung

Berufliche Schulen Beruflichen Schulen: Passende Perspektiven für jeden

Die gewerbliche, hauswirtschaftliche oder kaufmännische Schule - Reutlingen und Tübingen bieten für Absolventen der Allgemeinbildung passende Anschlüsse, Ausbildungen und Aufstiegsmöglichkeiten

Die Beruflichen Schulen in der Region ermöglichen den schulischen Aufstieg durch eine Vielzahl an Bildungsangeboten.  Foto: Archiv 

28.01.2024

Industrie, Handwerk und der Soziale Bereich suchen so händeringend wie seit vielen Jahren nicht mehr nach Fachkräften. Rechnerisch kommen auf jede Absolventin und jeden Absolventen einer allgemeinbildenden Schule zwei freie Ausbildungsplätze. Das heißt die Chancen auf den gewünschten Ausbildungsplatz waren noch nie so gut. In jüngerer Vergangenheit wurden aber leider immer weniger Ausbildungsverträge abgeschlossen. Auch für das Jahr 2024 erwartet die Arbeitsagentur für die Landkreise Reutlingen und Tübingen keine Trendwende im Bereich der dualen Berufsausbildung.

Chancengleichheit

Das mag unter anderem daran liegen, dass sich viele Jugendliche nach dem Besuch einer allgemeinbildenden Schule zunächst für einen höheren Schulabschluss interessieren. Doch manche wollen aber auch beruflich gleich durchstarten. Beiden Gruppen bieten die Beruflichen Schulen vielfältige Möglichkeiten.

Berufliche Schulen ermöglichen den schulischen Aufstieg durch eine Vielzahl an Bildungsangeboten und sorgen damit gleichzeitig auch für Chancengerechtigkeit im Anschluss an das allgemeinbildende Schulwesen. Von der Förder-, Werkreal-, Haupt-, Gemeinschafts-, der Realschule und auch vom Gymnasium aus bietet das berufliche Schulwesen allen Absolventen vielfältige Möglichkeiten, sich weiter zu qualifizieren. Außerdem bieten sie optimale Chancen für junge Menschen, die erst spät eine ausreichende Motivation haben und genügend Einsatz zeigen, um einen höheren Abschluss zu erreichen. Ebenso bieten sich unter bestimmten Bedingungen Weiterbildungsvarianten im Anschluss an eine beendete Ausbildung oder für junge Menschen, die bereits im Berufsleben stehen.

Unter einem Dach

In den Landkreisen Reutlingen und Tübingen gibt es derzeit insgesamt elf Berufliche Schulen mit rund 12 400 Schülern. Berufliche Schulen unterscheiden sich nach Typen: Es gibt gewerbliche, hauswirtschaftliche und kaufmännische Zweige. Bei den öffentlichen Beruflichen Schulen handelt es sich meist um große schulische Einheiten. Über 1000, auch über 2000 Schülerinnen und Schüler sind keine Seltenheit.

Jede Berufliche Schule ist eine Art „Gesamtschule“. Das heißt, es werden unterschiedliche Schularten unter einem Dach angeboten, die zu ganz unterschiedlichen Abschlüssen führen. Dazu gehören meist verschiedene Gymnasialprofile und unterschiedliche Ausbildungsberufe und Weiterbildungsmöglichkeiten. Darüber hinaus Berufskollegs, die zur Fachhochschulreife und oft gleichzeitig zu einem Assistentenabschluss führen. Weiterhin gibt es die Berufsfachschulen, auf denen - mit ganz unterschiedlichen beruflichen Vertiefungsfächern - der Mittlere Abschluss erreicht wird.

Der Bildungsauftrag der Beruflichen Schulen ist vielfältig: Zunächst gilt es, als dualer Partner der Unternehmen in der Region in rund 80 verschiedenen Ausbildungsberufen Fachkräfte im Handwerk, in der Industrie, im kaufmännischen Bereich, der Haus- und Landwirtschaft wie auch im Sozial- und Dienstleistungsbereich auszubilden.

Bundesweit gibt es in der dualen Ausbildung rund 330 anerkannte Ausbildungsberufe. Im vergangenen September haben deutschlandweit rund 490 000 Jugendliche einen Ausbildungsvertrag neu abgeschlossen und eine betriebliche Ausbildung im dualen System (Ausbildungsunternehmen und Berufsschule) begonnen. Das sind drei Prozent mehr als im Vorjahr, eine sehr erfreuliche Entwicklung.

Gerade dieses spezifisch deutsche System der beruflichen Ausbildung begründet den hohen Standard der Fachkräftequalifikation in Deutschland und deren internationale Reputation im Vergleich zur Praxis der verschulten Ausbildungssysteme in den meisten anderen Ländern. Nicht zuletzt bildet das Duale System der Beruflichen Bildung in Deutschland damit auch die Voraussetzung für die europaweit niedrigste Jugendarbeitslosigkeit.

Weiterbildung wichtiges Thema

An den Beruflichen Schulen ist aber auch die berufliche Weiterbildung ein wichtiges Thema. Das Angebot der hiesigen Meisterschulen bietet für viele Industrie- und Handwerksberufe die Möglichkeit, nach einem Jahr Schulbesuch die Meisterprüfung abzulegen, und an den Fachschulen in Reutlingen und Tübingen kann man es in zwei Jahren auf diesem Weg bis zum staatlich geprüften Betriebwirt oder Techniker bringen.

Dass es neben der universitären Ausbildung in vielen Studiengängen auch die beruflichen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten gibt, ist von großer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Bedeutung. Denn die Wirtschaftskraft Deutschlands beruht im Wesentlichen auf kleineren und größeren Industrie- und Handwerksbetrieben.

Durch Zusatzunterricht abends und an den Wochenenden besteht für Auszubildende mit einem Mittleren Abschluss zudem die Möglichkeit, parallel zur Berufsausbildung die Fachhochschulreife als Zusatzqualifikation in ihrer dreijährigen Ausbildungszeit abzulegen. Die Berufsvorbereitung für Geringqualifizierte gehört ebenfalls zum Bildungsauftrag der Beruflichen Schulen. Rund 50 000 aller Schulabgänger verlassen laut Statistischem Bundesamt jährlich in Deutschland eine allgemeinbildende Schule ohne Hauptschulabschluss. Insbesondere bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund ist die Zahl der ohne Abschluss Schulabsolventen besonders hoch.

Die Beruflichen Schulen bieten Jugendlichen, die aus dem Ausland neu hergezogen sind, die Möglichkeit, intensiv die deutsche Sprache zu erlernen und entsprechende Zertifikate zu erwerben. Und sie bieten die Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzumachen oder einen vorhandenen Abschluss zu verbessern und so die Chancen auf eine erfolgreiche Ausbildung zu vergrößern. Berufliche Schulen leisten somit einen zentralen Beitrag zur Integration von Neumigranten und Geringqualifizierten in das Berufsleben.

Zudem werden interessante Perspektiven für alle Abgänger oder Wechsler von allgemeinbildenden Schulen geboten. An Beruflichen Schulen sind in ein- bis sechsjährigen Vollzeitbildungsgängen alle allgemeinbildenden Abschlüsse erreichbar. Durch ihr breites Bildungsangebot gewährleisten die Beruflichen Schulen vielen Jugendlichen soziale Aufstiegschancen. Sie haben die Möglichkeit, auch Jahre nach der Weichenstellung durch die Grundschulempfehlung mit einem neuen Anlauf höhere allgemeine Bildungsabschlüsse zu erreichen.
Norbert Pellens, Schulleiter Laura-Schradin-Schule Reutlingen